Ukrainische Freie Universität München
Ukrainische Freie Universität München — Український вільний університет — |
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Gründung | 17. Januar 1921 |
Trägerschaft | privat |
Ort | München |
Bundesland | Bayern |
Land | Deutschland |
Rektor | Marija Pryschljak |
Studierende | 210 Stand: WS 2015/16 |
Website | www.ufu-muenchen.de |
Die Ukrainische Freie Universität (UFU, Universitas Libera Ucrainensis; ukrainisch Український вільний університет) ist eine private Exil-Universität, die am 17. Januar 1921 in Wien gegründet wurde und seit 1945 ihren Sitz in München hat. Seit 1978 ist die UFU eine Universität mit Promotions- und Habilitationsrecht.
Geschichte
Gründung bis 1945
Kurz nach der Gründung 1921 in Wien wurde die Ukrainische Freie Universität im Herbst 1921 nach Prag verlegt, der Hauptstadt der damals noch jungen Tschechoslowakei. Die Initiative zur Gründung einer privaten Universität außerhalb der Grenzen der Ukraine ging von ukrainischen Professoren, Schriftstellern, Journalisten und Studenten aus, die Bürger Österreich-Ungarns bzw. Russlands gewesen waren. Nach dem Ersten Weltkrieg und den gescheiterten ukrainischen Befreiungsbemühungen gingen diese in die Emigration. Urheber der Gründungsidee und erster Rektor der Universität war der Literaturwissenschaftler und Sprachwissenschaftler Oleksandr Kolessa.
In Prag stellte die tschechoslowakische Regierung unter Präsident Masaryk Räumlichkeiten für die Universität zur Verfügung und leistete finanzielle Unterstützung. Zu dieser Zeit lebten in Prag zahlreiche ukrainische Professoren und junge Studenten, die zur Entwicklung der Universität beitrugen.
Die Universität unterhielt zunächst nur zwei Fakultäten – die philosophische und die Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche. Das Professorenkollegium setzte sich aus prominenten Gelehrten zusammen, denen man in der Ukraine ihre Lehrstühle und ihre Lehrbefugnis entzogen hatte. Unter ihnen waren bekannte Namen wie Dmytro Antonowytsch, Leonid Bilezkyj, Johann Horbaczewski, Stanislav Dnistrajanskyj, Dmytro Doroschenko, Oleksandr Kolessa, Stepan Rudnyzkyj, Wolodymyr Starosolskyj, Stepan Smal-Stozkyj, Andrij Jakowliw und Serhij Scheluchin. Im ersten Semester schrieben sich über 700 Hörer ein. Während ihrer Existenz in Prag entwickelte die Universität rege pädagogische, wissenschaftliche, forschende und publizierende Aktivitäten, die sowohl innerhalb der Tschechoslowakei als auch über die Grenzen hinaus bekannt wurde.
Neuzeit nach 1945
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sahen sich die meisten Professoren und Studenten gezwungen, Prag zu verlassen und nach Bayern umzusiedeln. In München begann so im Herbst 1945 der dritte Abschnitt (nach Wien und Prag) in der Geschichte der Freien Ukrainischen Universität. Der Neuanfang in München war mühsam, da man ausschließlich auf eigene Mittel zurückgreifen musste. An beiden Fakultäten zusammen erreichte 1947 das Kollegium dennoch eine Stärke von 80 Hochschullehrern.
Die Hochschule erhielt die Anerkennung der Bayrischen Staatsregierung und das Recht zu Promotion und Habilitation.[1]
Im Bayerischen Hochschulgesetz vom 28. Juni 1978 sprach man der UFU in einer separaten Gesetzesnovelle zusätzlich das Recht zu, die akademischen Grade Magister, Doktor und habilitierter Doktor zu vergeben.[2] Das Ministerium der Ukraine erkennt seit 12. November 1992 die Diplome der Ukrainischen Freien Universität an.[3]
Status quo
Heute nimmt die Universität ausschließlich nichtdeutsche Studierende mit ausreichenden Ukrainisch- und Deutschkenntnissen gegen eine Studiengebühr von 600 Euro pro Semester auf, Deutsche sind als Gasthörer zugelassen. 2007 waren 149 Studierende eingeschrieben. Von der Bayerischen Staatsregierung wird die UFU mit 25.000 Euro jährlich unterstützt – früher betrug das Fördergeld rund 125.000 Euro. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands hat sich der Bund aus der Förderung zurückgezogen.
