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vom 11.04.2022, aktuelle Version,

Franz Jägerstätter

Franz Jägerstätter auf dem Plakat zu seiner Seligsprechung

Franz Jägerstätter, geboren als Franz Huber (* 20. Mai 1907 in St. Radegund, Oberösterreich; † 9. August 1943 in Brandenburg-Görden), war ein österreichischer Landwirt und Widerstandskämpfer. Als Kriegsdienstverweigerer im Zweiten Weltkrieg wurde er wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und hingerichtet. Jägerstätter wird seit 2007 in der römisch-katholischen Kirche als Seliger verehrt.

Leben

Herkunft, Jugend und Familie

Bauernhof der Familie Jägerstätter

Franz Jägerstätter kam im Elternhaus seiner Mutter, der Adamsölde, Hadermark 22, als uneheliches Kind auf die Welt und wuchs dort auf. Sein leiblicher Vater hieß Franz Bachmeier († 25. Oktober 1914 in Walawa bei Przemyśl gefallen), seine Mutter Rosalia Huber. Da seine Mutter bei seiner Geburt ledig war, trug er in den ersten zehn Jahren seines Lebens den Namen Franz Huber. Seine Eltern waren arm und konnten weder heiraten noch ein Kind großziehen, weshalb Franz bis 1916 bei seiner mütterlichen Großmutter Elisabeth Huber blieb, dann kam er auf den Hof seines gefallenen Vaters, zu seinen Großeltern Bachmeier. Am 19. Februar 1917 heiratete seine Mutter Heinrich Jägerstätter, einen Bauern in St. Radegund, der Franz adoptierte, welcher deshalb ab da den Namen Franz Jägerstätter trug. Heinrich Jägerstätters Vater, Matthäus Jägerstätter († 1930), der ebenfalls am Hof lebte und der viele Bücher besaß, weckte bei ihm die Freude am Lesen.[1]

Franz Jägerstätter arbeitete im Sommer 1927 kurz auf einem Bauernhof in Teising, danach bis 1930 als Bergarbeiter in Eisenerz. Mit dem dabei erworbenen Geld kaufte er sich ein Puch-Motorrad (Serie 250), mit dem er Aufsehen erregte, weil es das erste Motorrad war, das in St. Radegund zugelassen war.[2] Als sein Stiefvater Heinrich Jägerstätter, der keine eigenen Kinder hatte, am 8. Mai 1933 starb, erbte Franz den Bauernhof. Wenige Monate danach, am 1. August 1933, brachte Theresia Auer, Magd auf dem Hof Jägerstätters, ein Mädchen zur Welt, das auf den Namen Hildegard getauft wurde. Franz Jägerstätter gab an, der Vater des unehelichen Kindes zu sein.[3]

Am 9. April 1936, einem Gründonnerstag, heiratete er Franziska Schwaninger (* 4. März 1913 in Hochburg-Ach; † 16. März 2013 in St. Radegund).[4] Die Vermählten verzichteten auf eine Hochzeitsfeier und machten stattdessen eine Wallfahrt nach Rom. Der Ehe entstammen die drei Töchter Rosalia (* 1937), Maria (* 1938) und Aloisia (* 1940).

Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Die Pfarrkirche St. Radegund, in der Jägerstätter Mesner war

Nach seiner Hochzeit besuchte er, angeregt durch die Frömmigkeit seiner Frau, häufiger die Gottesdienste, las täglich in der Bibel, studierte die kirchlichen Lehrschreiben und las religiöse Literatur, insbesondere Heiligenbeschreibungen.[5] Im Jänner 1938 sah er in einem Traum einen Zug, in den immer mehr Menschen einstiegen, und hörte eine Stimme sagen: „Dieser Zug fährt in die Hölle“.[6] Er deutete diesen Traum als Warnung vor dem Nationalsozialismus, der mit der Lehre der römisch-katholischen Kirche unvereinbar sei.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März 1938 lehnte er es ab, das ihm angebotene Amt des Bürgermeisters zu übernehmen.[7] Bei der am 10. April folgenden Volksabstimmung über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich votierte er als Einziger im Ort mit „Nein“. Die Wahlbehörde allerdings unterschlug die Gegenstimme und meldete eine 100%ige Zustimmung für den Anschluss. Diesen Tag, bei dem viele Kleriker mit „Ja“ gestimmt haben müssen, bezeichnete er später als den „Gründonnerstag Österreichs“, denn „dort ließ sich die Kirche Österreichs gefangen nehmen“.

