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Waldmüller, Ferdinand Georg#

* 15. 1. 1793, Wien

† 23. 8. 1865, Hinterbrühl bei Mödling (Niederösterreich)


Maler und Kunstschriftsteller


Waldmüller, F.G.
Ferdinand Georg Waldmüller, Selbstporträt im Alter von 35 Jahren. Gemälde, 1828
© Öst. Galerie, Wien (heute Öst. Galerie Belvedere, Wien), für AEIOU

Ferdinand Georg Waldmüller wurde am 15. Jänner 1793 in Wien geboren.

Er verließ schon mit 14 Jahren sein Elternhaus, um gegen den Willen der Mutter in die Wiener Akademie einzutreten. Hier studierte er und bildete sich auch durch private Kontakte sowie teilweise autodidaktisch weiter.

1814 heiratete er die Sängerin Katharina Weidner. Nun war Ferdinand Georg Waldmüller bei den Engagements seiner Frau in Baden, Brünn und Prag als Theaterdekorationsmaler und Porträtist tätig, bis er 1817 nach Wien zurückkehrte. Hier wendete er sich vorerst der Porträtmalerei zu, ehe er 1818 auch mit Naturstudien begann.

Der Maler unternahm Reisen nach Italien und nach Paris und hielt sich später zwecks Naturstudien regelmäßig im Salzkammergut auf.

Er erwarb sich mühsam und allmählich virtuose Fertigkeiten der Wirklichkeitswiedergabe ("Die Mutter des Hauptmanns von Stierle-Holzmeister", 1819; Selbstbildnis, 1828). An die Stelle einer französisch-glatten Manier trat ab zirka 1830 eine offenere Pinselführung.

1830 erhielt er an der Akademie in Wien eine Anstellung als Erster Kustos der Gemäldesammlung; als Professor lehrte er "Anfangsgründe im Malen".

Der Höhepunkt seiner Porträtkunst liegt vor allem in den 1830er Jahren (Familienbild Dr. Eltz, 1835), anschließend verlegte er sich vorübergehend auf das Stillleben, doch dominierten dann Genre- und Landschaftsdarstellungen. Waldmüller erhob die Genrekunst durch Elemente des Historienbilds und sakrale Anspielungen in eine neue Dimension, die auch sozialkritische Töne nicht scheute. Gleichzeitig setzte er sich unter Verwertung niederländischer Vorbilder und geschult durch zahlreiche Italienfahrten mit Raum- und Lichtproblemen auseinander. Mit der scharfen (Sonnen-)Licht-Schatten-Wiedergabe und durch dramatisches Arrangement erreichte er klassisches Niveau ("Der Notverkauf", "Fronleichnamsmorgen", beide 1857; "Die Klostersuppe", 1858), das im Spätwerk farblich-atmosphärische Akzente erhielt ("Vorfrühling im Wienerwald", 1861). Seine nicht so sehr stimmungshafte als brillant-sachliche Wiedergabe stieß wiederholt auf zeitgenössische Kritik.

In den Jahren 1846 und 1857 veröffentlichte Ferdinand Georg Waldmüller zwei Schriften, in denen er die Wiener Akademie, - besonders ihre Lehrmethoden und die Sammlung der Akademie-Galerie - kritisierte, was 1857 seine Zwangspensionierung mit halbem Gehaltseine zur Folge hatte. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten versteigerte er sämtliche seiner Gemälde (erst 1864 wurde sein Gehalt vom Kaiser gnadenweise auf das Normalmaß erhöht, ohne dass damit eine Rehabilitierung verbunden gewesen wäre).

Internationale Anerkennung fand Waldmüller 1856 in London. Als einer der vielseitigsten und formal aufgeschlossensten Künstler seiner Zeit schuf er wichtige Grundlagen für die weitere Entwicklung, blieb aber zugleich der Tradition und der Alt-Wiener Schule verbunden und erstrebte nicht die Ideale des Impressionismus. Bis 1851 unterrichtete er zahlreiche Privatschüler.


Ferdinand Georg Waldmüller war der bedeutendste österreichische Maler der Biedermeierzeit. Ob in der Eroberung der Landschaft und in der daraus resultierenden glaubhaften Wiedergabe von Nähe und Ferne, ob in der treffenden Charakterisierung des menschlichen Antlitzes, ob in einer detailgetreuen, fein erarbeiteten Zeichnung von stofflichen Details oder in der launigen Schilderung des Bauernalltags: Seine Werke waren für eine ganze Künstlergeneration richtungweisend - schildernd, erklärend, moralisierend und sozialkritisch zugleich. Abseits des Biedermeier-Idylls nahm der Maler vor allem bei der Schilderung des Bauernalltags eine sozialkritische Haltung ein. Noch während der Zensur, vor dem Revolutionsjahr 1848, rückte er Armut und Schicksalsschläge in das Zentrum seiner Bilder.



