Notiz 029: Formenspiele#
von Martin KruscheBertone. Frua. Pininfarina. Vignale. Zagato. Allerhand Familiennamen wurden zu renommierten Designmarken. Das konnte sich auch von einem Kutschenbauer herleiten, wie zum Beispiel Brougham oder Gläser. Andere, wie Saoutchik, stammen zwar aus der Kutschen-Ära, haben sich aber im Design nicht vom Kutschenbau her profiliert, sondern über individuelle Wege.
Einige Industriedesigner konnten sich als Einzelpersönlichkeiten prominent in die Geschichte eingetragen, ohne (meines Wissens) mit einer eigenen Marke herausgekommen zu sein. Raymond Loewy oder Norman Bel Geddes. Albrecht Graf Görtz oder Louis Lucien Lepoix.
Eine interessante Mischform dieser Geschichte ist Porsche Design. Gründer war „Butzi“ Porsche, der Sohn von Ferry und Enkel des Giganten Ferdinand Porsche.
Lepoix und Porsche Design waren übrigens auch für die Steyr-Daimler-Puch AG tätig. So stammt vom Belgier das Maxi-Design und von den Deutschen die Cobra. Dagegen war der hauseigene Friedrich Spekner maßgeblich mit der Monza befaßt, die der Anlaß zum Aufbau einer Designabteilung wurde.
Andrerseits hat der Haflinger keinen exponierten Designer dieser Art, den man nennen könnte, dem sich das Hafi-Design klar zuordnen ließe. Da wurde in Graz einfach noch anders gearbeitet. Nebenbei bemerkt, im Jahr 1968 erhielt der Hafi den „Staatspreis für gute Form“. Selbstverständlich ist an diesem Fahrzeug Designarbeit geleistet worden.
Vielleicht haben Sie schon einmal den Satz „Form follows function“ gehört. Die Form folgt der Funktion. Das geht auf Überlegungen des Bildhauers Horatio Greenough zurück, die er etwa Mitte des 19. Jahrhunderts angestellt hatte. Eine Annahme, die gerne in den Designbereich eingebracht wird, aber sicher nur einen Teil der Phänomene betrifft. (Architekt Louis Sullivan soll diese Formel dann populär gemacht haben.)
Der Haflinger ist in der Erscheinung selbstverständlich stark von seiner Funktion geprägt. Überdies wurde er primär für Militärs entwickelt und ein Soldat wird wohl kaum gefragt, ob er seine Ausrüstung hübsch findet.
Doch darum geht es gar nicht. Techniker sind ganz offensichtlich auch mit ästhetischen Qualitäten befaßt. Vergleichen Sie den AP 600, die Flachnase aus der Vorserien-Ära, mit dem AP 700. Da hat sich die Anordnung einzelner Fahrzeug-Komponenten verändert. Damit wurde auch das Sickenmuster an etlichen Stellen abgewandelt.
Nun müssen Sicken ja eigentlich nichts anderes, als einer Blechfläche Stabilität geben. Aber warum sollte man dabei die Ansehnlichkeit ignorieren?
Oder denken Sie an die Linienführung des Verdecks. Man kann, um den Raum des Fahrzeuges zu gestalten, sicher manche Spriegel so oder so anordnen. Vom Buckel zur eleganteren Dachlinie waren es noch einige Schritte.
Insgesamt scheint mir, daß der Hafi in seiner Serienversion gegenüber der frühen Flachnase an Ausgewogenheit erheblich gewonnen hat, eine Spur freundlicher wirkt. Ist das wichtig? Irgendwie ja. Weder die Planenverdecke, noch die Polyesterkabine wurden bis zum Produktionsende markant verändert; Sonderformen für spezielle Zwecke ausgenommen.
Man darf sicher von einer gelungen Linienführung sprechen, die – wie sich zeigt – noch heute gefällt. Da hat also das Team rund um Erwin Ledwinka ganze Arbeit geleistet. Auch wenn ich gerne einräume, daß Geschmacksurteile immer strittig bleiben.
Weiterführend#
- Eine Frage der Form (Überlegungen zum Thema Design)
- Markante Linienführung (Wer ist der Designer des Steyr-Puch Haflinger?)