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Techniker Werner Musil. (Neben ihm der Weg zum Puch G, mit Modellautos dargestellt.)
Techniker Werner Musil. (Neben ihm der Weg zum Puch G, mit Modellautos dargestellt.)

Mythos Puch: Transition#

(Bereichsübergreifende Gespräche)#

von Martin Krusche
Ich halte Techniker Werner Musil so sehr für einen typischen Repräsentanten des Teils unserer aktuellen Erzählung, daß ich ihm noch eine eigene Notiz widmen werde. Wir sind Kinder der voll erblühten Zweiten Industriellen Revolution, die noch das ausgedrückt hat, was Karl Polanyi in seinem fulminanten Werk „The Great Transformation“ beschrieben hat.

Musil war in der Autowerkstatt seines Vaters groß geworden, hatte schon als Kind an Fahrzeugen geschraubt und als etwa Dereizehnjähriger mit seinem eigenen VW Käfer auf Privatgrund das Fahren geübt, da mußte er noch von Pölstern auf dem Sitz in Position gehalten werden.

Musil blieb im Herzen und in mancher Praxis immer Handwerker, maturierte aber 1978 und studierte KFZ-Bau. Seine Berufslaufbahn begann in Steyr, wo er mit dem M1-Motor von BMW befaßt war und sich mit Testläufen beschäftigte. Das führte ihn laufen nach Graz, einerseits an die Technische Universität, andrerseits zu AVL List.

Rechenschieber-Ingenieure und die Folgen#

Sie ahnen, wo das hinweist? Musil wechselte 1985 zu den Puchwerken nach Graz. Das bedeutet, er durchlief in der Praxis jene Jahre, in denen erst noch die „Rechenschieber-Ingenieure“ am Werk waren. Mit dem Aufkommen programmierbarer Taschenrechner kündigte sich die Digitale Revolution an.

Da wurde erst noch Rechenzeit für aufwendigere Arbeiten in Rechenzentren gebucht. Dann setzten sich Person Computers durch, die in den 1980ern als „Mikrocomputer“ galten. Ab dem Anfang der 1990er war Österreich über das Protokoll TCP/IP in das neue Internet eingebunden. Das Netz der Netze veränderte viele Branchen nach und nach.

Die Verknüpfungen: Eberhard Schrempf, Leiter CIS.
Die Verknüpfungen: Eberhard Schrempf, Leiter CIS.
Fotograf Richard Mayr (links) und Informatiker Hermann Maurer.
Fotograf Richard Mayr (links) und Informatiker Hermann Maurer.

Was Musil demnach erlebt und bearbeitet hat, mündete in diese Vierte Industrielle Revolution mit ihren selbstlernenden Systemen, einem „Internet der Dinge“, also einer Vernetzung von Gegenständen, die eigenständig miteinander kommunizieren, etc. Musil war es übrigens, der mich vor vielen Jahren mit Altmeister Fredi Thaler bekannt gemacht hat, was mir wichtige Türen zu jenem Kreis der Puchianer geöffnet hat, die entwickelt, erprobt und verbessert haben, was heute Teil der Youngtimer-Szene ist.

Big Picture#

Das manifestiert sich exemplarisch in diesen 50 Jahren von den ersten Prototypen des Puch G zur aktuellen G-Klasse. Darin bildet sich genau dieser Prozeß ab, der Weg in die Vierte Industrielle Revolution. Was also Polaniy „The Great Transformation“ nannte, erscheint mir nun als „The Great Transition“, weil die verändernden Technologieschübe auch sehr konkret in unser aller Alltagsleben angekommen sind.

Die Steiermark hat in all dem mehrere Generationen inspirierter Menschen aufgeboten, die das mitgestalten konnten. Seit Erzherzog Johann von Österreich Großbritannien bereist und erkundet hat, seit Nikola Tesla an der Grazer TU studiert hat, seit Edison in den 1880er Jahren New York elektrifiziert hat, was Franz Pichler spätestens ab 1905 mit der Oststeiermark gelang, finden wir eine ganze Serie von Schnittpunkten, die eine Feststellung nahelegen: Weltgeschichte berührt Regionalgeschichte.

