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gen Nichtannahme der Arbeitsleistung erhalten bleibt.38 Eine Überbrü-
ckung der Krise ist grundsätzlich auch durch Urlaub möglich, wobei der
Arbeitgeber auch diesen nicht einseitig anordnen kann. Eine Ausnahme
bildet insoweit die Anordnung von Betriebsferien, die aber aufgrund der
langen Vorankündigungsfristen des §7 I BUrlG in der Coronakrise zur Be-
wältigung der Unterbeschäftigung ungeeignet erscheint.39
Als praxisrelevanteste Möglichkeit zur Reduzierung der Lohnkosten
steht dem Arbeitgeber zudem die Möglichkeit zur Einführung von Kurzar-
beit nach Maßgabe der §§95ff. SGBIII offen. Diese kann auf Grundlage
einer Betriebsvereinbarung sogar ohne unmittelbare Einwilligung der be-
troffenen Arbeitnehmer erfolgen.40 Zentrale Voraussetzung hierfür ist,
dass ein erheblicher, vorübergehender und nicht vermeidbarer Arbeitsaus-
fall droht. Mit dem „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung
der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“41 hat der Gesetzgeber die Anfor-
derungen hieran deutlich erleichtert, so dass von einem erheblichen Ar-
beitsausfall bereits dann auszugehen ist, wenn 10% der in einem Betrieb
beschäftigten Arbeitnehmer vom Ausfall betroffen sind. In der Praxis
zeichnet sich bereits ab, dass viele Unternehmen von dieser Möglichkeit
Gebrauch machen, um die eigenen Zahlungspflichten in der Krise zu re-
duzieren, ohne die Personaldecke besonders mit Blick auf die Nachkrisen-
zeit zu reduzieren.
Steigerung des Leistungsinteresses
Vereinzelt ist aber auch zu beobachten, dass Arbeitgeber während der Pan-
demie einen Mehrbedarf an Arbeitsleistung haben. Kurzfristig lässt sich
dieser durch Anordnung von Überstunden oder Einführung weiterer Ar-
beitsschichten befriedigen, wobei natürlich die arbeitszeitrechtlichen Vor-
gaben einzuhalten und insbesondere Ausgleichszeiträume vorzuhalten
sind.42 Gem. §15 II ArbZG kann der Arbeitgeber auf Antrag eine behördli-
II.
38 Erfolgt die Freistellung wegen Krankheitsverdachts, wird der Entgeltanspruch re-
gelmäßig gem. §616 BGB erhalten bleiben, A. Sagan/M. Brockfeld, NJW 2020,
1112, 1114.
39 A. Sagan/M. Brockfeld, NJW 2020, 1112, 1115; M. Fuhlrott/K. Fischer, NZA 2020,
345, 348; M. Fuhlrott, GWR 2020, 107, 110.
40 M. Fuhlrott/K. Fischer, NZA 2020, 345, 346; M. Fuhlrott, GWR 2020, 107, 110.
41 BGBl.I 2020, S.493.
42 M. Fuhlrott, GWR 2020, 107, 109; mit §14 IV ArbZG hat der Gesetzgeber inso-
weit eine neue Verordnungsermächtigung im Pandemiefall für solche Tätigkeiten
Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
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- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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