Gutswirtschaft, adelige#
Adelige Grundherrschaft bedeutete Verfügungsgewalt über den Boden, freie und unfreie Leute. Der Boden konnte auf verschiedene Weise bebaut werden. Durch Unfreie auf dem Herrenhof (servi indominicati), Unfreie, die auf eigenen Höfen lebten und arbeiteten, aber zur Arbeitsleistung herangezogen wurden (behauste Unfreie) oder Freie, die der Gutsherr mit Boden ausgestattet hatte.
Meierhöfe
Bis in das 12. Jahrhundert herrschte die Meierhofwirtschaft vor. Das in Eigenregie mit Unfreien bewirtschaftete Herrenland (Salland, Dominikalland) diente überwiegend dem Anbau von Getreide. Wenn diese Wirtschaftsform auch an Bedeutung verlor, spielte sie doch weiterhin eine Rolle. 1542 gab es im Gebiet der heutigen Steiermark 203 herrschaftliche Meierhöfe, deren Zahl bis ins 17. Jahrhundert auf 563 anstieg. Die Arbeit war nur zu bewältigen, indem man Untertanen steigende Robotleistungen (in der Steiermark täglich) aufbürdete.
Im niederösterreichischen Marchfeld besaßen die Habsburger ein Dutzend Familiengüter mit 7000 ha Grundfläche. Verwaltungsmittelpunkt war Schloss Orth an der Donau. Als Prinz Eugen in den späten 1720er Jahren Schlosshof im Marchfeld als repräsentativen Landsitz anlegen ließ, umfasste der Besitz auch landwirtschaftliche Nutzflächen, Stallungen, Wohnhäuser und Werkstätten. Mit dem Umbau der Wirtschaftsgebäude beauftragte er, wie für die Gestaltung des Schlosses, den Star-Architekten Lukas von Hildebrandt. Heute zählt sein Meierhof-Ensemble zu den größten barocken Anlagen dieser Art in Europa.
Die Meierhöfe in adeligem Besitz waren eine eigene Welt abseits der Dörfer. Höfler und Dörfler hatten kaum miteinander zu tun. Neben den Hofleuten waren Saisonarbeiter tätig. In Loimersdorf (Niederösterreich) waren es im 19. Jahrhundert 120-150 ständige Landarbeiter und 60-80 Saisonarbeiter. Die Burschen und Mädchen wurden in der Slowakei von einem Partieführern (Gazda) angeworben, die während des Aufenthalts von März bis November als Aufseher agierte. Die Deputatlebensmittel wurden von seiner Frau zur Verpflegung der Partie verkocht. Man hört, dass manche dabei für die eigene Tasche "sparsam" waren. Die gemeinschaftliche Unterbringung wird als "elend" beschrieben. Die das ganze Jahr über anwesenden Herrschaftsknechte (Biresch) rekrutierten sich aus bewährten Saisonarbeitern oder hatten ihren Beruf von den Eltern übernommen. Die Unterkünfte der Meierhofarbeiter befanden sich in einiger Entfernung vom Dorf. Helmut Fielhauer beschrieb das "einstige ebenerdige Hofleute-Wohnhaus", bei dem "zwei Fenstern eine Eingangstüre folgt, womit sich gewöhnlich 4-6 Küche-Zimmer-Wohnungen aneinanderreihen." Dieses "kasernenartige Grundkonzept des Landarbeiterwohnhauses" sieht er als typisches Vorbild für Arbeiterhäuser kleinerer Industrieanlagen des 19. Jahrhunderts an.
Teichwirtschaft
Die Teichwirtschaft für die Karpfenzucht war im Waldviertel - wo sich noch immer 1000 Fischteiche aller Größen befinden - von großer Bedeutung. Die Gegend bot, ebenso wie die böhmischen Gebiete, optimale Voraussetzungen: große unbewirtschaftete Flächen und Wasserläufe (Thaya). Durch die Anlage der Teiche wurden konnte man die Flächen gewinnbringend nutzen und zugleich Sümpfe trockenlegen. Der Großteil der Fischteiche in Niederösterreich entstand zwischen 1470 und 1530. In den Siebzigerjahren des 16. Jahrhunderts brachten sie den höchsten Ertrag unter allen Wirtschaftsformen (90 %). Die über weite Distanzen vermarkteten Karpfen waren eine wichtige Fastenspeise. Bis heute isst man sie zu den klassischen Terminen Weihnachten und Silvester. Der derzeit größte Karpfenteich ist der Schwarzenberg-Teich mit ca. 260 ha Fläche im südböhmischen Wittingau/Trebon. Diese Rosenberger-Herrschaft war, dank der Karpfen, die ertragreichste in ganz Böhmen. Bis sie die gewünschte Größe erreichen, dauert es vier Jahre. Traditionsgemäß findet im Herbst das Abfischen statt, wobei man neuerdings Zuschauer zum Abfischfest mit Karpfenspezialitäten einlädt. Das Wasser wird fast zur Gänze aus den Teichen abgelassen, die Fische mit Zugnetzen ans Ufer gebracht und mit Keschern (Handnetze mit Stiel) aus dem Wasser gehoben. Die Speisekarpfen werden händisch sortiert und in großen Wasserbehältern zu den Kunden oder zu Hälterungen (von Frischwasser durchströmte kleine Teiche) gebracht.
Quellen:
Helmut Paul Fielhauer: Das Ende einer Minderheit. In: Volkskunde als demokratische Kulturgeschichtsschreibung. S. 166-220
Kulturen an der Grenze. (Hg. Andrea Komlosy u.a.) Wien 1995. S. 113
Bilder:
Wirtschaftsgebäude und Arbeiterunterkunft in Schlosshof, NÖ. Foto: Doris Wolf, 2012