Seine Ablehnung des Nationalsozialismus zeigte sich zunächst darin, dass er sich aus dem öffentlichen Leben seiner Gemeinde immer mehr zurückzog, Vergünstigungen durch die NSDAP nicht in Anspruch nahm und nichts für die Partei spendete, obwohl er sonst sehr freigebig war.[8] 1940 wurden zehn Ortsbewohner, unter ihnen auch Franz Jägerstätter, in einem Brief an den Bürgermeister als Gegner des Nationalsozialismus denunziert; der Bürgermeister leitete das Schreiben jedoch an keine Behörde weiter.

Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen

Die Gedenktafel für Jägerstätter am ehemaligen Reichskriegsgericht in Berlin
Stolperstein für Franz Jägerstätter
Grabstätte von Franz und Franziska Jägerstätter in St. Radegund, in der 1946 bis 2009 seine Urne bestattet war
Kriegerdenkmal in St. Radegund mit dem Namen Jägerstätters

Am 17. Juni 1940 wurde er nach Braunau am Inn zur Wehrmacht einberufen. Weil er es zu diesem Zeitpunkt „für eine Sünde angesehen habe, den Befehlen des Staates nicht zu gehorchen“, leistete er dort auch den Fahneneid auf Hitler.[9] Jägerstätter hatte es abgelehnt, um Freistellung anzusuchen, konnte aber durch Intervention des Bürgermeisters nach wenigen Tagen auf seinen Hof zurückkehren. Im Oktober 1940 wurde er zur Grundausbildung als Kraftfahrer nach Enns einberufen. Dort trat er am 8. Dezember 1940 gemeinsam mit dem Soldaten Rudolf Mayr[10] in den Dritten Orden des hl. Franziskus ein. Er wurde auf Ansuchen seiner Heimatgemeinde im April 1941 als unabkömmlich eingestuft und konnte zu seiner Familie zurückkehren. Danach feierte Jägerstätter täglich die heilige Messe mit und war ab dem Sommer 1941 Mesner in der Pfarrkirche St. Radegund.

Die negativen Erfahrungen beim Militär, die Euthanasiemorde des NS-Regimes, von denen er um diese Zeit erfuhr, und die Verfolgung der katholischen Kirche durch die Nationalsozialisten[11] festigten seinen Entschluss, den Kriegsdienst zu verweigern. Die folgenschwere Entscheidung Jägerstätters basierte sowohl auf den zahlreichen Gesprächen und Briefen mit Freunden (hier v. a. mit R. Mayr) und Geistlichen als auch auf der gründlichen Lektüre der Bibel, von zahlreichen Kleinschriften und Büchern.[12] Er erklärte öffentlich, dass er als gläubiger Katholik keinen Wehrdienst leisten dürfe, da es gegen sein religiöses Gewissen wäre, für den NS-Staat zu kämpfen. Seine Umgebung versuchte ihn umzustimmen und wies ihn auf die Verantwortung seiner Familie gegenüber hin, konnte seine Argumente aber nicht widerlegen. Er sprach sogar mit Josef Fließer, dem Bischof von Linz; auch dieser riet ihm von einer Wehrdienstverweigerung ab. Seine Ehefrau unterstützte ihn, obwohl sie sich der Konsequenzen bewusst war.[13]

Inhaftierung, Verurteilung und Tod

Am 23. Februar 1943 erhielt er die Einberufung zur Wehrmacht nach Enns, wo er sich am 1. März meldete. Nach der Erklärung seiner Wehrdienstverweigerung wurde er am 2. März nach Linz ins Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis gebracht. Dort erfuhr er, dass auch andere Männer den Wehrdienst verweigerten und Widerstand leisteten. Am 4. Mai wurde er nach Berlin-Tegel verlegt. Er weigerte sich, seine Wehrdienstverweigerung zu widerrufen. Seine letzten Zweifel wurden zerstreut, als er durch den Gefängnisseelsorger Heinrich Kreutzberg erfuhr, dass der österreichische Pallottinerpater Franz Reinisch ebenfalls den Wehrdienst verweigert hatte und dafür hingerichtet worden war. Jägerstätter meinte: „Das habe ich doch immer gesagt, ich kann doch nicht auf dem falschen Weg sein, wenn aber sogar ein Priester sich so entschieden hat und dafür in den Tod gegangen ist, dann darf ich es auch tun.“[14]

