UNIVERSITÄT KRAKAU#
In Krakau gab es 1900 große Feierlichkeiten, denn die altehrwürdige jagellonische Universität Krakau, eine der ältesten Institutionen, die in der gelehrten Welt hohes Ansehen geniest, feierte am 7. Juni das fünfhundertste Jubiläum ihres Bestandes.
Die Universität wurde von König Kasimir dem Großen, 1364 im Dorf Bawol gegründet, um damit dem Übelstand abzuhelfen, dass die jungen Polen, die studieren wollten, nach Italien oder Frankreich reisen mussten, oder wollte er nicht nachstehen, denn in Wien und Prag entstanden gerade derartige Gebäude.
König Kasimir, der zu den großen Urhebern der italienischen Renaissance und besonders zu Petrarca in persönlichen Beziehungen gestanden hatte, war von dem humanistischen Ideal erfüllt gewesen und hatte der Pflege desselben im eigenen Land eine Stätte bereiten wollen, obgleich an der Prager Universität und an der Padua die polnischen Studierenden schon eine „Nation“ bildeten. Seine Akademie hatte zwei Abteilungen, eine juristische und eine philosophische gehabt; die Zustimmung des Papstes zur Errichtung einer theologischen Abteilung blieb dem König versagt. Es war nicht bekannt ob im Jahr 1400 überhaupt noch Vorlesungen an der Akademie Kasimirs stattfanden. Jedenfalls hat dieselbe erst wieder eine geschichtliche Bedeutung erlangt, als im Jahr 1400 der erste jagellonische König sie aus dem sumpfigen ungesunden Land in die Stadt verlegte, weil er seinen Übertritt zum Christentum mit einem feierlichen Akt der Hingebung an die Kirche besiegeln und zugleich ein Vermächtnis seiner Gemahlin Hedwig, der Enkelin Kasimirs, erfüllen wollte. Deren unablässige Bemühungen hatten es zuwege gebracht, dass nun auch der Papst – es war Bonifacius IX., in die Errichtung einer theologischen Fakultät einwilligte, und so ward am 22. Juni 1400 das Wladislaw-Collegium von seinem ersten Rektor Stanislaus von Skalmiercz mit einem solennen Festakt und einer Lobrede auf die Kirche eröffnet. Unter Sigmund III., waren die Dissidenten bemüht, eine andere Akademie zu gründen, allein die alte, noch bestehende Hochschule trug den Sieg davon.
Bald entwickelte sich die Hochschule zu einem weithin genannten Mittelpunkt theologisch wissenschaftlicher Bewegung. Neben Prag, der stolzen Gründung Kaiser Karls IV., wird zu Beginn des 15. Jahrhunderts stets Krakau zitiert...
…..von König Jagello wurde sie in den Rang einer Universität erhoben. Er und seine Gemahlin Hedwig förderten ihr Lieblingswerk die Universität die es bald zu Weltruf brachte und war durch zwei Jahrhunderte der östliche Grundpfeiler europäischer Bildung und Zivilisation, vermittelte die Kultur des Westens an die noch rohen Völker des sarmatischen Osteuropa. Die Vorbilder des Gründers Jagello waren die Universitäten in Wien und Prag. Einer der Großen die aus der Krakauer Universität hervorgingen war Nikolaus Kopernikus.
Im 17. Jahrhundert war die jagellonische Universität schon unter dem verderblichen Einfluss der Jesuiten, und während der polnischen Wirren ging sie fast ganz zugrunde. Erst in den letzten fünfzig Jahren hat sie sich wieder zu einer nationalen Bildungsanstalt von einiger Bedeutung erhoben...
Die jagellonische Universität in Krakau war mit bedeutendem Grundbesitz in allen Provinzen des ehemaligen Polenreiches dotiert. Bei der Teilung Polens zog jeder Staat die in seinem Anteil liegenden Universitätsgüter ein. Österreich dotierte damals damit seinen Studienfond und verkaufte die Güter nachträglich an Private. Bei Errichtung des Freistaates Krakau kamen Russland und Österreich überein, der Universität den ihr ursprünglich gehörigen Grundbesitz oder das Äquivalent desselben in barem Geld zurück zu erstatten. Von beiden Regierungen wurde lange damit gezögert, indem eine der anderen die Initiative zuschob. Endlich hat Österreich und zwar unter Kaiser Franz das schuldige Kapitel im Baren mit mehr als zwei Millionen an Russland ausgehändigt und Kaiser Franz ausdrücklich sich den Regress vorbehalten, falls Russland seiner Verpflichtung nicht nachkäme. Russland ist derselben auch wirklich nicht nachgekommen und hat weder den österreichischen Teilbetrag noch seinen eigenen an Krakau abgeführt. Als im Jahr 1846 der Freistaat Krakau Österreich einverleibt wurde, hat der zur Regulierung des dortigen Unterrichtswesens abgeordnete österr. Regierungskommissar Prof. Stephan Endlicher diese Verhältnisse sehr genau ermittelt, die sämtlichen Originaldokumente aufgefunden und in seinem Bericht an die Hofkanzlei nachgewiesen, dass für die von Österreich an Russland übergebenen Geldes und 5% Interessen Österreich von Russland im Jahr 1847 bereits über sieben Millionen Gulden als Rückerstattung zu fordern hätte, abgesehen von den Forderungen, die der Freistaat Krakau im Namen seiner Universität und nun die österr. Regierung codem titulo an Russland für die von diesem Staat eingezogenen Universitätsgüter zu stellen hätte Nach Endlichers Berechnung belief sich die Gesamtsumme des mit Recht zu beanspruchenden Ersatzes auf 20 Millionen. Hinzu kommen nun neuerdings dreijährige Interessen. Es wäre doch wünschenswert, dass die österr. Regierung auch dieser Angelegenheit ihre Aufmerksamkeit schenken und bei der nun paktierten Zahlung an Russland für die Intervention in Ungarn eine Gegenrechnung statt der Barzahlung durchführen würde.
