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Haushofer, Marlen #

eigentlich Marie Helene Haushofer, geborene Frauendorfer


* 11. 4. 1920, Frauenstein bei Steyr (Oberösterreich)

† 21. 3. 1970, Wien


Schriftstellerin, Kinderbuchautorin


Marlen Haushofer, © IMAGNO/ÖNB
Marlen Haushofer, Foto 1962
© IMAGNO/ÖNB

Marlen Haushofer wurde am 11. April 1920 als Maria Helene Frauendorfer in einer Försterfamilie in Frauenstein (Oberösterreich) geboren.

Auf Wunsch ihrer streng katholischen Mutter kam Marlen Frauendorfer 1930 in das Mädchenrealgymnasium und das Internat der Ursulinen in Linz, was für die 10-Jährige ein Schock war und zu Depressionen führte. Im Alter von dreizehn Jahren erkrankte sie an Lungentuberkulose, ein Jahr später an einer sehr schweren Lungenentzündung, die beinahe zum Tod geführt hätte. (Die Erinnerungen an die Internatszeit verarbeitete Marlen Haushofer in den beiden Romanen "Eine Handvoll Leben" und "Himmel, der nirgendwo endet" sowie in der Erzählung "Freundinnen".)

Nach dem Anschluss Österreichs wurde das Klostergymnasium 1938 geschlossen, die Schülerinnen mussten in eine Oberschule für Mädchen wechseln, die im Gymnasium der Kreuzschwestern untergebracht war.
(In dieser Zeit schrieb sie bereits Geschichten, Gedichte und manche Romankapitel – aber ohne sie jemand zu zeigen.) Nach erfolgreich bestandener Matura im März 1939 meldete sich Marlen Frauendorfer zum Reichsarbeitsdienst nach Ostpreußen. Dort lernte sie den Vater ihres ersten Kindes kennen - einen deutschen Medizinstudenten, der sein Studium in Wien fortsetzte, wo Haushofer ab Jänner 1940 Germanistik und Kunstgeschichte studierte.

Die Beziehung ging noch während der Schwangerschaft in die Brüche und Marlen Haushofer brachte ihren Sohn Christian heimlich in Bayern zur Welt, wo er bei der Mutter einer Freundin aufwuchs. Noch vor der Geburt hatte sie ihren späteren Ehemann, den Studenten und späteren Zahnarzt, Manfred Haushofer kennengelernt. Im November 1941 heirateten die beiden in Frauenstein; 1943 wurde der gemeinsame Sohn Manfred geboren. Die Familie übersiedelte nach Graz, wo Marlen Haushofer ihr Studium zunächst fortsetzte. Erst nach Kriegsende holten sie Marlens ersten Sohn zu sich.


Als zweifache Mutter und Hausfrau brach sie ihre Dissertation ab; sie fing wieder an zu schreiben - diesmal mit der Absicht, ihre Geschichten auch zu veröffentlichen. Ab 1946 publizierte Marlen Haushofer in österreichischen Tageszeitungen, Wochen- und Monatszeitschriften wie in "Die Presse", "Kurier am Sonntag", "Neues Volksblatt", "Oberösterreichische Nachrichten", "Salzburger Nachrichten" und "Wiener Zeitung" (die Geschichte "Die blutigen Tränen", die 1946 im Linzer Volksblatt erschien, war vermutlich ihre erste Publikation.)

1947 übersiedelte sie mit Mann und den Kindern nach Steyr, wo Manfred Haushofer eine Stelle als Leiter eines Zahnambulatoriums gefunden hatte.


Sie selbst unternahm regelmäßige Fahrten nach Wien und suchte 1948 Anschluss an die Wiener literarische Szene, wobei sie sich an Hermann Hakel (Herausgeber der Zeitschrift Lynkeus) wandte, einen Lyriker, Erzähler, Übersetzer und Förderer literarischer Talente, der den P.E.N.-Club, eine Aktion zur Förderung junger Autoren, betreute.

Zum Autoren-Kreis des PEN-Klubs gehörten Schriftstellerinnen wie Ingeborg Bachmann, Ilse Aichinger, Christine Busta und Friederike Mayröcker, die in Hermann Hakel einen Gönner in literarischen Angelegenheiten sahen. Der erste Text, den Marlen Haushofer dort vorstellte, war die Erzählung "Für eine unvergessliche Zwillingsschwester".


Entscheidend wurde für Marlen Haushofer der freundschaftliche Kontakt mit Hans Weigel, einem Kabarettisten, Theaterkritiker, Feuilletonisten und Molière-Übersetzer, der Lesungen von jungen Autoren organisierte und Veröffentlichungen ihrer Arbeiten vermittelte.

