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Das Gehirn - ein Herzerl#

Denk- und Pumporgan des Menschen scheinen in einem Zusammenspiel Emotionen Ausdruck zu verleihen.#


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Wiener Zeitung, 11. Oktober 2018

Von

Alexandra Grass


Herz und Gehirn Illustration
Bild: © StockAdobe/TanyaJoy

Wien. Das Herz hat viel zu tun, wenn sich im Körper Emotionen breitmachen. Sind wir verliebt, schlägt es regelrecht Purzelbäume. Verspüren wir Ärger, schnürt es sich zusammen. Freude lässt es leichter erscheinen - bei Angst rutscht es mitunter auch mal in die Hose. Man könnte fast meinen, es ist jener Ort im menschlichen Körper, an dem die Gefühle regelrecht entstehen. Doch mitnichten. Das Zentrum der Emotionen ist und bleibt das Gehirn, wiewohl es über eigene neuronale Verbindungsstraßen sehr wohl zu einem Informationsaustausch zwischen den Organen kommt und diese miteinander in Wechselwirkung stehen, schildert der Wiener Hormonspezialist Johannes Huber im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Dass das Herz selbst dennoch mehr ist als eine einfache biologische Pumpe, macht schon die Sprache deutlich. Ein großes Herz haben, jemanden ins Herz schließen oder auf sein Herz hören, sind nur einige wenige Redewendungen, die das Organ auch emotional in den Mittelpunkt rücken. In vielen Kulturen glauben die Menschen, dass unser Taktgeber etwas ganz Besonderes ist.

Wo der Darm eine Rolle spielt#

Und das wohl nicht zu Unrecht. Er ist über einen ganz speziellen Verbindungskanal - den sogenannten Nervus vagus - direkt mit dem Gehirn verknüpft. Über ihn fließen Signale in beide Richtungen. Der Vagusnerv, einer der wichtigsten Vertreter des parasympathischen Systems, steht für Ruhe und Entspannung. Sein Pendant, das sympathische Nervensystem, wiederum ist für Kampf- und Fluchtsituationen zuständig. Der Parasympathikus kann den Blutdruck verlangsamen, der Sympathikus treibt ihn in die Höhe. Von einem stetigen Auf und Ab ist der Mensch je nach Gefühlslage geprägt und die Signale greifen ineinander über.

Die zweite, wichtige Straßenverbindung zwischen Gehirn und Herz ist die Neuroendokrinologie - die Verknüpfung des Hormonsystems mit dem Nervensystem, betont Huber. Freigesetzte Botenstoffe haben über diesen Kanal Einfluss auf den jeweiligen Adressaten. Erst seit kurzem sei etwa bekannt, dass das in unserem Denkorgan produzierte Bindungshormon Oxytocin, das beim Stillen, aber auch beim Geschlechtsverkehr im Hypothalamus ausgeschüttet wird, direkten Einfluss auf das Herz hat - dieses sogar regenerieren kann.

Umgekehrt wird angenommen, dass auch das im Herzen produzierte atriale natriuretische Peptid Signale ins Gehirn sendet. In unserem Pumporgan reguliert es den Blutdruck. Im Hypothalamus wird durch dieses Hormon etwa das Durstgefühl gehemmt. Welche Botschaften noch übermittelt werden, gilt es noch zu untersuchen.

Die Wissenschaft weiß heute jedoch schon, dass das Herz über ein eigenständiges neuronales Netzwerk aus etwa 40.000 Nervenzellen verfügt. Es dient in erster Linie als Überwachungssystem für die zentrale Funktion des Organs - nämlich, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Es steht mit dem Gehirn in enger Verbindung und damit vermutlich auch mit unserer Psyche. Zumindest vom Darm ist ein solcher Einfluss schon bekannt. Darmbakterien setzen Botenstoffe frei, "die im Gerhirn andocken und dort die Stimmung beeinflussen", schildert Huber. Das Bauchgefühl gibt es also wirklich. "Es ist anzunehmen, dass das beim Herzen ähnlich ist, doch da fehlen uns noch die Daten", so der Experte.

Klar messbar ist hingegen, dass unsere Pumpmaschinerie über ein eigenes Magnetfeld verfügt. Dieses wird durch die permanente Rotation des Eisens in unserem Blut gebildet. Es ist wesentlich stärker als jenes des Gehirns. Die Strömungen lassen sich über mehrere Meter vom Körper entfernt messen. Es ist anzunehmen, dass Menschen über diese Felder auch miteinander kommunizieren können. Doch auch das bleibt bis zum Beweis nur eine Vermutung. Dass wir allerdings andere Menschen abstoßend oder anziehend finden, könnte schon alleine sprachlich gesehen wohl in eine solche Richtung deuten.

Schön langsam tastet sich die Wissenschaft an die Mysterien Gehirn und Herz heran - und auch ihren gegenseitigen Einfluss aufeinander und ihr Wirken auf den gesamten Organismus. Ob wir nun emotional dem Kopf, dem Bauch oder dem Herzen folgen, lässt sich wohl noch nicht eindeutig sagen. Es hat allerdings den Anschein eines Triangelspiels.

Wiener Zeitung, 11. Oktober 2018