Am 6. Juli verurteilte ihn der 2. Senat des Reichskriegsgerichts (RKG) in Berlin-Charlottenburg unter dem Verhandlungsleiter Reichskriegsgerichtsrat Werner Lueben wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode.[15] Am 14. Juli wurde das Urteil von Admiral Max Bastian, dem Gerichtsherren des RKG, bestätigt.[16] Laut RKG war Jägerstätter bereit, Sanitätsdienst zu leisten, worauf das Gericht jedoch nicht einging.[17] Franz Jägerstätter wurde am 9. August 1943 zur Zentralen Hinrichtungsstätte für den Vollstreckungsbezirk IV in das Zuchthaus Brandenburg an der Havel gebracht und dort um 16 Uhr durch das Fallbeil hingerichtet.[18] Nach der Hinrichtung wurde sein Leichnam am 11. August 1943 im Krematorium Brandenburg verbrannt. Entgegen den Bestimmungen zur anonymen Bestattung, wie sie für zum Tode Verurteilte vorgesehen war, beschriftete die Friedhofsverwaltung die Urne mit Namen, Geburts-, Todes- und Kremationsdatum und gab auch noch den Schamottestein mit der Verbrennungsnummer zur eindeutigen Identifikation dazu. Bestattet wurde die Urne auf dem städtischen Friedhof, wo Franziskanerinnen Blumen am Bestattungsort pflanzten, nachdem ihnen der Friedhofsverwalter den Ort gezeigt hatte. Im Juni 1946 wurde die Urne auf Wunsch von Franziska Jägerstätter durch eine Franziskanerin nach Vöcklabruck gebracht, wo sie im Juli vom Pfarrer von St. Radegund abgeholt wurde. Am 9. August 1946 wurde die Urne an der südseitigen Kirchenmauer, links vom Eingang in die Kirche, beigesetzt. Pfarrer Karobath schrieb in die Pfarrchronik: "Meine Nachfolger bitte ich, dieses Grab zu erhalten."[18]

Von Franz Jägerstätter ist der Ausspruch überliefert: „Besser die Hände gefesselt als der Wille!“[19]

Würdigung

Franz Jägerstätter gewidmetes Fenster in der Wiener Votivkirche [20]
Das Denkmal für Jägerstätter in St.  Radegund

Jägerstätters Leben verlief nicht ohne Widersprüche und Brüche. Er verlor als Arbeiter in Eisenerz fast seinen Glauben und wollte danach in ein Kloster eintreten. Er blieb auf Rat seines Pfarrers, Josef Karobath, aber ein Bauer, schrieb Gedichte und war später auch seiner unehelichen Tochter ein fürsorglicher Vater.

Sein Tod sorgt bis heute immer wieder für Kontroversen. Seiner Frau Franziska wurde vielfach der Vorwurf gemacht, sie sei am Tod ihres Mannes mitschuldig, weil sie ihn nicht von seiner Kriegsdienstverweigerung abgehalten habe. Tatsächlich hatte sie aber sehr wohl versucht, ihren Mann umzustimmen. „Ich habe es dem Franzl nicht ausreden können“, sagte sie in einem Interview.[21] Da Franz Jägerstätter nicht als Widerstandskämpfer anerkannt war, wurde seiner Frau nach ablehnenden Bescheiden[22] erst 1950 eine Witwenrente nach dem österreichischen Kriegsopferfürsorgegesetz zuerkannt. Erst nach heftigen Auseinandersetzungen wurde der Name Franz Jägerstätter unter den Toten des Zweiten Weltkrieges auf dem Kriegerdenkmal von Sankt Radegund aufgenommen.

Obwohl Jägerstätter seinen Glauben konsequent zu leben versuchte, wurde er auch in der katholischen Kirche von vielen wegen seiner Haltung in der Frage des Wehrdiensts abgelehnt. 1946 wurde ein Artikel, der über ihn in der Linzer Kirchenzeitung erscheinen sollte, auf Weisung Bischof Fließers mit folgender Begründung abgelehnt: „Ich halte jene idealen katholischen Jungen und Theologen und Priester und Väter für die größeren Helden, die in heroischer Pflichterfüllung […] gekämpft haben und gefallen sind. Oder sind Bibelforscher und Adventisten, die ‚konsequent‘ lieber im KZ starben als zur Waffe griffen, die größeren Helden?“[23]

Erst nach Jahrzehnten begann eine langsame Aufarbeitung und Würdigung. Das 1964 erschienene Buch von Gordon C. Zahn (In Solitary Witness. The life and death of Franz Jägerstätter) inspirierte die Friedensbewegung Pax Christi in den Vereinigten Staaten und bestärkte Daniel Ellsberg in seinem Engagement gegen den Vietnamkrieg. Axel Corti drehte 1971 einen Film mit dem Titel Der Fall Jägerstätter, der für einige Diskussionen sorgte. Die Hauptrolle übernahm der österreichische Schauspieler und Kabarettist Kurt Weinzierl (1931–2008).

