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Klimaveränderung und Migration - gibt es einen Zusammenhang?#

Seit Menschengedenken verändert sich das Klima, doch zahlreiche Indikatoren, die den von uns Menschen verursachten raschen Wandel sichtbar machen, sprechen für sich. In Österreich sind Veränderungen der Gletscherlandschaften unmittelbar wahrnehmbar.#


Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der Zeitschrift: Der Ingenieur (3/17)

Von

Alfred Pleyer


Klimawandel
Foto: Alfred Pleyer

Der Temperaturanstieg bringt Konsequenzen mit sich. Durch das stete Schmelzen des Eises an den Polkappen und Gletschern, stieg der Meeresspiegel weltweit zuletzt schneller als prognostiziert an. Am härtesten trifft der schnellere Klimawandel schon heute die ärmsten Länder. Vor allem in den südlichen Breiten sind die Menschen gezwungen, sich neuen Bedingungen anzupassen. In Entwicklungsländern produzieren Kleinbauern einen Großteil der landwirtschaftlichen Erträge. Damit spielen sie vor Ort eine zentrale Rolle für die Bevölkerung. Wird ihre Widerstandsfähigkeit gegen die zunehmenden Dürren, Fluten und andere extreme Ereignisse nicht verbessert, sind nach einer Studie der Weltbank in den kommenden Jahren 100 Millionen Menschen mehr vom Hunger bedroht. Zuletzt wurde es immer trockener, auch weil durch intensive Landwirtschaft Raubbau am Grundwasser betrieben wird. Aus diesem Grund stoppte jetzt Saudi-Arabien im eigenen Land den Weizenanbau. Die Ölprinzen sind dazu übergegangen weltweit Ackerböden aufzukaufen und Weizen zu importieren, denn ihre Grundwasserspeicher im Aquifer sind leer.

Im Nahen Osten, in Syrien, Jordanien und allen Golf-Staaten müssen fünf Prozent der Weltbevölkerung mit nur einem Prozent der weltweiten Niederschläge auskommen. Rund 60 Millionen Menschen werden immer härter um die verbliebenen Wasserreserven ringen um ihren Durst löschen zu können.

Saudische Initiativen gewähren ihren Firmen diplomatische und finanzielle Hilfen um weltweit Nahrungsmittelfirmen und Bauernland aufzukaufen und Investoren sichern sich den Zugang zu Wasser. Der Weizenimport bringt - wie im Jahr 2011 - die Gefahr der globalen Missernten samt Angebotsverknappung mit sich. Gleichzeitig kaufte damals China viel Weizen auf, der Weizenpreis verdoppelte sich plötzlich. Die ägyptische Regierung, seit Jahren der weltweit größte Importeur von Weizen, konnte den teuren Brotpreis mit Subventionen nicht mehr stützen. Demonstrationen waren die Folge, sie mündeten - auch aus anderen Gründen - in die Revolution.

Klimawandel - Ursache politischer und sozialer Instabilität?#

Syriens Aufstand im Jahr 2001 gingen fünf schwere Dürrejahre in Mittelasien voraus. Wie Bohrungen ergaben, führte die exzessive Grundwasser-Nutzung in den am stärksten betroffenen Gebieten zu einem Abfall des Grundwasserspiegels um bis zu 100 Metern.

85 Prozent der Herden verendeten und Millionen Bauern verloren ihre Lebensgrundlage und ihren Lebensunterhalt. Umkämpfte Provinzen wie Daraa, Hasaka und Raqqa galten einst als „Brotkorb der Nation" und waren von der Dürre der Jahre 2006 - 2011 am stärksten betroffen. Dies führte - neben anderen Umständen - zu einer Massenmigration der verarmten Bauernfamilien in die syrischen Großstädte, wobei die Dörfer ganzer Landstriche aufgegeben wurden.

Millionen von Existenzgrundlagen gingen verloren. In den Vorstädten eskalierte ein Gemisch aus sozialen Spannungen und politischer Unterdrückung. Der Sommer 2015 brachte mit einer bis dahin nicht gekannten Jahrhunderthitze weitere Stressfaktoren mit sich, verstärkte die humanitäre Krise und eine Massenflucht setzte ein.

In wie weit ist Klimaveränderung Ursache für Migrationsströme?#

Die Erde hatte 2015 global das mit Abstand heißeste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880 durchlebt. Der Mittelmeerraum und der Nahe Osten gelten als jene Regionen der Erde, die voraussichtlich am stärksten auf Klimaänderungen reagieren werden. Die winterlichen Niederschlagsmengen gehen zurück und die Winde lassen nach. Trockene Regionen, wie rund ums Mittelmeer, werden noch trockener werden. Die Konsequenzen für die Frischwassernachfrage sind erheblich.

Klimawandel
Foto: Alfred Pleyer

Die vergangenen 30 Jahre waren die wärmsten seit 1400 Jahren. Treibhausgase, vor allem die Haupttreiber Kohlendioxid und Methan, reagieren träge und zeitverzögert. Vielerorts herrscht Mangel an sauberer Luft und derzeit erleben wir erst jene Folgen und Auswirkungen der in den 1960iger-Jahren ausgestoßenen Treibhausgase und Schadstoffe.

Der Eingriff des Menschen in das System Erde bringt unwiderrufliche und irreversible Veränderung mit sich!