Ferdinand Georg Waldmüller starb als 72jähriger am 23. August 1865 in einem Gasthof in Mödling - inmitten der Landschaft, die ihn stets besonders inspiriert hatte.

Waldmüller, F.G. - Die Pfändung
Ferdinand Georg Waldmüller, Die Pfändung. Gemälde, 1847 (Historisches Museum der Stadt Wien)
© Historisches Museum der Stadt Wien, für AEIOU

Werke (Auswahl)#

Bilder:

mehr als 150, darunter

  • Die Mutter des Hauptmanns von Stierle-Holzmeister, 1819
  • Der Taglöhner mit seinem Sohn, 1823
  • Selbstbildnis, 1828)
  • Elisabeth Waldmüller, die Mutter, 1830
  • Praterlandschaft. Eine Aupartie, um 1830
  • Familienbild Dr. Eltz, 1835
  • Julia Comtesse Apraxin. 1835
  • Lachender Bauernbursche, 1840
  • Der Notverkauf", 1857
  • Fronleichnamsmorgen, 1857
  • Die Klostersuppe", 1858
  • Vorfrühling im Wienerwald", 1861


Publikationen:

  • Das Bedürfnis eines zweckmäßigeren Unterrichtes, 1846
  • Vorschläge zur Reform der Oesterreichisch-kaiserlichen Akademie der bildenden Kunst, 1849
  • Andeutungen zur Belebung der vaterländischen bildenden Kunst, 1857

Literatur#

  • B. Grimschitz, F. G. Waldmüller, 1943
  • B. Grimschitz, F. G. Waldmüller, 1957
  • M. Buchsbaum, F. G. Waldmüller, 1976
  • K. A. Schröder, F. G. Waldmüller, Ausstellungskatalog, Wien 1990
  • R. Feuchtmüller, F. G. Waldmüller, 1793-1865. Leben - Schriften - Werke, 1996


Text aus dem Buch "Große Österreicher"#

Auch Ferdinand Georg Waldmüller hat es endlich soweit gebracht und wird mißverständlich zitiert. Ein Maler, der eine Professur an einer Wiener Hochschule nicht erhält, tröstet sich ungefähr wie ein glückloser Operndirektor in Wien mit der Bemerkung, es sei ja »selbst ein Waldmüller« aus der Hochschule einst entfernt worden. Als sei es ein besonderes Anzeichen von negativer Qualität für die Hochschule gewesen, den Lieblingsmaler aller gegenwärtig Konservativen abgelehnt zu haben. Daß Waldmüller zu seiner Zeit selbst derart wild gewesen sein könnte, daß es ihn in keiner hohen Schule gelitten hätte, und daß man dies als ein sehr positives Charakteristikum für den allseits beliebten Maler zu zitieren hätte, kommt einem offenbar viel seltener in den Sinn. Tatsächlich hat sich folgendes abgespielt: Waldmüller war mit seinen Werken durchaus anerkannt und an der Akademie mit einer eigenen Klasse fest eingesessen, als er 1837 beschloß, sowohl gegen seine Vorgesetzten wie auch seine Kollegen eine Streitschrift zu veröffentlichen. Eine Reihe von »Ideen zu einem Entwurf einer berichtigend-umfassenden Anleitung in der bildenden Kunst« sollte darlegen, was seiner Ansicht nach zu reformieren war am Unterricht. Allein der Versuch, solche Ideen im Vormärz herauszugeben, war tapfer, wurde jedoch nicht belohnt. Die Kollegenschaft tat ihn als Maler gefälliger Bilder ab oder reizte ihn bis aufs Blut, und nur Fürst Metternich - in künstlerischen Dingen immer wieder willens, seine eigene Zensur nicht ernst zu nehmen - verfügte, daß Waldmüllers Anschauungen gedruckt zu werden hätten. Metternich befand ausdrücklich, Reformvorschläge, auch weitgehende, seien keineswegs eine »Beleidigung der Akademie«, man müsse künstlerische Diskussionen abhalten.