Seit 1983 veranstaltet Erna Putz alljährlich am Todestag von Franz Jägerstätter in Ostermiething und St. Radegund Gedenkfeiern. Der Gedenktag wurde seit 1986 von ehemaligen Soldaten der deutschen Wehrmacht mitgestaltet und mitgetragen. Von 1990 bis 2004 hielt der Schriftsteller Michael Davies Lesungen über Jägerstätter, in denen er ihn als Vorbild für Katholiken in der heutigen liberal-hedonistischen Gesellschaft darstellte. 1993 ehrte die österreichische Post Franz Jägerstätter durch Herausgabe einer Sondermarke, und sein Bauernhof wurde als Gedenk- und Begegnungsort eingerichtet. Der Maler Ernst Degasperi zeigte im selben Jahr in Yad Vashem den Bilderzyklus Licht in der Finsternis. 1995 beschäftigten sich die vierten Braunauer Zeitgeschichte-Tage unter dem Titel Notwendiger Verrat[24] mit Franz Jägerstätter. Am 7. Mai 1997 hob das Landgericht Berlin das Todesurteil gegen Franz Jägerstätter auf.[25][16]

Anlässlich des 60. Todestages wurden 2003 bei einem Wettbewerb 560 Arbeiten von Schülern eingesandt. Am 70. Todestag fand in der Gedenkstätte Zuchthaus Brandenburg-Görden eine Gedenkveranstaltung statt.[26] 2006 wurde vor dem Jägerstätter-Haus in Sankt Radegund auf Anregung von Andreas Maislinger vom Kölner Künstler Gunter Demnig ein Stolperstein verlegt[27] und in Braunau am Inn der Franz-Jägerstätter-Park eröffnet. Am Wiener Bierhäuselberg im 14. Bezirk wurde 1993 die Jägerstätterstraße nach ihm benannt. Seit August 2015 gibt es in Berlin-Kaulsdorf einen Franz-Jägerstätter-Weg.

Am 20. Mai 2010, dem Vorabend seines Gedenktages, wurde das Studentenheim der Katholischen Hochschulgemeinde Linz in der Mengerstraße[28] in Wohnheim für Studierende Franz Jägerstätter umbenannt.[29] Am 29. Juni 2011 erhielt die Bibliothek des Kardinal König Hauses in Wien-Hietzing den Namen Franz und Franziska Jägerstätter-Raum.[30] Am 26. Oktober 2014 wurde in der Linzer Familienkirche von Altbischof Maximilian Aichern eine Friedensglocke geweiht, die Franz Jägerstätter und seiner Frau Franziska gewidmet ist.[31] Eine Gedenktafel befindet sich in der Pfarrkirche St. Stephanus im niederbayerischen Triftern.

Im Oktober 2014 wurde Jägerstätter bei der Eröffnung des Denkmals für die Verfolgten der NS-Militärjustiz gemeinsam mit anderen Verfolgten gewürdigt. 2019 kam ein Film von Terrence Malick über das Leben Jägerstätters unter dem Titel Ein verborgenes Leben in die Kinos. Die Hauptrolle wurde von August Diehl gespielt.[32]

2016 wurde in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Frauenberg an der Enns (Steiermark) eine „Jägerstätter-Glocke geweiht“, die täglich um 9.00 Uhr für zehn Minuten für verfolgte Christen weltweit läutet. In dieser Kirche, die auch eine kleine Knochenreliquie[33][34] des seliggesprochenen Franz Jägerstätter besitzt, hat sich eine Jägerstätter-Verehrung entwickelt.

100. Geburtstag

Rund um den 100. Geburtstag Jägerstätters fanden am 19. und 20. Mai 2007 in St. Radegund eine Sternwallfahrt und ein festlicher Gottesdienst statt. Landeshauptmann Josef Pühringer überreichte der 94-jährigen Franziska Jägerstätter am 20. Mai 2007 in St. Radegund das vom Bundespräsidenten Heinz Fischer verliehene Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich. Drei Jahre später erhielt sie von Bischof Ludwig Schwarz das päpstliche Ehrenzeichen Pro Ecclesia et Pontifice.

