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Denkmalpflege und Tourismus in der Vergangenheit (Essay)#

Text und Bilder von

Hasso Hohmann

Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von

ISG Magazin Heft 3 / 2008 (Internationales Städteforum Graz)


Das Forum Campo Vaccino in Rom
Das Forum (Campo Vaccino) in Rom 1836.
© Abbildung: Meyer`s Universum 1836:85

Wer glaubt, dass der Tourismus heutiger Art eine Erfindung des 20. Jh.s ist, irrt. Schon vor fast 200 Jahren, noch vor der Erfindung von Daguerreotypie und Fotografie, gab es einen ausgeprägten Tourismus, der nichts mehr mit Pilger-, Handels-, Bildungs-, Entdeckungs- oder Forschungsreisen zu tun hatte. Ein sehr prominenter Reisender war Johann Wolfgang v. Goethe. Seine Bildungsreisen in den Mittelmeerraum müssen aber als Sonderfall gelten.

Anfang des 19. Jh. setzt dann aber ein echter Tourismus ein. In den 30er Jahren wurden bereits zahlreiche Bände mit dem Titel „Meyer's Universum oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde" in hohen Auflagen veröffentlicht, um für das Reisen besonders im Sinne des Tourismus zu werben. In den querformatigen Bildbänden wird ein buntes Gemisch von Städten, Einzeldenkmalen, archäologischen Stätten und Naturschönheiten in allen Kontinenten mit großformatigen, sehr fein gearbeiteten Stahlstichen illustriert und mit anregenden Texten dem interessierten Betrachter und Leser, dem aufkeimenden Bildungsbürgertum, angeboten. Die Bände wurden in Hildburghausen, Amsterdam und New York vom Bibliographischen Institut im heutigen Deutschland verlegt und gedruckt.

Dresdener Altstadt
Auf diesem Stahlstich von 1837 sieht man die Dresdener Altstadt an der Elbe mit Hofkirche und Frauenkirche im Hintergrund. Die Ansicht auf einer Postkarte von 1915 zeigt noch ein sehr ähnliches Bild.
© Abbildung: Meyer`s Universum 1836:85

Man muss sich vorstellen, dass im 19. Jh. viele europäische Staaten rund um den Globus den Großteil der anderen Kontinente erobert und kolonialisiert hatten. Zu den Kolonien bestanden aus Europa regelmäßige Schiffsverbindungen. Das Reisen ging zwar langsamer, aber man konnte auch vor 200 Jahren jeden Punkt auf dem Globus erreichen, so man ausreichend Geld und Zeit hatte.

So kann man auf Seite 126 im Band IV aus dem Jahr 1837 von „Meyer's Universum" im Kapitel CLXXXIV. "Der Horeb" nachlesen: „Seitdem die Dampfschifffahrt eine wöchentliche, regelmäßige Verbindung zwischen Marseille, Palermo, Triest und Alexandrien hergestellt hat ist eine Reise nach Ägypten was Alltägliches geworden. Von Paris nach Cairo dauert die Fahrt eine Woche, und sie ist kürzer, sicherer und bequemer, als vor fünfzig Jahren eine Tour von Frankreich nach Leipzig war. Schwärme von Europäern durchziehen jeden Sommer das alte Wunderland, und die fashionable Welt gibt sich Rendezvous bei den Pyramiden wie an einem Kurort". Danach wird die Exkursion per Kamel zum Katharinenkloster auf dem Sinai mit allen Stationen genau beschrieben; sie war offenbar gut und komfortabel durchorganisiert.

Das Chet Singh Ghat in 'Benares in Bengalen'
Das Chet Singh Ghat in "Benares in Bengalen" 1837 hat sich bis heute kaum verändert.
© Abbildung: Meyer`s Universum 1836:85

Der Städtetourismus war offenbar schon damals von großer Bedeutung. So widmen sich viele Kapitel den bekanntesten historischen Städten Europas wie London, Antwerpen, Wien, Constantinopel, St. Petersburg und Moskau, beschrieben werden aber auch Städte wie Benares in Indien, Philadelphia und Boston in den USA sowie Damaskus und Jerusalem im Vorderen Orient. Gewöhnlich werden die jeweilige Geschichte kurz dargestellt und die besonderen Schönheiten hervorgehoben. Illustriert sind die Berichte mit ganzen Stadtansichten oder mit einer Kirche, einem Tempel oder mit archäologischen Ruinen.

Auch der archäologisch Interessierte wird angesprochen. So wird in Rom am Ende des begleitenden Textes zum Forum darauf hingewiesen: „Unser schönes Bild gibt die Aussicht vom Bogen des Titus, quer über das Forum hinüber nach den herrlichen Trümmern des Concordientempels, dessen Portikus mit sieben aufrecht stehenden Marmorsäulen eine der schönsten und pittoreskesten Bautrümmer Roms bildet. ... Sie war noch vor wenigen Jahren bis zur Hälfte ihrer Höhe in Schutt begraben. Jetzt sind sie bis zur Base von demselben gereinigt, und auch der Marmorboden der Triumphatorenstraße, auf welchem 20 Fuß tiefer Staub einer fünfzehnhundertjährigen Zerstörung lag, ist gänzlich aufgedeckt worden." Es wird also ganz offen mit Stadtansichten, Sehenswürdigkeiten und Archäologie bereits in der ersten Hälfte des 19. Jh. für den anlaufenden Tourismus geworben.