Denkmal Waldmüller
Denkmal im Wiener Rathauspark - Foto: P.Diem

Waldmüller ist im Januar 1793 in Wien geboren und hat eine grundsolide Ausbildung mitgemacht. »Schon als Knabe war Zeichnen seine liebste Beschäftigung. Ein ziemlich unbekannter Maler namens Zintler unterrichtete ihn darin. Allein Zintlers Kräfte waren zu gering, und der junge Waldmüller besuchte daher die im Beginn des jetzigen Jahrhunderts sehr geschätzte Elementarschule des Professors Hubert Maurer, wo eine ziemliche Zahl talentvoller Schüler versammelt war.« So eine zeitgenössische Schilderung, der zu entnehmen ist, daß er Preise gewann, bei Lampi vor allem Miniaturen zu malen lernte, sich als Kopist in der »Galerie des k. k. Belvedere« nicht nur weiterbildete, sondern auch gleich seinen Lebensunterhalt verdiente und dabei »jenen sicheren, sorgfältigen Pinsel« bewies, dessentwegen ihn die Wiener Kunstfreunde bald zu schätzen wußten. Ein Wiener Maler also, der im angehenden 19. Jahrhundert genügend Aufträge zu erhalten weiß und in der Wiener Kunstszene daheim ist: wie seine Kollegen war auch er ein Freund der Musik und des Theaters, wie alle guten Künstler hielt er es mit der »Wechselwirkung« und profitierte davon - die berühmteste Szene aus Raimunds »Der Alpenkönig und der Menschenfeind« soll Vorbild für sein Gemälde »Die Pfändung« gewesen sein. Waldmüller wiederum versuchte sich auch als Theaterdekorateur und gab so der Bühne zurück, was sie ihm an Anregungen geschenkt haben mag. Sehr im Gegensatz etwa zur Gegenwart war die Beziehung zwischen Künstlern und Auftraggebern zu Waldmüllers Zeiten heikel und gefährlich: Die Porträtisten hatten auch das Amt des Schmeichlers auszuhalten und ihre Werke, die sie als Broterwerb zu liefern hatten, müssen sich heute gegen die durchsetzen, die ohne zu beleidigenden Auftraggeber geschaffen wurden.

Waldmüller, auch noch in den kursorischsten Anmerkungen als der bedeutendste Biedermeiermaler bezeichnet, hatte so viel Sinn für die kleine Dramatik im Bild, daß seine Porträts und seine Genreszenen immer wieder zu Schilderungen gerieten, zu Handlungen, die man auch heute noch nacherzählen kann.

Als Dreißigjähriger an der Akademie schon Lehrkraft, war er bei seinen Schülern sehr beliebt und zog sich alle abfälligen Bemerkungen seitens der Kollegen ausschließlich zu, weil er den Studienbetrieb reformieren wollte. Daß man ihn schon bei Lebzeiten fleißig, aber maniriert nannte, ist ebenso bezeichnend wie das Abschätzige in der Beurteilung, er liefere »so viele gefällige Bilder«, das man aus einem Gutachten des angesehenen Anton Ritter von Oerger herauslesen kann - er war als eine Instanz in den sich über zehn Jahre erstreckenden Zwistigkeiten angerufen. Waldmüller, um dieses Kapitel nicht unvollständig zu lassen, wurde 1857 schließlich doch noch wegen antiakademischer Schriften entlassen, erhielt also bei Lebzeiten das Gütesiegel eines Rebellen, so daß man ihn jetzt rechtens als einen von der staatlichen Schule Geschädigten bezeichnen kann. Das aber kann nicht alles gewesen sein. Als man ihn entließ, war er längst ein hochgeachteter und gesuchter Maler und hatte seine berühmtesten Bilder schon »untergebracht«. Freilich, weder er noch seine Zeitgenossen ahnten, was der Lauf der Welt sein würde. Daß der Freund Raimunds dereinst mit allen seinen Bildern der beliebteste und teuerste Maler einer Epoche und Richtung sein würde, daß seine »Handschrift« sogar in der Gegenwart als die sicherste und gesuchteste zählen würde, das war nicht abzusehen. Daß der im Leben vor allem als fleißig und wohlgelaunt und jeder Autorität gegenüber lachend mißtrauische Mann dereinst ein »Anlagewert« sein würde, war selbstverständlich außerhalb jeden zeitgenössischen Denkens. Waldmüller, der sich nicht als Genie, sondern als besonders sicheren Handwerker voll Poesie und Musikalität sah, wäre so schockiert wie irritiert angesichts seines Stellenwertes 100 Jahre nach seinem Tode.

Weiterführendes#

Quellen#



Redaktion: I. Schinnerl