Andererseits bezeichnete nahezu zeitgleich der an der Theresianischen Militärakademie Wiener Neustadt tätige katholische Militärsuperior Siegfried Lochner Franz Jägerstätter als „ein bedauernswertes Opfer seines irrenden Gewissens und der äußeren Umstände seiner Zeit“, der an einem Krieg nicht teilnehmen wollte, der von vielen als „gerechter Verteidigungskrieg“ gesehen wurde, und zitierte in diesem Zusammenhang den Trierer Bischof Bornewasser, der 1947 in einem Hirtenbrief geschrieben hatte: „Vaterlandsliebe bedeutet Treue. Wer die Treue bricht, ist ein Verräter.“

Beim Festakt 90 Jahre Oberösterreich am 2. November 2008 würdigte Bundespräsident Fischer den „Heldenmut von Männern und Frauen, die damals – vielfach unter Opferung ihres Lebens – Widerstand gegen ein unmenschliches Regime geleistet und zum Wiedererstehen einer freien unabhängigen demokratischen Republik Österreich beigetragen haben. Franz Jägerstätter und Robert Bernardis lebten beide in Oberösterreich. Sie sind Persönlichkeiten der Geschichte dieses Landes, auf die wir stolz sein können.“[35]

Seligsprechung

1997 wurde der Seligsprechungsprozess auf diözesaner Ebene eingeleitet. Als Postulator war anfangs Dompfarrer Johann Bergsmann tätig, er verstarb aber am 14. Juni 1998. Daraufhin wurde Manfred Scheuer als Postulator bestellt. Am 1. Juni 2007 autorisierte Papst Benedikt XVI. die Veröffentlichung der kirchlichen Anerkennung des Martyriums Franz Jägerstätters. Die Seligsprechung erfolgte mit der Verlesung des von Benedikt XVI. approbierten Apostolischen Schreibens Omnia possideo[36] durch Kurienkardinal José Saraiva Martins am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom.[37] Als liturgischer Gedenktag wurde der 21. Mai, Jägerstätters Tauftag, festgesetzt, da an seinem Todestag, dem 9. August, das Fest der hl. Teresia Benedicta vom Kreuz begangen wird.

2009 wurde das Grab Franz Jägerstätters an der Außenmauer der Pfarrkirche St. Radegund geöffnet, die Überreste der Urne gehoben und im Naturhistorischen Museum sowie an der Universität Wien untersucht. Ein kleiner Teil der Aschenreste wurde auf ihren Wunsch in das Grab Franziska Jägerstätters gegeben, einige weitere Aschenreste wurden dem Bischöflichen Ordinariat Linz übergeben. Im Zuge der Renovierung und Neugestaltung der Pfarrkirche St. Radegund in den Jahren 2015 und 2016 wurden die Überreste Jägerstätters sowie der Urne in einem gläsernen Reliquiar in den Volksaltar eingesetzt.[18] Am 25. Oktober 2017 wurde an der Katholischen Privatuniversität Linz anlässlich des 10. Jahrestages seiner Seligsprechung das Franz und Franziska Jägerstätter Institut gegründet.[38]

Werke

  • Hrsg. von Erna Putz: Gefängnisbriefe und Aufzeichnungen. Franz Jägerstätter verweigert 1943 den Wehrdienst. Veritas, Linz/Passau 1987, ISBN 3-85329-578-9.
  • Hrsg. von Erna Putz und Manfred Scheuer: Wir haben einander gestärkt. Briefe an Franziska Jägerstätter zum 90. Geburtstag. Edition Kirchenzeitung, Linz 2003, ISBN 3-902237-04-X.
  • Hrsg. von Erna Putz: Franz Jägerstätter. Aufzeichnungen 1941–1943. Der gesamte Briefwechsel mit Franziska. Styria, Wien 2007, ISBN 978-3-222-13232-2.

Film und Theater

Filme
Dramen
  • Eye Witness (dt.: „Augenzeuge“; aufgeführt auch als iWitness) von Joshua Sobol. Uraufführung: Cameri-Theater Tel Aviv 2003 (Regie: Paulus Manker); Deutschsprachige Erstaufführung 2004 St. Gallen (Regie: Joshua Sobol). Österreichische Erstaufführung in Linz 2005 (Regie: Christian Wittmann). Weitere Aufführungen Los Angeles, London 2007
  • Das Vermächtnis von Martin Winklbauer. Halsbach, 1989. Seither zahlreiche Aufführungen unter der Regie des Autors. ISBN 3-87553-371-2
  • Jägerstätter von Felix Mitterer. Erstaufführung am 20. Juni 2013 im Theater in der Josefstadt
Messe
  • Missa Heroica 1998/99 vom tschechischen Komponisten Pavel Smutný (* 1975) zur Förderung der Seligsprechung von Franz Jägerstätter.
Oper
  • Franz Jägerstätter. Oper von Viktor Fortin (Libretto von Gerd Linke): Erstaufführung am 22. September 2007 in Graz (Kirche des Franziskanerstifts) (Regie: Paul Flieder). Weitere Aufführungen in Linz (Alter Dom) aus Anlass der Seligsprechung Jägerstätters am 26. Oktober 2007.

