Peter Wegenstein: Wege aus Eisen in Tirol und Vorarlberg#
Peter Wegenstein: Wege aus Eisen in Tirol und Vorarlberg. Zur Eisenbahngeschichte der beiden Länder. Edition Winkler-Hermaden Schleinbach. 132 S., ill., € 24,90
Tirol und Vorarlberg liegen im Bereich wichtiger europäischer Transitrouten. In der Monarchie jedoch lagen die beiden Länder im Unterschied zu heute abseits der Hauptrouten, Tirol erhielt 1858 und Vorarlberg 1872 die erste Eisenbahnstrecke. An das innerösterreichische Bahnnetz wurde Vorarlberg erst 1884 angeschlossen. So beginnt der Bahnexperte und langjährige ÖBB-Mitarbeiter Peter Wegenstein sein jüngstes Buch über die Wege aus Eisen in Österreich.
Zuerst beschreibt er die Hauptbahnen in Tirol, beginnend von der Landesgrenze in Hochfilzen bis Wörgl. Die 63,141 km lange Strecke ist abschnittsweise mit 120 km/h befahrbar. Das erste der rund 100 Farbfotos, die meist vom Autor stammen, zeigt einen Zug vor alpinem Panorama neben dem zugefrorenen Schwarzsee. Aufgrund der vorhandenen Wasserkraft war Tirol Vorreiter bei der Entwicklung und dem Ausbau der mit Wechselstrom betriebenen elektrischen Bahnen.
Es war ein Anliegen des Staates, Eisenbahnen selbst zu bauen. So wurde schon 1847 eine Nord-Süd-Verbindung über die Alpen geplant. Nach dem Zerfall der Monarchie kam das Streckennetz der Südbahn in vier verschiedenen Staaten zu liegen. Markant überragt die aus dem 12. Jahrhundert stammende Festung Kufstein den Bahnhof der Stadt. Der starke Anstieg des Transitverkehrs durch das Inntal und über den Brenner erforderte neue Lösungen. So kam es zur Planung einer unterirdischen, zweigleisigen Strecke und des Brenner-Basistunnels. 2021 erreichte die erste Tunnelröhre die österreichische Staatsgrenze. Fotos zeigen die beeindruckende Baustelle und die Eröffnung eines Teilstückes.
Die Hauptbahn zwischen Tirol und Vorarlberg führt von Innsbruck nach Bludenz. Bereits 1845 plante man den Bau einer Strecke über den Arlberg, die von Verona über Bozen und Landeck führen sollte. Die Betriebsaufnahme erfolgte fast vier Jahrzehnte später, ohne große Feierlichkeiten. Ein beachtenswertes Bauvorhaben war die Trisannabrücke (1883/84), die das Titelbild zeigt. Mit einer freien Stützweite von 120 m war sie viele Jahrzehnte die weitest gespannte Eisenbahnbrücke Österreichs. Das insgesamt 230 m lange Bauwerk ührt in einer Höhe von 86 m über die Trisannaschlucht. Darüber, wo das Paznauntal in das Stanzertal mündet, thront auf einem vorspringenden waldigen Fels Schloss Wiesberg aus dem 13. Jahrhundert.
Die Hauptbahnen in Vorarlberg teilen sich in drei Abschnitte: von Bludenz bis Staatsgrenze nächst Lochau-Hörbranz (61,885 km), von Feldkirch bis zur Staatsgrenze Schaan-Vaduz (17,338 km) und von Lauterach nach Lustenau (7,837 km).
Auch alle Nebenbahnstrecken – wie Zillertalbahn, Achenseebahn, Stubaitalbahn, Mittenwaldbahn, Außerfernbahn, werden beschrieben. Einer Garnitur der Zillertalbahn (von Jenbach nach Mayerhofen, ca. 31,835 km) wurde 1980 die Ehre zuteil, in der Wiener Stadthalle mitzuspielen. Sie fuhr auf einem 200 m langen Gleis auf der Bühne, wo für die Show "Winnetou, der Apache" ein Überfall inszeniert wurde.
Die Zahnradbahn zum Achensee, die ebenfalls in Jenbach beginnt (6,763 km), sollte mehrfach stillgelegt werden. Der Tourismus rettete sie. 2022 konnte man mit einem Bahnhofsfest die Wiederinbetriebnahme feiern. Auch die Stubaitalbahn (18,2 km) wird laufend verbessert. Originell wirkt die Abbildung einer Kartonkarte für einen Hund, die 1967 drei Schilling kostete.
Nebenbahnen in Vorarlberg verbinden Bludenz und Schruns (12,874 km) bzw. Bregenz und Bezau (ca. 35,44 km). Hochwasser und Hangrutschungen führten zu deren Einstellung. Nun ist sie als Museumsbahn wieder erfolgreich in Betrieb.
Besonderes Augenmerk schenkt Peter Wegenstein der Straßenbahn in Innsbruck, da hier in den letzten Jahren die Streckenlänge durch den Neubau von Linien verdoppelt wurde. Hingegen hat man die fast 12 km lange Trasse der Straßenbahn von Dornbirn nach Lustenau 1939 abgetragen und die Fahrzeuge nach Klagenfurt verkauft. Immer wieder erinnern historische Fahrkarten an die Zeit, als es noch Schaffner und Bahnhofspersonal gab. Hier ist es ein Kuriosum aus der Sammlung des Autors, eine Strafkarte von 1913 mit dem Aufdruck "Verbot! Das Tragen ungeschützter Hutnadeln ist verboten". Zuwiderhandelnde mussten mit einer Strafe von bis zu 200 Kronen (ca. 1250 €) bzw. 14 Tagen Arrest rechnen.
Peter Wegenstein ist für seine umfangreichen Forschungen zur Eisenbahngeschichte und zahlreiche Publikationen zum Thema bekannt. In der Edition Winkler-Hermaden sind u. a. folgende erschienen: Wege aus Eisen im Waldviertel (2014), Wege aus Eisen in Wien (2017), Wege aus Eisen in den Straßen von Wien (2018), Wege aus Eisen in der Steiermark (2019), Wege aus Eisen in Oberösterreich (2020), Wege aus Eisen in Salzburg und Kärnten (2021).