Ihre beiden ersten Romane veröffentlichte Marlen Haushofer auf Anraten Hans Weigels nicht, sie sind verschollen. In der von Weigel gestarteten literarischen Reihe "Junge österreichische Autoren" erschien 1952 Marlen Haushofers erstes Buch, die Erzählung "Das fünfte Jahr", für die sie 1953 den Förderungspreis des Unterrichtsministeriums erhielt.

1954 publizierte Marlen Haushofer ihren ersten Roman, "Eine Handvoll Leben", womit sie auch in Deutschland und der Schweiz durch Buchbesprechungen in Zeitungen und Autorenlesungen einen beachtlichen literarischen Erfolg erzielte. 1956 veröffentlichte sie in der vom Lyriker Rudolf Felmayer herausgegebenen Reihe "Neue Dichtung aus Österreich" ihren ersten Erzählungsband mit dem Titel "Vergissmeinnichtquelle" im Bergland-Verlag, 1958 erschien die Novelle "Wir töten Stella".


Es gelang Marlen Haushofer, sich im Alltag als Zahnarztgattin und Mutter die Zeit zum Schreiben zu nehmen - sodass ihr Werk neben vier Kinderbüchern insgesamt sechs Romane sowie einige Erzählbände umfasst. Aber sie litt unter ihren schwierigen privaten Umständen: auf Grund gravierender familiärer Probleme hatten sich Marlen und Manfred Haushofer 1950 scheiden lassen; das Paar trennte sich aber nicht - man hielt die Scheidung geheim, auch vor den Söhnen. Marlen hatte Mühe, die Hausarbeit, die Erziehung der beiden heranwachsenden Söhne und die literarische Tätigkeit zu vereinbaren. 1958 heiratete sie ihren (früheren) Ehemann ein zweites Mal.

1960 begann Marlen Haushofer an ihrem Roman "Die Wand" zu schreiben, den sie nach ungefähr eineinhalb Jahren fertig gestellt hatte. 1963 wurde ihr für diesen Roman der Arthur-Schnitzler Preis zuerkannt.

Mitte der 1960er-Jahre erkrankte Marlen Haushofer an Knochenkrebs. Sie unternahm 1967 und 1968 Urlaubsreisen nach Italien, um sich von den Anstrengungen des Schreibens und des Haushalts zu erholen, aber ihr gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich immer mehr.

Marlen Haushofer starb am 21. März 1970 nach einer Operation in Wien und wurde am Stadtfriedhof in Steyr begraben.


Marlen Haushofer ist eine der bedeutendsten österreichischen Schriftstellerinnen der Nachkriegszeit. Ihre schonungslose Analyse weiblicher Lebenswirklichkeit im bürgerlichen Milieu der 1950er und 1960er Jahre gipfelt 1963 in ihrem berühmtesten Roman "Die Wand", der Geschichte eines unfreiwilligen Ausstiegs.

Nach ihrem Tod im Jahr 1970 wurde es still um ihre literarischen Werke. Im Unterschied zu ihren auf Anhieb erfolgreichen Kinderbüchern wurde die Bedeutung ihrer Romane und Erzählungen, in denen sie sich mit der Rolle der Frau in der Männergesellschaft auseinander setzt, erst spät im Zuge der Frauenliteraturforschung erkannt. Erst mit der Neuauflage von "Die Wand" 1983 schenkte man ihrem literarischen Schaffen, wieder mehr Aufmerksamkeit.

Weiterführendes#

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Förderungspreis des österreichischen Staatspreises, 1953
  • Preis des Theodor-Körner-Stiftungsfonds, 1956
  • Arthur-Schnitzler-Preis, 1963
  • Kinderbuchpreis der Stad Wien, 1965 und 1967
  • Österreichischer Staatspreis für Literatur", 1968

Werke (Auswahl)#

Romane
  • Eine Handvoll Leben, 1955
  • Die Tapetentür, 1957
  • Die Wand, 1963
  • Himmel, der nirgendwo endet, 1966
  • Die Mansarde, 1969

Erzählungen und Novellen

  • Das fünfte Jahr, 1951
  • DIe Vergissmeinnichtquelle (Erzählungsband), 1956
  • Wir töten Stella, 1958
  • Lebenslänglich, 1966
  • Schreckliche Treue, 1968

Kinderbücher

  • Bartls Abenteuer - ein Katzenbuch, 1964
  • Brav sein ist schwer, 1965
  • Müssen Tiere draußen bleiben?, 1967
  • Wohin mit dem Dackel?, 1968
  • Schlimm sein ist auch kein Vergnügen, 1970

Hörspiele, Kurzgeschichten

Literatur#

  • C. Hoffmann, Die Verrücktheit einer Generation, Dissertation, Wien 1988
  • D. Strigl, M. Haushofer. Die Biographie, 2000
  • L. Studer, Die Frau hinter der Wand. Aus dem Nachlaß der M. Haushofer, 2000


Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl