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Franz Anton Maulbertsch - außergewöhnlicher Freskant des ausklingenden Barock in Österreich#

Von Ernst Lanz

Franz Anton Maulbertsch. Künstlerbildnis (sogenanntes Selbstbildnis). Öl auf Leinwand, 119 x 93 cm, etwa 1767
Franz Anton Maulbertsch. Künstlerbildnis (sogenanntes Selbstbildnis). Öl auf Leinwand, 119 x 93 cm, etwa 1767; Belvedere, Wien - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Eher wird das Porträt links unten der Künstler sein?
Franz Anton Maulbertsch kam im baden-württembergischen Langenargen – am Bodensee – zur Welt. Damals zählte es zu Vorderösterreich. Bekannt ist nur das Taufdatum: 7. Juni 1724. Der Vater hieß Anton Maulbertsch (1684-1748) und arbeitete als Maler und Vergolder. Die Mutter Maria Anna Motter (1697-1779) entstammte einer etablierten Ravensburger Handwerkerfamilie.
Franz Anton Maulbertschs vier Jahre jüngerer Bruder Franz Xaver (um 1728-1764) war katholischer Pfarrer in Wien.
Er war zweimal verheiratet gewesen; aus der zweiten Ehe stammten zwei Söhne, die noch jung starben.
Der Name Maulbertsch könnte seine Ursprünge im Französischen haben ("Maulbert" oder "Maubert")? Die Schreibweise und Aussprache "Molbertsch" oder "Molbartsch" war im Barock auch bekannt.
Graf Ernst von Montfort (Salzburg 1700-1758 Langenargen), regierender Graf zu Tettnang und Langenargen, ein schwäbischer Mäzen von Kunst und Musik, erkannte das Talent des jungen Maulbertsch, und empfahl ihm die Aufnahme an einer Kunstakademie.
Graf Ernst von Montfort dürfte das Talent des jungen Maulbertsch erkannt haben, porträtiert von Joseph Esperlin
Graf Ernst von Montfort dürfte das Talent des jungen Maulbertsch erkannt haben, porträtiert von Joseph Esperlin - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Franz Anton Maulbertsch dürfte bei seinem Vater die ersten wichtigsten künstlerischen Erfahrungen gesammelt haben. Seit 1739 lebte er in Wien und wohnte beim Antwerpener Maler und Architekten Peter van Roy (ca. 1660-1738) - oder war es Ludwig van Roy? Dieser dürfte dem angehenden 15jährigen Künstler ebenfalls Erfahrungswerte vermittelt haben. Wo Roy in Wien beschäftigt war, bleibt unklar. (Angeblich im Batthyány/Schönborn-Palais (zumindest Entwürfe vor 1738, Innengestaltung der Festräume 1742) in der Renngasse 4.)

