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Gebärde#

Gebaerde

Gebärden (Gesten) finden sich in Rechtsbräuchen, kirchlichem Kult und Magie. Sie sind zeitlich, räumlich, sozial und individuell verschieden. Dadurch kann die nonverbale Kommunikation für Insider zur Geheimsprache werden. 

Der mittelalterliche Kommunikationsstil war ein demonstrativ-gestischer, bei dem mehr gezeigt als geredet wurde. Die öffentliche Kommunikation bestand aus einer unablässigen Folge ritueller Verhaltensweisen. Der deutsche Historiker Gerd Althoff nennt die drei Bereiche: Zustimmung, Ablehnung und Bitten. Das durch die Teilnahme an Bräuchen zum Ausdruck gebrachte Einverständnis beinhaltete eine Verpflichtung für die Zukunft. Dadurch ergab sich ein beträchtlicher Zwang zum Mitmachen.

Im Zeitalter des Smartphones finden Zeichnungen von Gebärden weite Verbreitung. Bekannt ist der Daumen von Facebook, eine Gebärde, die im alten Rom über Leben und Tod von Gladiatoren entschied. Unter den Emojis - Symbolen, die Emotionen ausdrücken - sollen sich die alten Gebärden der ausgestreckte Mittelfinger ("Stinkefinger") und die Heavy Metal Hand (ausgestreckter kleiner und Zeigefinger, mano cornuta "gehörnte Hand" als vulgäres Symbol in der Antike, Teufelshörner) angeblich besonderer Beliebtheit erfreuen.

Die Österreichische Gebärdensprache steht seit 2013 auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes Sie bildet das soziale und kulturelle Fundament der österreichischen Gebärdensprachgemeinschaft, ist die Muttersprache gehörloser Menschen in Österreich und somit ein wesentlicher Teil ihrer Identität. Seit 2005 ist sie als eigene Sprache anerkannt.

Leopold Schmidt (1912-1981) hat sich in seiner Abhandlung "Brauch ohne Glaube" mit den öffentlichen Bildgebärden im 20. Jahrhundert beschäftigt, wie der Illumination des "Christbaums für alle", Eröffnungszeremonien, Grundsteinlegungen, Schlüsselübergaben, Schiffstaufen oder Sportereignissen. Diese spielen sich - dank der Massenmedien - im Blickfeld einer größeren Öffentlichkeit ab als je zuvor. Dabei konnte man auf seit längerem bekannte Rituale zurückgreifen, doch sei aus manchem "eine ziemlich leere Geste geworden".


Quellen: 
Gerd Althoff: Gefühle in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters. In: Emotionalität. Zur Geschichte der Gefühle. (Hg. Claudia Benthien, Anne Fleig, Ingrid Kasten). Köln 2000. S. 82-99
Leopold Schmidt: Brauch ohne Glaube. In: Ethnologia Bavarica Heft 5 Würzburg 1977
Tageszeitungen "Österreich" und "Heute" vom 23.10.2015

Bild: 
Blumengruß als Gebärde der Verehrung. Postkarte 19. Jahrhundert. Gemeinfrei