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Naturschutz#

Mit dem Sesshaftwerden zu Beginn des Neolithicums (Jungsteinzeit) begann der Mensch, „sich die Erde untertan zu machen“, d. h. nachhaltig in die Ökosysteme der Erde einzugreifen. Negative Wirkungen wurden – entsprechend der Ideologie des Fortschrittsglaubens der „westlichen“ Zivilisation – bis gegen das 20. Jh. kaum ernsthaft bedacht und schon gar nicht gab es Strategien, ihnen entgegenzuwirken oder sie zu vermeiden. Brachte die Landw. ursprünglich eine Bereicherung der Biodiversität (biolog. Vielfalt), kehrte sich dieser Trend im 20. Jh. sehr fühlbar ins Gegenteil um: Indust­rialisierung und Intensivierung der Landw. führten zu Monotonisierung der lebendigen Umwelt, zu Luft- und Gewässerverschmutzung, Waldsterben, Klimaänderungen und Artenschwund. N. hat grundsätzlich zweierlei Motive und Ziele: Die pragmat. Erhaltung einer funktionsfähigen Umwelt, um der Menschheit das Überleben auf diesem Planeten zu sichern, und die ethische Verantwortung der Schöpfung gegenüber als kulturelle Aufgabe.

Naturschützerische Bestrebungen begannen im 19. Jh. in der Forstwirtschaft#

Erhaltung der Wälder zwecks Sicherung auch künftiger Nutzung (damit entstand der Begriff Nachhaltigkeit, ursprünglich ein Fachausdruck des Waldbaus). Die Ausweitung der Tourismusindustrie im 20. Jahrhundert führte zur Schaffung von Naturgesetzen, die zunächst fast ausschließlich den Artenschutz betrafen. Heute umfasst Naturschutz primär den Biotopschutz, d. h die Erhaltung biologisch reicher, wertvoller, interessanter Landstriche und Lebensräume, seien sie nun von Menschen weitgehend unberührt (Urlandschaften, Urwälder) oder von ihm in verschiedenster Weise gestaltet und verändert. Echte Naturlandschaften gibt es in Mitteleuropa fast überhaupt nicht mehr; der Naturschutz bemüht sich hier hauptsächlich, bestimmte Elemente der Kulturlandschaft vor Schädigung, biologischer Verarmung und Zerstörung zu bewahren und deren ökologischen und organismischen (floristischen, faunistischen) Reichtum zu erhalten. Dies betrifft insbesondere Feuchtbiotope (besonders Seen, Auen und Auwälder, Moore), durch extensive Bewirtschaftung (Beweidung, Mahd) entstandenes Grünland (Niedermoorwiesen, Streuwiesen, Magerwiesen, Trockenrasen, Steppenrasen), naturnah bewirtschaftete Wälder und Äcker mit artenreicher Segetalflora und der dazugehörenden Fauna.

Naturschutz ist damit mindestens so viel „Kulturschutz“ (Erhaltung historischer, aber biologisch reicher Kulturlandschaft) wie Schutz der Natur und ein Teilbereich des umfassenderen Umweltschutzes. Volkstümlich werden N. und Umweltschutz „Ökologie“ genannt, was jedoch unrichtig und irreführend ist: Die Ökologie ist eine wertneutrale Wiss., Teil der Biologie und neben mehreren anderen Wissenschaften (wie Soziologie, Kulturgeographie, Rechtswissenschaft, Ökonomie und Politologie) für den Naturschutz ein grundlegend wichtiges theoretisches Hilfsfach (obwohl für viele brennend aktuelle Probleme das notwendige Grundlagenwissen noch fehlt). Naturschutz hingegen ist handlungsorientiert, eine pragmatische, gesellschaftspolitische, moralische Aufgabe; Naturschutz arbeitet interdisziplinär.

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurde die Umweltsituation in den hoch industrialisierten Regionen der Erde (Europa, Nord-Amerika, Ost-Asien) so prekär, dass ein Umdenken einsetzte, die Thematik Naturschutz aktuell wurde und seitdem auch in vielen Bereichen entsprechende Maßnahmen ergriffen worden sind („Umweltbewegung“). In Ö. wurden, aus globaler Sicht sehr verspätet, Nationalparke geschaffen und die bestehenden Naturschutzgebiete vermehrt, v. a. aber begann man mit deren naturschutzfachlichem Management (der bloße „Schutz“ erwies sich als nicht ausreichend). Verbesserte Information, Aufklärung und Bewusstseinsbildung sind nach wie vor dringende Aufgaben; die bloßen gesetzlichen Maßnahmen (siehe im Folgenden) sind nicht ausreichend. Europaweite Projekte (z. B. „Life-Projekte“ der EU) unterstützen nationale Naturschutz-Bestrebungen, internationale Vereinigungen (wie IUCN = International Union for the Conservation of Nature), NGOs (wie WWF = Weltnaturfonds) und internationale Abkommen (wie CITES = „Washingtoner Artenschutzabkommen“) fördern den Naturschutz, um der weiter fortschreitenden Schädigung und Zerstörung sowohl der nationalen Naturschätze wie des weltweiten menschlichen Lebensraums entgegenzuwirken (Rote Listen gefährdeter Pflanzen).

