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Der Handwerker und der Musiker: Franz Lukas (links) und Luis Siegl aka Teglich Alois
Der Handwerker und der Musiker: Franz Lukas (links) und Luis Siegl aka Teglich Alois

Protokoll #17: Schnittstellen der Poiesis#

(Archipel Gleisdorf)#

von Martin Krusche

Der Titel dieses Protokolls mag auf Anhieb irritieren, weil er in unserer laufenden Arbeit aus einem Stück der Geschichtsbetrachtung hergeleitet wurde. Ich habe in der Folge diese Themenstellung formuliert: „Poiesis in der Kunst und im Mechanischen.“

Kurz gefaßt: In der Antike stand der Begriff Poiesis für das Herstellen von etwas, das es vorher nicht gegeben hat; im Kontrast zur Praxis, die das Erledigen von Aufgaben betrifft. Dazu kommt, daß die Antike einen gemeinsamen Begriff für Kunst, Handwerk und Wissenschaft kannte: „Téchne“.

Natürlich hat sich das alles bis heute stark ausdifferenziert, aber die Metiers haben immer noch gemeinsame Quellen und allerhand Berührungspunkte. Sie sehen auf dem ersten Foto dieses Protokolls links den Handwerker Franz Lukas neben dem Künstler Luis Siegl aka Teglich Alois. Wir haben da gerade diese Aspekte der Schnittstellen erörtert.

Wenn Lukas Dinge wartet, etwa um Gebrauchsspuren zu beseitigen, oder durch Verschleiß entstandene Schäden zu beheben, dann ist das Praxis. Wenn er aber für einen mechanischen Vorgang, für eine physische Funktion, eine neue Lösung findet, die effizienter als das vorangegangene Konzept ist, dann haben wir von Poisesis zu reden.

Lukas erzählte über seine Lehrzeit als Handwerker, wie stark der Modus „Das haben wir immer so gemacht“ Gewicht hatte. Wenn er damals überlegte: „Wie könne es leichter gehen“, mußte er mit Widerständen rechnen.

Künstler Luis Siegl (links) und Fotograf Richard Mayr
Künstler Luis Siegl (links) und Fotograf Richard Mayr

Da ist nun nicht schwer zu erraten, welche Entsprechungen solcher Momente wir im Kunstbereich finden. Erstens unterscheiden wir zwischen dem Schaffensprozeß und der Aufführung, Präsentation, Ausstellung = Poiesis/Praxis. Zweitens kennen wir jene, die wir Epigonen nennen.

Sie liefern eventuell durchaus solide künstlerische Arbeit, sind aber nicht geneigt, Neuland zu suchen. Sie reproduzieren überlieferte und etablierte Formen, statt sich der Irritation auszusetzen und Wege hinter den nächsten Horizont zu suchen.

Es war ein inhaltlich sehr dichte Session im Haus von Fotograf Richard Mayr, der Teil dieses Prozesses ist, in dem wir für den „Archipel Gleisdorf“ derzeit ein inhaltliches Fundament schaffen. Nachdem wir jetzt schon einige gemeinsame Projektschritte getan haben, ist auch in dieser Kombination etwas Grundlegendes deutlich geworden.

Ich bin bei uns als Duo der Grübler, der sich die Welt ganz wesentlich über Lektüre erschlossen hat, über medial vermittelte Inhalte. Meine gehabten Reisetätigkeiten sind – verglichen mit Mayrs Spuren rund um den Globus – gering. Mayr ist der Reisende, der sich die Welt an vielen Plätzen vor Ort angesehen hat, wovon sein fotografische Oeuvre erzählt.

Sie können nun in all dem die verschiedenen Positionen gegeneinander ausspielen. Oder es läßt sich in einer Anbahnung synergetischer Effekte erst einmal das bearbeiten: Was uns unterscheidet, womöglich trennt, wissen wir schnell. Das ist eine ganz leichte Übung. Aber was teilen wir, was verbindet uns womöglich?