Siehe auch

Literatur

  • Kurt Benesch: Die Suche nach Jägerstätter. Ein biographischer Roman. Styria, Graz u. a. 1993, ISBN 3-222-12215-6.
  • Johann Berger: Franz Jägerstätter. Versuch einer Annäherung an sein theologisches und philosophisch-politisches Denken. IMS – Institut für Militärische Sicherheitspolitik an der Landesverteidigungsakademie, Wien 1989, DNB 920335101, OCLC 75246452.
  • Georg Bergmann: Franz Jägerstätter. Ein Leben vom Gewissen entschieden, von Christus gestaltet. Christiana, Stein am Rhein 1988, ISBN 3-7171-0777-1.
  • Jan Grossarth: Heiligenleuchten. Erkundungen (2008–2019). Westfälisches Dampfboot, Münster 2021, ISBN 978-3-896910-62-2. (Darin: Ein Bauer, der den Kriegsdienst verweigerte. S. 29 ff.).
  • Helmut Kurz: In Gottes Wahrheit leben. Religiöse Kriegsdienstverweigerer im Zweiten Weltkrieg, Donat-Verlag, Bremen, 2020, ISBN 978-3-943425-98-7.
  • Severin Lederhilger (Hrsg.): Franz Jägerstätter. Christ und Märtyrer. Bischöfl. Ordinariat der Diözese Linz, Linz 2007, ISBN 978-3-9501682-4-2.
  • Andreas Maislinger: Der Fall Franz Jägerstätter. In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Jahrbuch 1991. Wien 1991, ISBN 3-901142-02-9, S. 20–32 (online, PDF).
  • Ernst Bruckmüller (Hrsg.): Österreich-Lexikon. Band 2, Verlag-Gemeinschaft Österreich-Lexikon, Wien 2004, ISBN 3-85498-385-9, S. 132.
  • Erna Putz: Franz Jägerstätter. Besser die Hände als der Wille gefesselt. 3. Auflage, Franz Steinmaßl, Grünbach 1996, ISBN 3-900943-46-X.
  • Erna Putz: Franz Jägerstätter – Märtyrer: Leuchtendes Beispiel in dunkler Zeit. Bischöfliches Ordinariat der Diözese Linz, Linz 2007, ISBN 978-3-902427-39-7 (PDF).
  • Erna Putz, Severin Renoldner: Franz Jägerstätter – Christ und Märtyrer: mit handschriftlichen Originalzitaten aus seinen Briefen und Aufzeichnungen. Diözese Linz, Linz 2007, ISBN 978-3-9501682-4-2.
  • Pax Christi Oberösterreich (Hrsg.): Franz Jägerstätter. Zur Erinnerung seines Zeugnisses. Eine Handreichung. Edition Kirchen-Zeit-Geschichte, Linz 2001, ISBN 3-9500891-4-4.
  • Alfons Riedl, Josef Schwabeneder (Hrsg.): Franz Jägerstätter. Christlicher Glaube und politisches Gewissen. Thaur, Wien u. a. 1997, ISBN 3-85400-041-3.
  • Manfred Scheuer (Hrsg.): Ge-Denken. Mauthausen/Gusen – Hartheim – St. Radegund. Edition Kirchen-Zeit-Geschichte. Linz 2002, ISBN 3-902330-00-7.
  • Manfred Scheuer: Selig, die keine Gewalt anwenden. Das Zeugnis des Franz Jägerstätter. Tyrolia, Innsbruck/Wien 2007, ISBN 978-3-7022-2863-7.
  • Thomas Schlager-Weidinger: Jägerstätter – aus dem Rahmen der Gesellschaft. CD-ROM, edition einblick, Linz 2003.
  • Thomas Schlager-Weidinger: ‚…und wenn es gleich das Leben kostet‘. Franz Jägerstätter und sein Gewissen. Wagner, Linz 2010, ISBN 978-3-902330-51-2.
  • Paul Gerhard Schoenborn: Alphabete der Nachfolge. Märtyrer des politischen Christus. Hammer, Wuppertal 1996, ISBN 3-87294-737-0.
  • Franz-Josef Tremer: Brüder im Geiste. Franz der Jägerstätter und Reinisch der Schönstätter. In: Regnum. 41. Jahrgang, Heft 4, Dez. 2007, ISSN 0341-3322, S. 179–188.
  • Monika Würthinger: Franz Jägerstätter-Gedenken 1997. In: Neues Archiv für die Geschichte der Diözese Linz. Jahrgang 12, Heft 1, Linz 1998/99, S. 14–25, ooegeschichte.at [PDF].
  • Gordon C. Zahn: Er folgte seinem Gewissen. Das einsame Zeugnis des Franz Jägerstätter. (Originaltitel: In Solitary Witness übersetzt von Grete Steinböck). Styria, Graz u. a. 1988, ISBN 3-222-11202-9.
