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CHARLOTTE ANDER#

Wien
Charlotte Ander, Mein Film,Gemeinfrei

1928: Die bekannte Schauspielerin Charlotte Ander wurde an das Theater in der Josefstadt für die Hauptrolle in der Komödie „Die Dame in Weiß“ der zwei Wiener Autoren Hans Adler und Paul Frank, verpflichtet. Ander wurde von Josef Jarno der der größte Talente Entdecker nach Wien geholt, und erspielte sich so manchen schönen Erfolg. Die Premiere fand am 29. Juni statt, doch dazu sollte es nicht kommen.

Die 26jährige deutsche Schauspielerin ging gestern nach 2 Uhr in Begleitung des Berliner Impresario Artur Hirsch, der mit ihr im Hotel Meißl u. Schadn abgestiegen und einer Besorgung wegen die Mariahilfer Straße vor dem Haus Nr .95 passieren wollte, und neben den Straßenbahngeleise anhielt, kam in raschem Tempo das Lohnauto A VI 328 herangebraust und fuhr direkt in sie und Herrn Hirsch hinein. Der Chauffeur Karl Steininger schien wohl die Gewalt über den Wagen verloren zu haben. Hirsch der dem Auto näher war, wurde nur gestreift, während Charlotte Ander erfasst und niedergestoßen wurde. Am Kopf getroffen, stürzte sie sofort bewusstlos zusammen. Hirsch kam mit Hautabschürfungen am linken Unterarm davon.

Eine Menschenmenge hatte sich gebildet die immer größer wurde und gegen den Chauffeur eine drohende Haltung einnahm, leistete die rasch erschienene Rettungsgesellschaft der Verletzten erste Hilfe. Die Ärzte der Rettungsgesellschaft stellten eine schwere Gehirnerschütterung fest, dann eine Quetschung der rechten Schläfengegend und anscheinend einen Bruch des Schädelgrundes. Die Bewusstlose wurde mit Hirsch auf die Unfallstation der Klinik Eiselsberg im Allgemeinen Krankenhaus gebracht. Hirsch wurde noch geröntgt, konnte bald darauf ins Hotel zurückkehren.

Die Schauspielerin verblieb im Krankenhaus, wo sie die Ärzte behandelten und jede nur mögliche Sorgfalt ermöglichten

Am Abend erschien der Vorstand der Klinik Hofrat Dr. Eiselsberg am Bett der Verunglückten die noch etwas betäubt, aber doch zeitweise aus der Bewusstlosigkeit erwachte und auf eine Ansprache reagierte. Eine Rettung und Wiederherstellung wäre möglich, wenn es zu keiner Komplikation käme.

Die Aussagen der Zeugen wer Schuld an dem Unfall, gehen weit auseinander. Manche sind der Meinung, dass die Künstlerin selbst an dem Unfall schuld ist, da sie beim Überschreiten der Straße in die falsche Richtung gesehen habe. Hirsch behauptet, dass das Auto in sehr hoher Geschwindigkeit unterwegs war. Die Erhebungen der Schuldfrage werden fortgesetzt.

Am späten Abend war zu erfahren, welche Verletzungen an der Schauspielerin festgestellt wurden: Bruch des Schädelgrundes, Gehirnerschütterung, leichte Kontufision an der rechten Schläfe, Blutunterlaufung am Unterlid des linken Auges. Das Befinden des Körpers weist weder äußere noch innere Verletzungen auf, auch die Nervenstränge sind in Ordnung.

Um die Künstlerin ist Hofrat Prof, Dr, Eiselsberg persönlich sowie Assistenzarzt Dr, Kunz bemüht.

Wie schon erwähnt, ist die liebenswürdige Künstlerin eine Entdeckung Josef Jarnos und er findet es seltsam genug, dass kein Direktor auf dieses Talent aufmerksam wurde. Jarno engagierte Charlotte Ander sofort und wagte es sie mit einer anspruchsvollen Aufgabe „Die innere Stimme“ dem verwöhnten Wiener Publikum und Kritiker vorzustellen. Das Experiment war erfolgreich und seine Erwartungen haben sich erfüllt. Ein neuer Stern ist am Wiener Theaterhimmel aufgegangen. Sie wurde das Theaterereignis der Saison. Schon der erste Abend im Lustspieltheater, nach den ersten Szenen hatte das junge Geschöpf das Publikum für sich gewonnen. Jarno ist damit ein Volltreffer gelungen. Von Wien und den Wienern ist sie begeistert. Neben den Gesangsstunden betreibt sie noch „weanerische Dialektstudien“.

QUELLEN: Wiener Neueste Nachrichten, 11. Februar 1924, Neues Wiener Tagblatt, 30. Juni 1928, Die Stunde, 1. Juli 1928, Österreichische Nationalbibliothek ANNO

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