Heimwehr #
Heimatschutz, Heimatwehr, Heimwehren
Zusammenfassender Name für die freiwilligen, zunächst überparteilichen Selbstschutzverbände, die sich unmittelbar nach dem Ende des 1. Weltkriegs in den Bundesländern als Ortswehren, Bürgergarden, Kameradschafts- und Frontkämpferverbände gebildet hatten (zum Beispiel für den Abwehrkampf in Kärnten). Sie wurden zuerst in Tirol, dann auch in anderen Alpenländern organisatorisch zusammengeschlossen und besonders von obersteirischen Großindustriellen unterstützt, die in ihnen ein Gegengewicht zu den Organisationen der Arbeiterschaft sahen. Sie verfügten über ein bedeutendes Waffenpotential (zum Teil italienische Waffen), trugen Landesfarben (das steirische Weiß-Grün) und -trachten (Heimwehr-Hut = Feldmütze mit Spielhahnstoß, dem so genannten Hahnenschwanz) als Uniformen und veranstalteten öffentliche Aufmärsche. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit dem sozialdemokratischen Republikanischen Schutzbund, die mehrmals auch Todesopfer forderten.
Durch die Radikalisierung der innerpolitischen Auseinandersetzung in der Ersten Republik, besonders nach dem Justizpalastbrand von 1927 (Julirevolte), wurde die Heimwehr zur bewaffneten bürgerlichen Kampfbewegung gegen die Sozialdemokraten und gewann, von I. Seipel unterstützt, von da an in der Innenpolitik immer mehr Einfluss. Neben dem Bundesführer R. Steidle spielten dabei E. R. Starhemberg, W. Pfrimer und Major E. Fey die Hauptrollen. Auch ins Ausland, vor allem in das faschistische Italien, reichten ihre Verbindungen. Mit dem Aufmarsch des steirischen Heimatschutzes am 7. 10. 1928 in Wiener Neustadt eroberte sich die Heimwehr erstmals auch in einer Hochburg der sozialdemokratischen Arbeiterschaft die Straße. Im Korneuburger Programm von 1930 bekannten sich ihre Führer zu den Grundsätzen des Faschismus (Austrofaschismus), lehnten Demokratie und Parlamentarismus ab, forderten die Macht im Staat und traten für eine ständische Gliederung des Staats ein. Zu den Schwächen der Heimwehr gehörten der ständige Rivalitätskampf ihrer Führer und ihre Spaltung in einen monarchistischen und einen deutschnationalen Flügel; eine Schwächung erfuhr sie auch, als J. Schober den Deutschen W. Pabst, den eigentlichen Organisator der Heimwehrbewegung, aus Österreich auswies. In der nur kurze Zeit dauernden Regierung C. Vaugoin waren E. R. Starhemberg Innen- und F. Hueber Justizminister. Für die Nationalratswahl von 1930 stellte die Starhemberg-Gruppe eine eigene Liste (Heimatblock) auf, während sich die Gruppe unter der Führung E. Feys (besonders in Niederösterreich und Wien) mit den Christlichsozialen verband. Danach blieb der Gegensatz zwischen Starhemberg und Fey ein entscheidendes Element in der inneren Entwicklung der Heimwehr. Der Heimatblock erhielt 8 Sitze im Nationalrat, aber innere Differenzen lähmten seine Opposition. Nachdem im September 1931 der von W. Pfrimer geführte Staatsstreich (Pfrimer-Putsch) gescheitert war, schloss sich seine steirische Gruppe den Nationalsozialisten an. Heimwehrultimaten in verschiedenen Bundesländern und aggressive Reden von Starhemberg und Fey bildeten dann den Auftakt zu den Februarkämpfen 1934, in denen die Heimwehr ebenso wie beim Juliputsch 1934 als Hilfspolizei eingesetzt wurde.
In den ersten Jahren des Ständestaats hatte die Heimwehr mit den Posten des Vizekanzlers, des Innen- und anderer Minister wichtige Machtpositionen inne. Zeitweise war Starhemberg sogar Bundesführer der Vaterländischen Front. Infolge ihrer Rivalitätskämpfe und außenpolitischen Ungeschicklichkeiten verlor die Heimwehr allmählich ihre Macht. Mit dem Sturz Starhembergs im Oktober 1936 wurde die Heimwehr aufgelöst, ihre Wehrverbände wurden als "Frontmiliz" der Vaterländischen Front eingegliedert.
Historische Bilder zu Heimwehr (IMAGNO)
Publikationen#
- Der Heimatschützer
- Österreichische Heimatschutzzeitung
- Die Heimat.
Literatur#
- Heimatschutz in Österreich, 1934
- H. Arthofer, Vom Selbstschutz zur Frontmiliz, 1937
- E. R. Starhemberg, Between Hitler and Mussolini, 1942
- F. Schweiger, Geschichte der niederösterreichischen Heimwehr, Dissertation, Wien 1964
- F. L. Carsten, Faschismus in Österreich, 1977
- W. Wiltschegg, Die Heimwehr, 1985
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