Die Beobachtung der Erderwärmung ist Faktum und die für die nächsten hundert Jahre berechnete theoretische Klimamodellierung ist zu über 90% fix. Es fehlen noch bestimmte Daten zum Beispiel aus den Ozeanen, um genauer vorhersagen zu können, wie viel Kohlendioxid dort gespeichert werden kann. Denn zwei Drittel des CO2, das in die Atmosphäre eingebracht wurde und wird, geht in die Ozeane.

Es bleibt aber - ebenso wie die eingebrachte Wärme - nicht ewig dort. Die Weltmeere versauern zusehends und enthalten überdies sechs Mal mehr Plastik als Plankton. Die Berechnung all dieser Rückkoppelungseffekte ist schwierig, weil sie vom Zeitpunkt der Freisetzung des im Meeresboden und in den sibirischen Permafrostgebieten eingelagerten Methans abhängen.

Aufbruch in ein neues Leben#

Der Klimawandel „heizt uns ein" und kann schwelende Konflikte zum Überkochen bringen. Die einen gehen rechtzeitig, die anderen retten im letzten Augenblick das nackte Leben. Alle aber lassen sie aus Not, Verzweiflung, aus Angst vor Tod und Verfolgung die Heimat, das soziale Umfeld, ihre Existenz zurück. Viele Menschen werden ihre Heimat verlassen müssen. Jene, die das Glück haben, nicht bedroht zu sein, werden die Pflicht haben zu helfen.

Sollten sich die Lebensbedingungen im Nahen Osten und den Golf-Staaten bedeutend verschlechtern, so stehen die fruchtbaren Länder Europas und der Welt vor der Wahl:

entweder Wasser in der Form von Weizen, Fleisch und Milch zu exportieren- oder Instabilität in Form von mehr Flüchtlingen zu importieren. Gibt es dagegen einen globalen Masterplan?

Wir pumpen weiterhin Rekordmengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre und erhöhen weltweit das Katastrophenrisiko jetzt und für künftige Generationen. Wir können nicht so tun, als ginge uns all das Schreckliche, das um uns geschieht, nichts an. Entschlossenere Anstrengungen sind notwendig, wir müssen mehr tun um die Fluchtursachen zu bekämpfen. Im Sinne aller Menschen ist Vernünftiges, nachvollziehbares und nachhaltiges Entscheiden und Handeln gefragt, denn das Thema Migration wird nicht weg gehen. Eine Europäisierung der Angelegenheit und eine vertiefte vertrauensvolle Zusammenarbeit sind Gebot der Stunde. Unsere verbrauchende Lebensweise und das wenig nachhaltige Wirtschaftssystem müssen sich so wandeln, dass die Menschen in ihrer Heimat bleiben- und dort in einer sicheren und lebenswerten Umgebung ein Auskommen finden können. Es braucht neues Denken, neue Ideen, neue Strategien. Gelingt es nicht, werden wir zunehmend die Politik der „Flüchtlingskrisen-Gewinner" zu spüren bekommen. Jedes Jahr rückt der „Welterschöpfungstag" weiter nach vorn. Würden alle Bewohner der Erde auf ähnlich großem Fuß leben wie wir in Österreich, wären etwa drei Planeten notwendig.

Jeder kann etwas tun, um die weitere Erderwärmung und den schnelleren Klimawandel aufzuhalten. Ein erster Schritt wäre, so schnell wie möglich auf erneuerbare Energien umzusteigen.

Kein Land ist immun#

Während heute die Armen und schwachen in der Schusslinie stehen, ist kein Land oder Kontinent immun vor Klimakatastrophen, sofern wir nicht Verantwortung übernehmen und jetzt die Gelegenheit für Gegenmaßnahmen ergreifen.

Siehe auch den Beitrag dazu in IIASA-Options#


Rudolf Öller, Bregenz, Austria <rudolf.oeller@vobs.at> wrote:

Ich habe ein Problem mit dem Wort „Klimakatastrophe“. Es gibt keine Klimakatastrophen, sondern natürliche Ursachen für ein sich ständig änderndes Klima. Wenn es eine Katastrophe gibt, dann ist es die Bevölkerungsexplosion.

Die aktuelle Klimadebatte ist eine reine Gesellschaftsdebatte. Es geht um ein Zurück zu den Bauernhöfen des 19. Jahrhunderts, aber das kann und wird es nicht geben. Es geht gegen die SUVs der reichen, für eine vermögens- und Erbschaftsteuer usw. – also Gesellschaftspolitik.

Mich erstaunt an den aktuellen Geschehnissen, dass die jungen Leute am Freitag eigentlich gegen sich selbst demonstrieren, und das gar nicht bemerken. Meine Eltern bekamen das erste Auto, da war ich 18, ich selbst hatte nie ein Moped, und seit 40 Jahren habe ich selber kein Auto mehr. Wir trennen Müll schon lange, da gab es noch gar keinen Grünen.

Ich habe schon Reaktionen auf meinen Artikel bekommen. Diejenigen, die mich kritisieren, machen das äußerst heftig und hysterisch. Ich habe also ins Schwarze getroffen.

Gruß Vitus

-- gamauf gerald antal, Donnerstag, 10. Oktober 2019, 14:14