  • Ende des 18. Jahrhunderts: Optimierung der Dampfmaschine
  • Ende des 19. Jahrhunderts: Elektrifizierung der Welt
  • Ende des 20. Jahrhunderts: Start in die Vierte Industrielle Revolution
  • Und nun?
Alte Meister: Fredi Thaler (links) und Manfred Haslinger an einem Haflinger-Chassis.
Alte Meister: Fredi Thaler (links) und Manfred Haslinger an einem Haflinger-Chassis.
Junger Handwerker: Franz Unger, Automatisierungstechniker.
Junger Handwerker: Franz Unger, Automatisierungstechniker.

Ich bin dabei der Fragende. Werner Musil ist in diese Geschichte nach den alten Meistern eingestiegen. Ich meine Männer wie Mechaniker Fredi Thaler, Ingenieur Manfred Haslinger oder Spengler Walter Pillich.

Ich seh mich dazu nun auch nach den jungen Kräften um, wie zum Beispiel den gelernten Betriebselektriker Franz Unger. Der sagt: „Ich bin seit fast acht Jahren Automatisierungstechniker. Ein SPS Programmierer im Sondermachinenbau. Da hab ich von der Automobilindustrie über Apfelbauern bis hin zur Pharmaindustrie international zu tun.“ Das reicht bei ihm bis in die USA, nach Japan und nach Indien. Nein, ohne Handfertigkeit und handwerkliche Kompetenzen läuft das nicht.

Simulationswelten#

Die Meta-Ebene nicht zu vergessen. So hatte ich – gemeinsam mit Fotograf Richard Mayr – eben ein erstes Gespräch mit Eberhard Schrempf. Er leitet die Creative Industries Styria, wo eine Menge der Fragen bearbeitet werden, die mich grade umtreiben. In seiner Zuständigkeit werden sehr verschiedene Ebenen der Entwicklung von Technik und Wirtschaft verknüpft.

Apropos Meta-Ebene. Was genau sind in diesem Zusammenhang nun die Simulationswelten zu den Vorgängen im Raum realer sozialer Begegnungen? Das sind zum Teil ja Räume, in denen sich die jungen selbstlernenden Systeme eingerichtet haben. Wir haben im Anschluß an das Gespräch mit Eberhard Schrempf gleich auf Gulasch und Bier zu TU Emeritus Hermann Maurer geschaut, um nächste Schritte zu bereden.

In unserer Zeitrechnung beginnt die Puch G-Story schon 1974 mit dem Prototyp H2 („Haflinger zwo“), wie eines der Fotos aus dem Archiv von Markus Rudolf belegt.
In unserer Zeitrechnung beginnt die Puch G-Story schon 1974 mit dem Prototyp H2 („Haflinger zwo“), wie eines der Fotos aus dem Archiv von Markus Rudolf belegt.

Informatiker Maurer ist mit dem Thema vertraut, seit er in den 1950ern zu einem Team von Heinz Zemanek gehört hat. Computerpionier Zemanek war für die Entwicklung des „Mailüfterl“ verantwortlich. Das ist der erste volltransistorisierte Computer auf dem europäischen Festland; genauer: ein binär dezimaler Volltransistor-Rechenautomat.

Ich habe in unserem „Archipel Gleisdorf“ nun ganz verschiedene Genres verknüpft, übrigens auch auf dem Kunstfeld, wo gleichermaßen zu fragen ist: „Was begegnet uns auf der Höhe der Zeit? Womit haben wir es da zu tun?“

Ich überlasse es anderen Leuten, jetzt schon wissen zu wollen, was das alles ist und wohin es uns führt. Wir aber haben zu tun, um erst einmal das zu absolvieren, was auch als Ausgangspunkt von Philosophie gilt: staunen und fragen.