THE EAGLE HAS LANDED! Vor 50 Jahren betraten Menschen erstmals unseren Erdtrabanten
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Von Ernst Zentner
1961 kündigte US-Präsident John F. Kennedy an, einen Menschen zum Mond und zurückzubringen. Der Wettlauf mit der UdSSR um die Vorherrschaft im All hatte begonnen. Dazu kam der eskalierte Vietnamkrieg und Einmarsch der Warschauer Pakt-Truppen in die CSSR.
Bis endlich ein Raumfahrzeug, das zum Mond fliegen, entworfen und konstruiert werden konnte, war ein langer Weg. Gemini umkreiste bemannt unsere Erde. Forschungssatelliten erforschten den Mond. Auch katastrophale Rückschläge musste die NASA (gegr. 1958) einstecken. Das gleiche galt auch für die mehr oder weniger erfolgreiche sowjetische Raumfahrt. Milliarden an Dollar kostete das Apollo-Programm. Der amerikanisch-deutsche Physiker Wernher von Braun (gest. 1977) leitete das Vorhaben. Im Juli 1969 war es endlich soweit. In Cape Canaveral startete am 16. Juli eine mächtige Saturn-5-Rakete mit Kommandant Neil Armstrong (1930-2012), Michael Collins und Buzz Aldrin jr. (alle geb. 1930) in Richtung unseres Trabanten. Drei Tage später erreichten sie Luna, wo Armstrong und Aldrin mit der Mondfähre "Eagle" auf dem Mondboden aufsetzten. Armstrong meldete am 21. Juli 1969 (um 02:56:20 UTC): "Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed!" Später betrat er als erster Erdenmensch den Mond: "That’s one small step for〈a〉man, one giant leap for mankind!" Die US-Flagge wurde gehisst. Triumph brauste in Houston und auf der gesamten Erde auf. Die erste TV-Live-Sendung wurde von über 528 Millionen Menschen gesehen. Am Landefuß der Fähre befand sich eine Gedenkplakette mit den Namen der drei Astronauten und des US-Präsidenten sowie eine graphische Darstellung der Erdoberflächen: "HERE MEN FROM THE PLANET EARTH / FIRST SET FOOT UPON THE MOON / JULY 1969, A. D. / WE CAME IN PEACE FOR ALL MANKIND".
Mondgestein wurde eingesammelt und ein Mondbebengerät aufgestellt. Zweieinhalb Stunden dauerte der Aufenthalt in der Lunawelt. Das obere Modul der Fähre wurde gestartet und dockte an das Mutterschiff "Columbia" an. Drei Tage später wasserte die Kapsel im Pazifik, wo die Raumfahrer auf den Flugzeugträger "Hornet" umstiegen. US-Präsident Nixon hieß sie stellvertretend für die Erde Willkommen.
Das imposanteste Ereignis der Welt- und Technikgeschichte war vollzogen.
Wernher von Braun, Juli 1969: "Der Homo sapiens des 20. Jahrhunderts, der mit der ersten Landung auf dem Mond eine Evolution herbeigeführt hat, die mit dem Zug des Lebens vom Wasser auf das Festland verglichen wurde, hat gegenüber den primitiven Lebewesen der Urzeit den Vorteil seines hoch entwickelten Verstandes und seiner technischen und wissenschaftlichen Hilfsmittel. Er konnte in einer Dekade einen Entwicklungsprozess vollziehen, was in den historischen Entwicklungsprozessen der Natur Millionen von Jahren erforderte. In seiner neuen Anpassungsfähigkeit an äußere Lebensbedingungen, für die er nicht geschaffen wurde, ist der Mensch nunmehr in der Lage, sein Tätigkeitsgebiet auch auf andere Himmelskörper auszudehnen." (vgl. Mondpichler)
Seither ereigneten sich sechs weitere Apollo-Missionen bis Ende 1972. Danach brachten Shuttles Satelliten und Raumstationen in den Orbit. Die Erforschung des Weltraums geht weiter. Irgendwann wird der Mars von Menschen erkundet und auf außerirdisches Wirken untersucht. Die Suche nach wichtigen Rohstoffquellen wird vorrangigstes Ziel sein. Angesichts der Unreife des Menschen (Kriege, gesellschaftliche Missstände, Umweltbelastungen) überhaupt, stellt sich die Frage, ob Menschen überhaupt in das All vorstoßen sollen.
Nahezu 600 Millionen Menschen aus 49 Ländern der Erde verfolgten via TV die erste Landung eines irdischen Raumschiffs auf dem Mond. Ebenso in Österreich, wo seit 5. Februar 1968 der 1.000.000ste TV-Teilnehmer registriert wurde. Der ORF brachte erstmals vom 20. zum 21. Juli 1969 die längste TV-Sendung (28 Stunden und 28 Minuten) in seiner Geschichte zustande. (Eine noch längere Berichterstattung fand mit dem 9/11 2001 mit 43 Stunden statt!). Eigentlich war das "Apollo 11"-Unternehmen das erste globale Fernsehereignis zur Prime Time.
Wie waren die Reaktionen in Österreich? Nicht viel anders. Viele Interessierte versammelten sich vor den Fernsehapparaten - damals noch Glasröhrenbildschirme - und verfolgten gebannt. In Wien nahm das Volksfestcharakter an. Es war der "Mond-Tag". Besonders Am Hof hatte eine Getränkefirma ein Zelt aufgestellt. Am Montag feierte man das Luna-Abenteuer mit Beat- und Heurigenmusik, dazu gab es eine 150 Kilogramm schwere "Mondtorte" (Biskuit, Marzipanüberguss als Mondoberfläche). Ein Conférencier machte Scherze. (Pop-Art- und Performancekünstlerin und) Malerin Kiki Kogelnik (1935-1997) stellte in der "Galerie nächst St. Stephan" ("Moonhappening Apollo 11") ihre aktuellsten Eindrücke als "Astronauten Siebdrucke", genannt "Mondseriegraphien" vor. Die noch druckfrischen Produkte konnten vor Ort gleich käuflich erworben werden. Sie schuf 500 "mondthematischen" Siebdrucke.
Zeitgenossen behaupteten, die Hörfunkberichterstattung mit den Live-Kommentare der Astronauten mit der Bodenkontrolle sei besser gewesen als die TV-Sendung des ORF.
Wer konnte saß in der Nacht vor dem Radio oder vor dem Bildschirm. Firmenleitungen zeigten sich (übermüdeten) Mondlandung-Interessierten tolerant bis intolerant. In Werkstätten und Büros dominierten überall Radios, damit auch die neuesten Meldungen vom Mond abgehört werden können. In den Kaffeehäusern war wegen der eingeschalteten Fernsehgeräte kein Platz mehr vorhanden. Vor Schaufenstern mit Fernsehgeräte standen zahlreiche Passanten.
Ein international anerkannter Weltraummediziner, der HNO-Arzt Dr. Herbert Pichler (1921-2018) kommentierte im ORF 28 Stunden und 28 Minuten lang und wurde zum TV-Star. Er verstand es die trockene Materie publikumswirksam zu vermitteln. Er bekam den liebevollen Beinamen "Mondpichler" und verfasste ein Buch "Die Mondlandung. Der Menschheit grösstes Abenteuer". Wien 1969; das Vorwort hatte Wernher von Braun geschrieben. Seine Fachkollegen nannten ihn sogar „Hals-NASA-Ohren-Arzt“!
Dr. Pichler berichtete in seinen Erinnerungen, dass in einem Fall einer verunfallten Mondlandung keine Rettung für die Astronauten gegeben hätte. Ein Start einer zweiten Saturn V-Trägerrakete war nicht geplant gewesen.
Im Grunde genommen war die "Erste Mondlandung" eine gelungene NASA-Show. Weil es den berühmten SF-Film „2001: A Space Odyssey“ (GB/USA 1968) von Stanley Kubrick gab - mit realistisch wirkenden Szenen auf der Mondoberfläche -, blieben Spekulationen über ein gigantisches Fake nicht aus. Kritiker meinen, das Ganze sei in einem Filmstudio um teures Geld inszeniert worden. 2012 zeigte die NASA von der Mond-Aufklärungssonde "Lunar Reconnaissance Orbiter" (LRO) aufgenommene hochauflösende Mondfotos, auf denen die Reste der Raumfahrtzeuge der Apollo-Missionen aus 50 Meter Höhe zu sehen sind. Aber die Verschwörungstheorien geistern noch immer …
Was inzwischen längst dem globalen Gedächtnis entfallen ist, war die Tatsache, dass die UdSSR ein eigenes Mond-Raumfahrtprogramm betrieben hatte. Die (unbemannte) Mond-Sonde "Luna 15" startete ganz kurz vor der "Apollo 11"-Mission und stürzte einen Tag nach der amerikanischen Erstlandung ab. Ihr Ziel vor den Nordamerikanern Mondproben zur Erde zu bringen, war damit gescheitert. Erst 1970 gelang mit "Luna 16" als erste sowjetische Mission die Mitbringung von Mondgestein.
Copyright Ernst Zentner 2018-2019
- ORF-Übertragung der Mondlandung Nur 19:05 Minuten (!) haben sich im ORF-Archiv erhalten.
Siehe auch
Die erste Umkreisung des Mondes durch Apollo 8 vor 50 Jahren (Dezember 2018)
Geschichte der Raumfahrt. Von den Anfängen bis zur Gegenwart (Essay)
Nach dem Mond wurden weitere hochgesteckte Ziele im eigenen Sonnensystem anvisiert. Besonders unser 56 Millionen entfernter roter Nachbar, der Planet Mars wird als erklärtes Ziel angesehen. Seit über 40 Jahren wurde der Mars mit unbemannte Raumsonden und spezielle Roboter erforscht. All das, um Vorbereitungen für eine - kostspielige und technisch aufwendige - Marsmission zu tätigen. Nach den Vorstellungen der NASA-Experten könnte eine Reise mit einem bemannten Raumschiff zum Mars irgendwann zwischen 2025 und 2030 angetreten werden. - Ernst Zentner