1845: Die lange Zeit berühmte Jagellonische Universität Krakau befindet sich in gänzlichem Verfall, so dass sie den Namen einer solchen Anstalt nicht mehr verdienen würde. 150 Studierende kommen auf 50 Professoren von denen manche, bei einem solchen Missverhältnis keine Zuhörer haben können. Um den Übelstand, ihrer Entfernung vorzubeugen, soll es akademische Lehrer geben, die es nicht unter ihrer Würde finden, sich Figuranten, die bei ihren Vorlesungen gegenwärtig sein müssen, zu mieten.
Als Krakau dem Kaisertum Österreich angehörte, genoss die jagellonische Universität dieselben Vorrechte wie alle übrigen Hochschulen des Inlandes und auch späterhin da Krakau einen Freistaat gebildet hatte, von den drei Schutzmächten Österreich, Russland und Preußen am 5. Oktober 1826 in der Art bestätigt, mit dem österreichischen System konform gehalten wurde.
Österreichischer Seite ist der geheime Haus- Hof- und Staatskanzler Fürst Clemens Metternich, Konservator der Jagellonischen Hochschule, an welcher 37 Professoren und Lehrer angestellt sind, die im Jahr 1844 von 149 Studenten besucht wird, und eine Bibliothek von 45.000 Bänden und 2210 Handschriften und Inkunabeln besitzt. Außerdem ist mit dieser Hochschule die berühmte Krakauer Gelehrten-Gesellschaft, ein seltener Verein von Wissenschaftsmännern, dann mehrere Museen und wissenschaftliche Kabinette verbunden. In dem vor der Stadt gelegenen botanischen Garten, befindet sich zugleich auch die Sternwarte unter der Leitung eines verdienstvollen Astronomen.
Mehrere österreichische Gelehrte und Schriftsteller, wie Littrow, Czech u.a. erhielten von dieser Hochschule Doktordiplome honoris causa, und im Verzeichnis der Ehrenmitglieder finden wir Metternich, Lobkowitz, Schlegel, Hufeland, Dieffenbach, Hofstetter, Littrow usf
Am 6. September 1915 kam Kaiser Wilhelm mit dem Auto nach Krakau und benutzte die Stunden seines Aufenthaltes dazu die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu besuchen, das königliche Wawelschloss, das gerade einer Renovierung unterzogen wurde, die Schlosskathedrale mit den Kapellen und die Königsgruft, die Marienkirche mit den Kunstwerken des verstorbenen Meisters Matejko die den Kaiser besonders interessierten, dann begab er sich in die alte Jagellonische Universitätsbibliothek. Der´Kaiser ließ sich wertvolle Werke, Kopernikus Erdglobus und alte Unika zeigen und brachte wiederholt seine Bewunderung zum Ausdruck über die vorhandenen Schätze. Einen besonders großen Eindruck machte der Bibliothekshof auf den Kaiser wo er dem Schlachtenmaler Kossak antraf und ihn mit einer Ansprache auszeichnete. Zum Abschluss nahm er sich noch die Franziskanerkirche vor, in der Werke des verstorbenen Dichters und Kunstmalers Wyspianski zu finden waren. Des Kaisers Anwesenheit wurde bekannt und so hatten sich zahlreiche Menschen eingefunden um ihn zu begrüßen...
Am 3. Oktober 1912 verlieh Kaiser Franz Joseph dem oProfessor der Zoologie an der Universität Krakau Dr. Anton Wierzejski anlässlich seines Ruhestandes, den Titel eines Hofrates.
QUELLEN: Prager Abendblatt, 3. Oktober 1912, Mährisches Tagblatt, 7. September 1915, Arbeiter Zeitung, 8. Juni 1900, Wiener Theater Zeitung, 24. April 1846, Der Humorist, 25. November 1845, Innsbrucker Nachrichten, 3. Juni 1850, Agramer Zeitung, 8. Juni 1900, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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