Notiz 051: August 2019#
von Martin KruscheNun hat der Verlag den 22.08.2019 als Erscheinungstermin für das Buch festgelegt. Augenblicklich gehen noch Dateien zwischen uns hin und her. Es ist Samstag, am Montag sollen alle relevanten Daten in die Druckerei. Das wird eine ansehnliche Publikation. 160 Seiten, Fadenheftung, Hardcover, Fotos in Farbe und Schwarzweiß, Pläne und Skizzen. Format Din A4. Standardmaße für den problemlosen Versand.
Ich hab rund 500 Illustrationen aufgearbeitet, fast alle werden im Buch sein. Mein Status-Liste endet bei: 495_elektro_hafi.JPG. Sie müssen bedenken, das läuft alles via Teleworking. Ich bin dem Layouter Werner Prokop noch nie real begegnet. Ergo müssen wir einen Modus haben, wo beide den Überblick bewahren, wenn das ganz Material in eine Struktur übertragen wird. Daher: Listen und Notizen.
Als ich vor Jahren mit Willi Hengstler am Drehbuch für einen Dokumentarspielfilm gearbeitet habe, da ging es um steirisches Eisen, war alles vergleichsweise analog. Im sehr großen Zimmer einer alten Villa war eine sehr große Pinnwand verfügbar, zuzüglich der erheblichen Bodenfläche. Da ließen sich mit Zetteln, Blättern und Fotos Räume bauen, in denen herumgegangen werden konnte.
Im kleinen Nebenzimmer stand ein riesiges Textverarbeitungssystem von IBM, eine Art Computerschreibmaschine, so groß wie eine Tiefkühltruhe. Darunter, im Erdgeschoß, stand ein Schneidetisch, an dem Hengstler einen Hundefilm bearbeitete. Wie erwähnt, alles sehr analog. Ich habe mich ständig zwischen meinem Material bewegt. Nun bewegt sich mein Material um mich herum.
Aber das waren die 1980er Jahre. Heute läuft sowas ganz anders. Ich hab gemeinsam mit dem Kulturwissenschafter Matthias Marschik ein Buch über den Steyr-Puch 500 verfaßt. Das war schon einige Monate erscheinen, als wir uns das erste Mal real begegnet sind. Modi wandeln sich eben.
Jetzt aber! Druckvorstufe. Und raus! Alles cool? Nein. Ich kann solche Schluß-Szenen nicht leiden, denn ich mißtraue jedem Ergebnis.
Am liebsten wäre es mir, das Material nicht aus der Hand zu geben, denn ich weiß genau, schon eine Woche später ist mein Blick wieder für jene Schwachpunkte klar, die noch zu bearbeiten wären. Da ein Wort, das im Satz an eine andere Stelle gehört. Dort ein Satz, der so unscharf ist, daß man ihn streichen könnte, weil seine Aussagekraft zu gering bleibt.
Unser Verstand ist so gemacht, daß er vorzüglich mit Lücken umgehen kann, Fehler kompensiert. Kurz, wir sind für vieles blind, weil man sonst im Alltag steckenbleiben würde. Muß man zu viel nachjustieren, zu viel korrigieren, kommt man zu keinem Ergebnis, endet der Tag nicht.
Prokop schrieb mir dieser Tage an einer Stelle: „...das wäre zu viel, das auszubessern beziehungsweise zu löschen.“ Die Worttrennungen und Zeilenumbrüche kann man nicht der Software überlassen. Das ist zu Fehleranfällig. Einer der Aspekte, warum kurz vor der Drucklegung manches bleiben muß wie es ist.
Der andere Aspekt ergibt sich aus einer alten Faustregel. Ab einem gewissen Punkt wird die Arbeit nicht mehr besser, egal, wie sehr man daran dreht. Ich weiß das und will es nicht zu Kenntnis nehmen. Aber, wie erwähnt, übermorgen wird gedruckt. Punkt!