Naturschutz in Österreich#

In Österreich in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache; umfasst den Schutz

  1. der Naturdenkmäler
  2. bestimmter wildwachsender Pflanzen (zum Beispiel Alpenpflanzen) und frei lebender Tiere,
  3. abgegrenzter Naturgebiete als Naturschutzgebiete,
  4. der Landschaft als bildhafter Gesamterscheinung der Natur (Landschaftsschutz)

Vollnaturschutzgebiete sind abgegrenzte Gebiete von völliger oder weitgehender Ursprünglichkeit (Urwald, Ödland, Steppenreste, Moore und dergleichen); hier ist jeder Eingriff in die Natur untersagt. Teilnaturschutzgebiete sind Geländeflächen mit seltenen Pflanzen- oder Tierarten oder zahlreichen Naturdenkmälern. Landschaftsschutzgebiete sind in sich geschlossene Gegenden, die wegen ihrer landschaftlichen Schönheit dem Fremdenverkehr oder der Erholung dienen. Durch freiwilligen Zusammenschluss können bestimmte Erholungsgebiete zu Naturparks erklärt werden. Eine besondere Form sind die Nationalparks. Landesregierung und Bezirksverwaltungsbehörden haben ein allgemeinzugängliches Naturschutzbuch mit den unter Schutz gestellten Gebieten und Objekten zu führen. Neben dem amtlichen Naturschutz gibt es schon seit 1913 den vereinsmäßigen Naturschutz im Österreichischen Naturschutzbund.

Mit dem Reichsforstgesetz (1852) entstanden in Österreich erstmals Bestimmungen, die als Naturschutz bezeichnet werden können, nachdem es schon im Mittelalter verschiedene Schutzgebote (Forstbann, Bannwald) aus wirtschaftlichen Gründen gegeben hatte. 1860 folgten Regelungen für den Feldschutz bzw. Feldfrevel. 1886 erließ Salzburg ein Gesetz zum Schutz des Edelweiß; gleichartige Gesetze folgten in Tirol (1892), Steiermark (1898) und Vorarlberg (1904). Niederösterreich erließ 1905 ein ähnliches Alpenpflanzenschutzgesetz, 1924 das 1. Landesnaturschutzgesetz und das 1. Landeshöhlenschutzgesetz Österreichs. Es folgten 1924 Tirol, 1926 Burgenland, 1927 Oberösterreich, 1929 Salzburg, 1931 Kärnten, 1932 Vorarlberg und 1935 Wien. Das niederösterreichische Gesetz diente als Vorbild für das deutsche Naturschutzgesetz von 1935, 1938 in Österreich eingeführt.

Nach 1945 gab es neue Landesgesetze (Niederösterreich, Steiermark und Tirol 1951, Kärnten 1953, Wien 1955, Oberösterreich und Salzburg 1956), die sich eng an den Bestimmungen des niederösterreichischen Naturschutzgesetzes orientierten. Danach können unter anderem Wälder auf Flugerdeböden, in hohen Berglagen und auf Abhängen zur Sicherung von Personen und Sachen und zum Schutz gegen Lawinen, Felsstürze, Steinschläge, Verkarstungen und dergleichen zu Bannwäldern erklärt werden. Gänzlich geschützte Pflanzen dürfen nicht von ihrem Standort entfernt, beschädigt oder vernichtet, übertragen, erworben, befördert oder feilgeboten werden. Dies bezieht sich auch auf die einzelnen Pflanzenteile. Der teilweise Schutz von Pflanzen beschränkt sich auf bestimmte Entwicklungsformen, Zeiten, Örtlichkeiten, Verwendungsarten oder Teile. Es ist verboten, die unterirdischen Teile dieser Pflanzenarten zu entfernen; das Pflücken der oberirdischen Teile ist für den persönlichen Bedarf gestattet. Gewisse Pflanzenarten dürfen nicht erwerbsmäßig gesammelt, gehandelt oder feilgeboten werden. Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete sind die meisten Seen mit ihrer Uferzone, die Bereiche der Autobahnen und Bergstraßen, die Urwälder, Moore, Klammen, Steppen sowie die Grünzonen der Großstädte.

Literatur#

  • G. Kaule, Arten- und Biotopschutz, 21991
  • H. Plachter, N., 1998
  • K. Hochegger u. W. Holzner, Kulturlandschaft – Natur in Menschenhand. Naturnahe Kulturlandschaften: Bedeutung, Schutz und Erhaltung bedrohter Lebensräume, 1999


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