  • Gordon C. Zahn: Franz Jägerstätter. Märtyrer aus Gewissensgründen. Pax Christi Tirol, Innsbruck 1987.
  • Rudolf Zinnhobler: Von Florian bis Jägerstätter. Glaubenszeugen in Oberösterreich. Edition Kirchen-Zeit-Geschichte, Linz 2004, ISBN 3-902330-05-8.
Commons: Franz Jägerstätter  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Erna Putz: F. J. Besser die Hände … gefesselt, S. 33 und Erna Putz: F. J. – Märtyerer, S. 10.
  2. Erna Putz, F. J. Besser die Hände … gefesselt, S. 32.
  3. Die Vaterschaft Jägerstätters war in St. Radegund zeitweise bezweifelt worden, weil das Mädchen anscheinend „zwei Monate zu früh“ auf die Welt gekommen war; Erna Putz: F. J. Besser die Hände … gefesselt, S. 37.
  4. Franziska Jägerstätter ist tot. In: ooe.orf.at. 17. März 2013, abgerufen am 17. März 2013.
  5. Der Linzer Bischof Johannes Maria Gföllner hatte bereits im Jänner 1933 in seinem Hirtenbrief geschrieben: es sei unmöglich, „gleichzeitig guter Katholik und wirklicher Nationalsozialist zu sein“. Nach Kurt Benesch, Die Suche nach Jägerstätter kaufte Jägerstätter dieses Hirtenschreiben mehrfach und verteilte es im Ort. Im April 1937 ließ Bischof Gföllner eine Kurzfassung der gegen den Nationalsozialismus gerichteten Enzyklika Pius XI. Mit brennender Sorge in seiner Diözese verlesen.
  6. Das Autograph dieses Traumes befindet sich seit dem 26. Oktober 2007 im Reliquienschrein Jägerstätters.
  7. In St. Radegund gab es vor dem Anschluss keine Nationalsozialisten und niemand wollte das Bürgermeisteramt übernehmen. Erst als die Kreisbehörde mit der Einsetzung eines auswärtigen Kommissars drohte, fand man einen einheimischen Bürgermeister. Vgl. Erna Putz: F. J. Besser die Hände … gefesselt, S. 69.
  8. Er trat auch aus der Freiwilligen Feuerwehr aus, weil er dadurch verpflichtet gewesen wäre, für die NSDAP zu spenden. Vgl. Erna Putz: F. J. Besser die Hände … gefesselt, S. 72.
  9. Laut Protokoll des Reichskriegsgerichtes vom 14. Juli 1943; Kopie in F. J. Christ und Märtyrer, S. 24f.
  10. Rudolf Mayr gilt seit 12. August 1943, bei Smolensk, als vermisst.
  11. Im Dekanat Ostermiething wurden zwei Drittel der dort tätigen Priester, unter ihnen 1940 auch Josef Karobath, von den Nationalsozialisten verhaftet. Vgl. Erna Putz: F. J. Besser die Hände … gefesselt, S. 61–63.
  12. Thomas Schlager-Weidinger, ‚…und wenn es gleich das Leben kostet‘. Franz Jägerstätter und sein Gewissen, S. 25–44, 198–201.
  13. dioezese-linz.at: Biographie Franz Jägerstätter 1907 – 1943 Märtyrer.
  14. Zitiert in Erna Putz: F. J. – Märtyrer, S. 110.
  15. Protokoll des Reichskriegsgerichtes vom 14. Juli 1943; Kopie in F. J. Christ und Märtyrer, S. 24.
  16. 1 2 Manfred Messerschmidt: Aufhebung des Todesurteils gegen Franz Jägerstätter. (PDF) In: Kritische Justiz. Nomos Verlagsgesellschaft, 1998, archiviert vom Original am 6. Januar 2020; abgerufen am 6. Januar 2020: „Franz Jägerstetter hat sich geweigert. Er stand von Anfang an auf der richtigen Seite. Es ist nur viel zu spät erkannt worden.“
  17. Gordon C. Zahn zitiert in Er folgte seinem Gewissen auf S. 104 die Befragung des Jägerstätter-Pflichtverteidigers Friedrich Leo Feldmann: Sie baten ihn buchstäblich, […] sich wenigsten zu einem Kompromiss bereit zu erklären und den Dienst ohne Waffe anzunehmen. Nach dem Protokoll des Reichskriegsgerichtes ist diese Darstellung nicht korrekt. Dort steht: Er [Jägerstätter] sei bereit, als Sanitätssoldat Dienst zu leisten.
