Eine andere Sicht der Multiplen Sklerose#
Von
Dr. med. Franz Schelling
Einführung #
Der Wikipedia Artikel zur multiplen Sklerose (MS) stellt vorschnell klar: Die Krankheit ist weder ursächlich geklärt noch heilbar. Gängigen, von Klinikern und Immunologen verbreiteten Vorstellungen gemäß wird die MS als chronisch-entzündliche Entmarkungskrankheit charakterisiert.
Historische Ungereimtheiten#
Eine abwechslungsreiche Medizingeschichte der MS bringt zahlreiche selten referierte Details. Aus alten Archiven werden dabei Krankengeschichten aufgerollt, deren Verlauf den Kriterien, anhand derer die MS derzeit diagnostiziert wird, Genüge tut.
Sir Robert Carswells und Jean Cruveilhiers rätselhafte Autopsiebefunde, welche die MS ab 1831 langsam aus dem Nebel einer Vielzahl noch unverstandener Krankheiten als etwas Besonderes hervorzuheben begannen (Heckl 1994), sind nirgends erwähnt. Ebensowenig Jean-Martin Charcots Illustration einer unverkennbaren MS Läsion im Dach eines Seitenventrikels, die 1866 erstmals eine Venenbeteiligung in der Entwicklung der dargestellten Läsion erahnen ließ. Charcots Entwurf einer MS-Histologie aus dem Jahr 1868 aber wird irrtümlich eine Beschreibung des Verteilungsmusters multipler sklerosierender Herde in der Nachbarschaft der Hirnventrikel zugeschrieben.
Paradoxe MS Pathologie#
Was die herdförmige entzündliche Entmarkung der MS eigentlich kennzeichnet geht nirgends hervor. Dies verwundert speziell in Anbetracht der Bemerkung, dass die MS auch bemarkte Axone zerstört. Zuguterletzt wird als Erkrankungsursache aber dann doch wieder eine autoimmune Entmarkung oder Erkrankung der Oligodendroglia impliziert. Wie die allgemein anerkannte Urform der MS, die ihr Entdecker Carswell als „sonderbarer Zustand einer Erkrankung der Brücke und des Rückenmarks“ vorstellte, schließlich in ursächlich nicht geklärte neurologische Defizite bzw. ‚chronisch-entzündliche Entmarkungen‘ mit pragmatisch festgelegten Kriterien für eine ‚Dissemination in Raum und Zeit‘ mutierte, darüber schweigt sich die Wikipedia aus.
Überqualifiziert: Die Magnetresonanztomografie(MRT)#
Beim Verdacht auf MS fällt der MRT die Aufgabe zu, der Neurologie zu Belegen für sogenannte Entmarkungsherde zu verhelfen, deren Streuung in Raum und Zeit keiner bekannten Krankheitsursache zuzuordnen ist. Wieviele solcher Herde oder UBOs (unidentified bright objects, helle Flecken ohne Identifikation) jüngeren oder älteren Datums dabei auszuzählen sind, wird von klinisch neurologischen Gremien bestimmt. Periventrikulär - um die Seitenventrikel - gelegene Entzündungsherde im Marklager des Gehirns und sogenannte Balkenherde werden dabei gerne höher gewertet, da sie für die MS in irgend einer Weise typisch sind.
Obwohl sie autoptisch wie am Lebenden im MRT nur über Schnittbilder zu beurteilen sind, sind diese periventrikulären bzw. Balkenherde für die Gehirn-MS nicht nur irgendwie typisch sondern letztlich exklusiv pathognomonisch (Heckl 1994). Sie imponieren zudem als derart dominant, dass der Rand der Seitenventrikel als Wetterwinkel der MS markiert wurde. Im Sagittalschnitt erinnert die Silhouette der ausgebauten periventrikulären Läsion an die Kontur eines Hahnenkamms, wobei viele Zacken endständig aufgetrieben erscheinen (Heckl 1994). Jede Zacke zeigt nach sämtlichen einschlägigen Untersuchungen einen bizarren Venenbezug (www.ms-info.net, Schelling 2012).