Geleitet wird die Ukrainische Freie Universität von einer Frau: Für die Amtsperiode vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2023 wurde Marija Pryschljak (Марія Пришляк) als Rektorin gewählt. Die Kanzlerin der Universität ist Jewhenija Kiser (Євгенія Кізер).
Die Universität ist in drei Fachgebiete unterteilt:
- Fakultät für Staats- und Wirtschaftswissenschaften (Dekan: Myroslaw Kyj (Мирослав Кий)),
- Fakultät für Ukrainistik (Dekanin: Tamara Hundorowa (Тамара Гундорова)),
- Philosophische Fakultät (Dekanin: Laryssa Didkowska (Лариса Дідковська)).
Zur Universität gehören
- das Wissenschaftliche Forschungsinstitut zur Erforschung deutsch-ukrainischer Beziehungen und
- das Institut für soziale Marktwirtschaft in der Ukraine (Leiter: Hansjürgen Doss und Peter Spary).
Die rund 48.000 Bände umfassende Bibliothek gilt als die größte ukrainische Spezialbibliothek in Westeuropa.
Die Universität ist inzwischen in München-Nymphenburg (Barellistr. 9a) untergebracht. In den Jahren 1945 bis 2008 war ihr Standort eine alte Villa in der Pienzenauerstraße 15; ab 1900 war dieses Haus der Wohnsitz der Intellektuellenfamilie Hallgarten.
Rektoren
- Oleksandr Kolessa (1921–1922, 1925–1928, 1935–1937, 1943–1944)
- Stanislaw Dnistrjanskyj (Станіслав Северинович Дністрянський; 1922–1923)
- Ivan Horbaczewski (1923–1924, 1931–1935)
- Fedir Schtscherbyna (Федір Андрійович Щербина; 1924–1925)
- Dmytro Antonowytsch (1928–1930, 1937–1938)
- Andrij Jakowliw (Андрій Іванович Яковлів; 1930–1931, 1944–1945)
- Oleksandr Myzjuk (1938–1939, 1940–1941)
- Iwan Borkowskyj (Іван Іванович Борковський; 1939–1940, 1941–1943)
- Awgustyn Woloschyn (1945)
- Wadym Schtscherbakiwskyj (Вадим Михайлович Щербаківський; 1946–1947)
- Iwan Mirtschuk (Іван Мірчук; 1947–1948, 1950–1955, 1956–1961)
- Jurij Panejko (Юрій Лукич Панейко; 1948–1950, 1961–1962)
- Mykola Wassyljew (Микола Михайлович Васильєв; 1955–1956)
- Oleksandr Kultschyzkyj (1963)
- Wassyl Orelezkyj (Василь Орелецький; 1964, 1966–1968)
- Jurij Bojko-Blochin (Юрій Гаврилович Бойко-Блохін; 1965–1966)
- Wolodymyr Janiw (Володимир Михайло Янів; 1968–1986)
- Teodor-Bohdan Zjuzjura (Теодор-Богдан Вікторович Цюцюра; 1986–1992)
- Petro Goj (Петро Ґой; 1992–1993)
- Roman Draschnjowskyj (Роман Йосипович Дражньовський; 1993–1995)
- Myroslaw Labunka (Мирослав Олексійович Лабунька; 1995–1998)
- Leonid Rudnytzky (1998–2003)
- Albert Kipa (Альберт Кіпа; 2004–2007)
- Iwan Myhul (Іван Мигул; 2008–2011)
- Jaroslawa Melnyk (Ярослава Мельник; 2012–2015)
- Marija Pryschljak (Марія Пришляк; 2016–)[4][5]
Bekannte Professoren und Absolventen
- Emma Andijewska (* 1931), ukrainische Malerin und Dichterin
- Jurij Andruchowytsch (* 1960), ukrainischer Dichter, Schriftsteller und Übersetzer, Ehrendoktor der Universität (1. Februar 2012)
- Wolf-Ulrich Cropp (* 1941), Schriftsteller
- Dmytro Doroschenko (1882–1951), Historiker, Professor an der Universität 1921–1951
- Otto Eichelmann (1854–1943), Staats- und Völkerrechtler, Rechtshistoriker
- Bohdan Futey (* 1939), Richter am U.S. Court of Federal Claims