Jacob van Schuppen. Selbstporträt, 1. H. 18. Jh. Direktor der von ihm neubegründeten Akademie der bildenden Künste
Jacob van Schuppen. Selbstporträt, 1. H. 18. Jh. Direktor der von ihm neubegründeten Akademie der bildenden Künste - Foto; Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Dann studierte Maulbertsch unter Jacob van Schuppen an der Strudeischen Akademie ("K.k. Hofakademie der Maler, Bildhauer und Baukunst", eine der ältesten Kunstakademien in Europa) in Wien (1739 bis 1741). Zeitweise dürfte er in Süddeutschland tätig gewesen sein und um 1749 lernte er wieder in Wien. Bei einem in der Akademie ausgetragenen Malerwettbewerb gewann der junge Künstler den 1. Preis (1750).
Werke italienischer Meister und sogar die eines Rembrandts (Kupferstiche) verschafften ihm Inspiration. Weil er als „allzu kühner Geist“ galt, wurde ihm eine Professur an der Akademie vorenthalten (1752). Fast zwei Jahrzehnte später wurde er zum Rat der Akademie ernannt (1770). Als solcher musste er die Wettbewerbsaufgaben entwerfen.
Seit Ende der 1750er Jahre war Maulbertsch bereits Mitglied der Akademie der bildenden Künste.
Im Weinviertler Schloss Kirchstetten (Niederösterreich) schuf er ein bedeutendes Jugendwerk: Das Fresko Der Triumph der Wahrheit über die Zeit (1750-52; "Fest-Maulbertsch-Saal").
Die fünf Gewölbefresken in der Piaristenkirche Maria Treu in Wien-Josefstadt (Aufnahme Mariens in den Himmel und Szenen aus dem Alten und Neuen Testament) gelten als sein erstes Hauptwerk. Die Figuren drapierte der Meister in umherschwirrende Gruppen und umrankt von Wolken und Architektur. Darin dominiert das Spiel mit Licht und Farbe. Ganz anders als bei den "konservativen" Daniel Gran und frühen Paul Troger.
Das Hochaltarblatt in der gleichen Kirche, das Maulbertsch 1755/56 geschaffen hatte, gilt als verschollen.
In den 1750er und 1760er Jahren arbeitete Maulbertsch hauptsächlich in Ungarn und im Osten Österreichs.
Das hatte seine Ursache. Die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Osmanen hinterließen eine Spur der Zerstörung. Wiederaufbau war angesagt. Die ungarischen Magnaten wollten es Wien gleichtun und ebenfalls exzellente Kunstobjekte in Stein und Farbe hochziehen. Kein Zufall also, dass in der Residenzstadt Wien nicht wenige ungarische Adelspaläste gab. Und hervorragende Künstler waren immer begehrt.
In Schwechat schuf er 1764 in der Pfarrkirche Deckenfresken (im Zweiten Weltkrieg zerstört).
Für den Ratssaal der damaligen Ungarischen Hofkanzlei in Wien-Innere Stadt (Bankgasse 1, malte er das Deckenfresko Stiftung des Stephansordens durch Maria Theresia ([1768] 1766-1769). Sein Auftraggeber hieß Graf Ernst von Esterházy. Heute ist dieser Raum das Arbeitszimmer des ungarischen Botschafters.
Von 1767 an verwirklichte er wieder Aufträge in Wien.
Kuppelgewölbe des Prunksaals der ehemaligen Hofbibliothek Wien - Name des Restaurators
Kuppelgewölbe des Prunksaals der ehemaligen Hofbibliothek Wien - Name des Restaurators - Vergrößerter Ausschnitt aus Foto: Politikaner, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Bis 1769 restaurierte Maulbertsch die imposanten Fresken Daniel Grans im Prunksaal der ehemaligen Hofbibliothek (im Kuppelgewölbe Name: A. MAVLBERTSCH. PICTVRAM. REFECIT. MDCCLXIX.) Es war die Epoche Maria Theresias und ihres Sohnes Josephs II. Damals wollte man sich an den altgewohnten Stil - heute als Barock bekannt - weiter sattsehen, wenn auch im Sinn des Rokoko die Symmetrie nicht mehr gefragt war.
Es war auch das Zeitalter der Aufklärung, das auch im Habsburg-Reich Österreich-Ungarn seine Spuren hinterlassen hatte.
Allerdings näherte er sich dem klassischen Zeitgeist an.
1772 wurde Maulbertsch zum kaiserlichen Kammermaler erhöht. Noch im gleichen Jahr erhielt er seinen letzten großen höfischen Auftrag: In der Innsbrucker Hofburg schuf im dortigen Riesensaal er ein Großfresko, das die Vereinigung der Häuser Habsburg und Lothringen zum offiziellen Haus Habsburg-Lothringen zeigt. Die klassischen Momente stehen im Vordergrund. Offenbar beeinflusst durch den Programmverfasser Joseph von Sperges, einem vielseitig versierten österreichischen Diplomaten aus Tirol. Obendrein war dieser auch der Herausgeber der Schriften des Kunstschriftstellers Winckelmann.
Joseph von Sperges, geboren in Tirol, war ein österreichischer Diplomat und Gelehrter
Joseph von Sperges, geboren in Tirol, war ein österreichischer Diplomat und Gelehrter. Kupferstich, 1780 - Foto: Ebay Angebot, Wikimedia Commons - Gemeinfrei - Sperges entwarf das inhaltliche Programm des Deckenfresko im Riesensaal der Hofburg zu Innsbruck