Seltsamerweise wurde dieser Venenbezug in der Diagnostik und pathogenetischen Deutung der MS nie berücksichtigt. Stattdessen wird, obwohl im normalen MRT auch mit speziellen Sequenzen nur Venen sichtbar sind, mit Vorliebe von einer Herdentwicklung aus Venolen gesprochen. Ein solcher Venolenbezug trifft stattdessen für die Läsionen der als MS Tiermodell favorisierten experimentellen allergischen Enzephalomyelitis und akuten disseminierten Enzephalomyelitis des Menschen zu.
Das Dilemma der chronischen zerebrospinalen venösen Insuffizienz (CCSVI)#
Prof. Paolo Zamboni bemühte sich ab 2002 die Strömungsverhältnisse in den Venenverbindungen zwischen Gehirn bzw. Rückenmark und dem Herzen bei MS Patienten abzuklären. Dabei fand er gravierende Engpässe und entsprechende venöse Strömungsanomalien. Bei forciertem Ausatmen wurde zudem wiederholt ein Umschlagen der Strömungsrichtung in Hirnvenen beobachtet. Dem Aufweiten der in den inneren Drosselvenen und in der Vena azygos erfassten Engstellen folgten teils dramatische, wenn auch oft durch Restenosierungen unterbrochene Besserungen im Krankheitsverlauf.
Zambonis Pionierarbeit machte bei MS Patienten und Gefäßinterventionalisten auf Grund der Behandlungserfolge Aufsehen. Die klinische Neurologie dagegen unterstellte Zamboni Schwächen in Moral, Methode und Theorie. Zig-Tausenden von MS Patienten gelang inzwischen zu einer Untersuchung und mehr oder weniger erfolgreichen Sanierung ihrer Jugular- und Azygosvenen zu kommen. Mehr versuchen es derzeit vergebens, da die Neurologie auf einem vorausgehenden Abschluss von ihr kontrollierter klinischer Studien besteht. Die Klärung der Frage, welchen MS Patienten mit den geläufigen bzw. mit sorgfältiger geplanten Veneninterventionen, besonders unter Einsatz neuer Verfahren und Techniken, noch wieweit zu helfen ist scheint in weite Fernen entrückt.
Die klinisch definierte MS: ein rationales Problem#
Die klinisch definierte MS ist weder im Labor noch über Beobachtungen am Patienten zu identifizieren. Es gibt keinen sie kennzeichnenden Befund. Wie die Wikipedia Medizingeschichte aufzeigt, hat die klinisch definitive MS insbesondere jeden Bezug zu den über die letzten 182 Jahre bei MS Fällen erfassten typischen, spezifischen oder pathognomonischen Autopsie und MRT Beobachtungen verloren. Selbst die Resultate der histologischen Studien werden nur soweit zur Kenntnis genommen, als sie für das Postulat einer entzündlichen Entmarkung ins Treffen geführt werden können. Die klinische Re/Neudefinition der MS erlaubte, den nicht recht verstandenen Venenbezug der MS des Gehirns wie auch die (verschiedentlich mechanisch gedeutete) Ausrichtung der spinalen MS auf die Rückenmarksbänder den klinischen Vorstellungen gemäß in eine perivenuläre Entmarkung umzumünzen. Die Berichte über einen Zusammenhang zwischen MS und Periphlebitis retinae wurden dabei, da es in der Retina nichts zu entmarken gibt, als gegenstandsfremd ausgeklammert.