- Bohdan Hawrylyshyn (1926–2016), Wirtschaftswissenschaftler, Mitglied des Club of Rome, ehemaliger Direktor des International Management Institute, einem der Vorgänger des International Institute for Management Development
- Reinhard Heydenreuter (* 1942), Archivdirektor am Bayerischen Hauptstaatsarchiv
- Wolodymyr Janiw (ukrainisch Володи́мир Я́нів) (1908–1991), war ein Führer der ukrainischen Unabhängigkeitsbewegung, Redakteur verschiedener Zeitschriften, viele Jahre inhaftiert, Psychologe, Soziologe und ukrainischer Dichter. Professor in München ab 1955 und Rektor der Ukrainischen Freien Universität (UFU) von 1968 bis 1986
- Paul Kirchhof (* 1943), deutscher Verfassungsrechtler, Ehrendoktor der Universität (25. Januar 2008)
- Serhij Kwit (* 1965), Bildungsminister der Ukraine, ehemaliger Rektor der renommierten ukrainischen Universität "Kiew-Mohyla-Akademie
- Wolodymyr Kubijowytsch (1900–1985) Ethnograph, Geograph, Herausgeber der Encyclopedia of Ukraine
- Oleksandr Myzjuk (1883–1943), Ökonom, Soziologe, Politiker und letzter Rektor der Universität in Prag
- Bohdan Osadczuk (1920–2011), Journalist und Politikwissenschaftler
- Natalija Polonska-Wassylenko (1884–1973), Historikerin
- Lew Rebet (1912–1957), ein ehemaliger Führer der OUN, 1957 von einem KGB-Argenten in München ermordet
- Pawlo Sajzew (1886–1965), ukrainischer Philologe, Literaturkritiker, Schewtschenko-Biograph und Politiker
- Serhij Scheluchin (1864–1938), ukrainischer Jurist, Historiker, Schriftsteller und Politiker
- Roman Smal-Stozkyj (1893–1969), Linguist, Hochschullehrer und Botschafter
- Dmytro Stepowyk (* 1938) ukrainischer Kunsthistoriker, Theologe und Philosoph.
- Petro Stetsiuk (* 1962), Richter am Verfassungsgericht der Ukraine
- Dmitrij Tschižewskij (1894–1977), deutsch-ukrainischer Slawist, Philosoph und Kulturwissenschaftler
- Petro Werhun (1890–1957), ukrainischer Priester und Märtyrer, wurde von Papst Johannes Paul II. am 27. Juni 2001 seliggesprochen.
Siehe auch
Weblinks
- Nicolas Szawofal: In: Historisches Lexikon Bayerns (18. Juni 2013)
Einzelnachweise
- ↑ Verordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus Nr. XI 60710 vom 16. September 1950
- ↑ vgl. heute Art. 103, Abs. 3 Bayerisches Hochschulgesetz, http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-HSchulGBY2006rahmen&doc.part=X&doc.origin=bs
- ↑ Zur geschichtlichen Entwicklung siehe ausführlich Szafowal, Nicolas: Geschichtlicher Überblick und die Frage nach den Anfängen, in: Patzke, Una, Szafowal, Mykola, Yaremko, Roman (Hrsg.): Universitas Libera Ucrainensis: 1921 – 2011, München 2011, S. 41–81, http://www.ufu-muenchen.de/ukrainisch/downloads_ua/Universitas%20Libera%20Ucrainensis%202011/Universitas%20Libera%20Ucrainensis%201921-2011.pdf#page=65 (Memento vom 3. September 2013 im Internet Archive)
- ↑ Eintrag zur Ukrainischen Freien Universität in der Encyclopedia of Ukraine; abgerufen am 29. August 2019 (englisch)
- ↑ Die Ukrainische Freie Universität freut sich auf ihr 80-jähriges Bestehen auf ukrweekly.com (ukrainisch)
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