Jedenfalls verdiente er als Freskant, und als Kunsterzieher in der Akademie so gut, sodass er sich im März 1777 in Wien-Josefstadt ein zweistöckiges Wohnhaus erwerben konnte. Es wurde von Johann und Agnes Mandl erbaut (1772/1773), und zwar mit zu dieser Zeit üblichen josephinischem Plattendekor (1906 abgetragen).
In seinem Spätwerk so etwa um 1780 beeinflusste ihn die Machart Rembrandts.
Eigenartig, dass die private Tragödie eines Rembrandts sich auch bei Maulbertsch sozusagen fortsetzte. Er verwitwete und seine beiden Söhne aus der 1780 geschlossenen zweiten Ehe starben sehr früh. Auffallend die lange über Jahre erstreckende Pause bis zu einem neuen Großauftrag. Es war die dramatische Zeit der Klosteraufhebungen im Sinne Josephs II., wodurch für Maulbertsch wichtige Auftraggeber wegfielen.
Unter Umständen drückte sich das auch stilistisch in seinem Werk aus, das doch zwar impressionistische Züge enthielt und dessen ungeachtet über die Farbigkeit eine versteckte Düsternis verströmte.

Kupferstecher und Maler sowie Direktor der Kunstakademie, Jacob Matthias Schmutzer, vor 1805
Kupferstecher und Maler sowie Direktor der Kunstakademie, Jacob Matthias Schmutzer. Kupferstich, vor 1805 - Er war der Schwiegervater Maulbertschs

Die Zahl der Aufträge in den 1780er Jahren ließ nach.
In den Jahren von 1780 bis 1782 arbeitete Maulbertsch im Auftrag des generösen Bischofs Károly Esterházy de Galantha am Deckenfresko der St. Stephanskirche in Pápa (Komitat Veszprém). Als er fertig damit war, mussten noch bis 1795 (Weihedatum) die restlichen Bauarbeiten abgeschlossen werden.Fast zeitgleich realisierte für die Kathedrale von Györ (Raab) ebenfalls Deckenfresken und ein Altarbild (1781). Und in Szombathely, das nahe bei Österreich liegt, stattete er den Bischofs-Palast ebenfalls mit einem Deckenfresko aus (1782).
1794 schuf er sein letztes Deckenfresko im Prämonstratenser-Kloster Strahov in Prag. Auf der Decke im Philosophischen Saal der Klosterbibliothek schuf er Der Kampf der Menschheit um die Erkenntnis wahrer Weisheit.
Maulbertsch schuf 24 nachweisbare Fresken und 90 Altarbilder (lt. Garas). Für einen Auftrag (Fresko) erhielt im Schnitt zwoschen 2.000 und 3000 Rheinische Gulden. Er beschäftigte drei bis vier Gehilfen und sie erhielten kaum genug Honorar.
Maulbertsch konnte seinen anfänglichen kraftvollen Stil der Radikalität - in Farbe und Form - nicht durchhalten, vermutlich weil seine Auftraggeber Althergebrachtes von ihm abverlangten, und setzte mit klassischen Ausdrucksformen eindeutige Akzente. Dennoch ließ der Künstler seinen innersten Intentionen freien Lauf und schuf zeitübergreifendes. Der Meister der Moderne, Oskar Kokoschka (1886-1980) zählte Maulbertsch zu seinen Vorbildern.
Franz Anton Maulbertsch gehörte zu den letzten genialen Malern des endenden Barock - neben dem Kremser Schmidt (1718-1801) - und beginnenden Klassizismus. Im Grunde genommen gehörte er keiner Stilrichtung an und steht damit allein in der Kunstgeschichte. Er starb am 8. August 1796 in Wien. Begraben am (alten) Neulerchenfelder Friedhof. Im Nachlass befanden sich 4846 Gulden und 30 Groschen (wohl € 200000.--?), und das wurde von seiner Witwe vergeudet.
Obwohl Maulbertsch als Maler im 19. Jahrhundert als vergessen galt,[1] wurde er in den 1960er Jahren als genialer Freskant wieder entdeckt.



Bildteil#


Anmerkung
[1] Im Oeuvre von F. A. Maulbertsch gibt es Extremfälle, was die Standortfrage mancher mobiler Altarbilder gibt. In der Michaelerkirche (auch als Künstlerpfarre bekannt) wurde in der sogenannten Krippenkapelle ein kleines Altarbild 1824(!) gegen ein bemerkenswertes Maulbertschgemälde ersetzt: Anbetung des Kindes (zwischen 1750 und 1775). Also hat man im 19. Jahrhundert doch gewusst, was für qualitätvoller Künstler Maulbertsch war. Jedoch die österreichische Mentalität war schon immer eine schwierige ...
Quellen und Literatur (Auswahl)