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9. August 2024: Entlegene Territorien#

(Archiv externer Beiträge, Blatt #49)#

von Martin Krusche

Wenn es Richtung Publikum geht, bin ich immer ein Exterritorialer, gewissermaßen ein Abtrünniger. Die Bühne, das ist ein anderer Kontinent. Da gilt nicht, was an den vertrauten Orten gilt.

Aber davor noch: Ich mag diese Magie, von der man berührt wird, wenn unter einem Regenhimmel zu fahren ist. Dann umfaßt mich ein Kräftespiel von unüberschaubarer Dimension. Ein warmer Sommerwind, stark, als würde er zu einem Sturm Anlauf nehmen, erinnert mich an die eigene Schutzbedürftigkeit.

Den Stürmen und dem Meer möchte ich nicht ungerüstet ausgesetzt sein. Gestern ging es in die Südsteiermark, um eine Session zu realisieren, auf die wir über Monate lebhaft zugegangen sind.

Ich, fast schon ein Zaungast, mit diesem kurzen Part innerhalb einer komplexeren Geschichte. Solche Sessions fesseln mich zunehmend. Die Sologeschichte ist im Vergleich dazu leicht. Diese ganze Konzentration auf einen selbst. Protagonist im Kegel des Scheinwerfers: Ich! Okay. Aber dann diese anderen Versionen.

Jüngst mit Jazzer Berndt Luef und seiner Crew im Grazer Forum Stadtpark. In Literatur verankert, in der Musik zum Fliegen gebracht (Link am Seitenende). Nun die Sache in Großklein... Siehe dazu: „Amselsturm: Handgriffe“ (Wenige Tage vor der Vernissage)! Diese Konzentration auf wenige Minuten. Der volle Saal. Es geht um eine Art von Ereignis-Miniatur.

Das ist der Raum des Abtrünnigen. Diese Selbstermächtigung, nun alle Anwesenden für sich in Anspruch zu nehmen. Dabei war es annähernd ein Duett. Ich hatte innerhalb des gesamten Ensembles eine starken Fokus auf den Dialog mit Maler Heinz Payer, wovon allerdings der ganze Abend am wenigsten handelte.

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Wir beide waren übereingekommen, bei der Vernissage eine sehr zurückhaltende Position einzunehmen. Wo das dann in die Tiefe geht, befindet es sich quasi räumlich hinter diesem Geschehen, nämlich im Rahmen einer weiterführenden Dokumentation im Web, also im Cyberspace.

Vorne, gewissermaßen on stage, blieb uns vor allem, den räudigen Restpfosten des Throns vorzuweisen, der einst diese Jahrtausendbeute ausgedrückt und überragt hat. Diese Tendenz, Frauen zu Haustieren der Männerwelt zu machen. Das meine ich weder ironisch, noch metaphorisch.

Maler Heinz Payer und der Restpfosten.
Maler Heinz Payer und der Restpfosten.

Ich bestaune diese Anmaßung gelegentlich immer noch: Sich Menschen gefügig machen zu wollen, auch nutzbar. Haustiere eben. Denn der gestrige Abend war dem Feminismus gewidmet, also dem Leben von Frauen und worum da zu ringen sei.

Ich hatte tags zuvor ein Gedicht über das taube Gefühl geschrieben, das mich manchmal von der Welt trennt. Vielleicht ist unter meinen Füßen ohnehin alles ein anderer Kontinent. Ich weiß eigentlich nicht, was genau es bedeutet, unter Menschen zu sein; unter Wesen, die Musik haben. Auch so ein Staunenswertes. Was bedeutet es, daß wir zu singen befähigt sind?
Erstmals 2024 publiziert auf kunstost.at

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