  18. 1 2 3 Geschichte der Reliquie: Zur Urne und den sterblichen Überresten (Reliquien) von Franz Jägerstätter. In: Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Radegund, kleiner Kirchenführer hrsg. von der Pfarre St. Radegund [2016], S. 13–14.
  19. Das Originalzitat lautet: Werde hier nun einige Worte niederschreiben […] Wenn ich sie auch mit gefesselten Händen schreibe, aber noch immer besser, als wenn der Wille gefesselt wäre. Zitiert in Erna Putz: F. J. – Märtyrer, S. 115.
  20. Monika Würthinger: Das „Jägerstätter Fenster“ in der Wiener Votivkirche (Propsteipfarre zum göttlichen Heiland). In: Neues Archiv für die Geschichte der Diözese Linz. Jahrgang 12, Heft 1, Linz 1998/99, S. 31–32, ooegeschichte.at [PDF].
  21. Jägerstätter-Witwe zur Seligsprechung. In: orf.at, 25. Oktober 2007.
  22. Die Begründung der Ablehnung im Bescheid vom 10. August 1948 lautete: Er [Jägerstätter] galt als schwermütig und äußerte vor seiner Einberufung zur Wehrmacht, dass er nicht für Hitler kämpfen werde. Diese Überzeugung entsprang nicht einem Abwehrwillen gegen den Nationalsozialismus für ein freies Österreich, sondern aus Gründen seiner Religionsanschauung. Zitiert in Erna Putz: F. J. Besser die Hände … gefesselt, S. 277.
  23. zitiert nach Erna Putz: Franz Jägerstätter stellt die Frage nach dem Krieg. Zur Rezeption eines Unbequemen, in: DÖW, Jahrbuch 1991, S. 44; hier aus einem Bericht in den Mitteilungen des DÖW, Folge 193, Oktober 2007, S. 1–5, hier S. 3.
  24. 4. Braunauer Zeitgeschichte-Tage 1995. Notwendiger Verrat. Der Fall Franz Jägerstätter. 22. bis 24. September 1995. "Pflichterfüllung", Desertion, Wehrdienstverweigerung im 2. Weltkrieg. auf braunau.at.
  25. Reinhard Moos: Die Rehabilitierung Franz Jägerstätters durch das Landgericht Berlin. In: Neues Archiv für die Geschichte der Diözese Linz. Jahrgang 12, Heft 1, Linz 1998/99, S. 26, gesamter Artikel S. 26–30, ooegeschichte.at [PDF].
  26. Gedenkfeier für von Nationalsozialisten ermordeten Jägerstätter. In: berlin.de, 9. August 2013.
  27. Stolperstein erinnert an Wehrdienstverweigerer Franz Jägerstätter – Auch in Österreich nun Gedenkplatten für die Opfer des NS-Regimes (Memento vom 18. Juli 2011 im Internet Archive) In: epv.de, 7. August 2006.
  28. Franz-Jägerstätter-Heim – LinzWiki. Abgerufen am 22. Dezember 2019.
  29. Diözese Linz: Studentenwohnheim und Mensa. Diözese Linz, abgerufen am 22. Dezember 2019.
  30. Franziska Jägerstätter. Neuer Franz und Franziska Jägerstätter-Raum im Kardinal König Haus in Wien. In: dioezese-linz.at.
  31. ORF OÖ: Friedensglocke für Familienkirche, abgerufen am 16. November 2014.
  32. Bis zum Äußersten -- und dennoch nie allein, in: Der Standard, Wien, 24. Jänner 2020, S. 25
  33. Josef Wallner: Ist Jägerstätter-Reliquie echt? In: kirchenzeitung.at. 28. November 2007, abgerufen am 12. Mai 2020.
  34. OÖ: Neuer Altar mit Jägerstätter-Reliquien. In: orf.at. 18. Mai 2016, abgerufen am 12. Mai 2020.
  35. Landesfestakt „90 Jahre Oberösterreich“ im Großen Haus des Landestheaters in Linz (Memento vom 26. Dezember 2015 im Internet Archive)
  36. Benedictus XVI.: Litterae Apostolicae „Omnia possideo“. In: AAS 7 (2008), S. 430.
  37. ORF: Feierliches Hochamt in Linz, abgerufen am 16. November 2014.
  38. orf.at: Neues Jägerstätter-Institut in Linz. Artikel vom 25. Oktober 2017, abgerufen am 25. Oktober 2017.
  39. Peter Schierl und Lothar Riedl: Jägerstätter-Film: Einer von uns. Diözese Linz, 21. Mai 2015, abgerufen am 22. Dezember 2019.