Obgleich recht penibel determiniert erlauben die zeitlichen MS Disseminationskriterien offensichtlich, die Diagnose klinisch definitive MS selbst aus alten Krankengeschichten zu stellen. Dabei sollte aber doch erwogen werden ob nicht in Betracht gezogene, schwierig nachweisbare oder noch unbekannte Krankheitsprozesse nicht auch entsprechend den für die klinische MS festgelegten zeitlichen Disseminationskriterien manifest werden können. Dies umso mehr, als sich das als korpuskulär ins Auge gefasste MS Agens hartnäckig seinem Nachweis entzieht. Der Wikipedia Hinweis, dass die Diagnose einer MS nicht zu stellen ist, wenn die Symptome und der pathologische (bzw. MRT) Befund über eine andere Krankheit besser zu erklären sind, wird auf diesem Hintergrund verständlich. Welcher Spielraum die vorgegebenen Umstände für verschiedenste Spekulationen eröffnet haben lässt sich wohl erahnen. Weniger vielleicht, wie effektiv das Prinzip ‚Die klinische Diagnose MS bleibt definitiv, solange die Krankheit nicht nachweislich eine andere ist‘ die Lösung aus den CCSVI Beobachtungen erwachsenen Probleme behindert. Wie Experten der Neurologie einsichtig machen, dass auch Gehirn und Rückenmark durch Venen analog den intermittierend aufbrechenden oder chronisch progressiven venöser Ulcera cruris geschädigt werden können? Wie zu erwarten, wurden Ursprung und Bahnung der venösen Impulse welche die Wetterwinkel-Läsionen der MS verursachen müssen nie systematisch untersucht. Und dies obwohl die transkraniale Sonographie dazu immer mehr Möglichkeit bietet.
Die MS, eine humane Tragödie#
Wie unzulänglich die im Wikipedia Artikel angeführten Schub- und Immuntherapien wirken, macht die – bei weitem nicht vollständige - Auflistung der bei der MS eingesetzten symptomatischen Behandlungen deutlich. Dabei blieben heiklere Aspekte der experimentell kausalen MS-Medikation (Disposition zu fetalen Fehlbildungen, Malignome, opportunistische Infektionen) noch außer Betracht. Die laufenden Entwicklungen bezüglich nicht krankheitsbedingter, aber doch durch eine MS begründeter Minderungen der Lebenserwartung (siebenfache Suicidrate, über MS Diagnosen begründete Euthanasien) kamen bedauerlicherweise nicht zur Sprache.
Literatur#
- Heckl R.W. Multiple Sklerose. Klinik – Differentialdiagnose – Behandlung. Stuttgart, Thieme 1994.
- Schelling, F. Chronic cerebrospinal venous insufficiency in multiple sclerosis: Weighing the findings. Sang Thrombose Vaisseaux 2012; 24(9): 394-404).
Weiterführende Informationen#
- Bericht über die Multiple Sklerose im AustriaWiki
- Siehe dazu die neuen Ergebnisse der Medizischen Universität Innsbruck
- Etwas weitere Informationen über MS
Achtung#
Man vergleiche damit den aus der Wikipedia übernommenen Beitrag über MS, der ja im obigen Beitrage kritisch angesprochen wird.Auf meine Frage antwortete Dr. Schelling wie folgt:#
Das Fatale an der klinischen MS-Díagnose ist: Sie baut auf nichts Handfestem auf. Ohne MRI ist absolut nichts über ihre Ursachen zu sagen. Das MRI zeigt bei 90% der klinisch (= nach unerklärlichen Funktionsstörungen) diagnostizierten MS Patienten sogenannte Dawson-Finger am Steiner'schen Wetterwinkel: Hier sind venöse Rückstösse am Werk. Falls http://www.ms-info.net das nicht klarmacht, erkläre ich es gerne näher. Die venösen Rückstösse wurden übrigens zuletzt an der Sapienza-Universität in Rom nachgewiesen (s.u.).
Hätte ich doch wenigstens einen mutigen Juristen oder Patientenanwalt, der mir hilft gegen die mediale Gehirnwäsche vorzugehen (vgl.Salzburger Nachrichten, 2013, 14. Dezember, Seite 28). Da steht: "Eine Langzeitstudie in den USA zeigt, dass schon mit einem der bisherigen Medikamente die Sterblichkeit durch MS um 40 Prozent zurückgegangen ist" .... Reduzieren Suizid und Euthanasie, opportunistische Infektionen und Malignome schon so weit die Sterblichkeit durch MS? Natürlich ist da nirgends ein Zitat."
Literatur:
Phlebology
http://phl.sagepub.com/content/early/2013/11/15/0268355513512823
The online version of this article can be found at: DOI: 10.1177/0268355513512823
Phlebology published online 15 November 2013 L Tromba, S Blasi, A Vestri, D Kiltzanidi, F Tartaglia and A Redler
Prevalence of chronic cerebrospinal venous insufficiency in multiple sclerosis: a blinded sonographic
Published by: http://www.sagepublications.com
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