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Notiz 056: Rollende Konferenzen#

von Martin Krusche

Ich war vom Gewicht des Buches überrascht. Der Brocken kommt stattlich daher. Naja, und dann das Durchblättern, ein Staunen, weil es doch befremdlich ist. Es war viel Arbeit auf dieser eigentümlichen Ebene von Bild- und Textdateien, an denen herumzuschrauben ist. Und Berge von Archivalien. Prospekte, Fotografien, Blätter… Jetzt also das Ergebnis.

Das Haflinger-Buch im Reisegewand. (Foto: Martin Krusche)
Das Haflinger-Buch im Reisegewand. (Foto: Martin Krusche)

Die erste Notiz zum Projekt stammt vom April 2018: Benzingespräch in der Konditorei (Auf dem Weg zum Haflinger-Jubiläum). Nun, im August 2019, ist das Buch da.

Dieser Medienwechsel, alles hinüber auf hochkarätiges Papier, nachdem der Layouter seine Vorstellungen umgesetzt hat. Das schafft eine Menge Abstand. Die Ideen, die gedanklichen Prozesse, Notizen, Manuskripte, heute das Buch…

Es wiederholt sich, was ich schon kenne. Da wäre zu erwarten, daß es mich freut und daß mich die Freude daran eine Weile beschäftigt. Aber so ist es nicht. Ich bin zufrieden, daß diese Arbeit ein Ende hat und das Ergebnis sich sehen läßt. Aber ich bin mit Gedanken und Emotionen schon ganz woanders.

Man könnte sagen: das Ankommen ist unverzichtbar, aber es stiftet keine besonderen Momente. Das Hauptereignis bleiben jene geistigen Prozesse, in denen neue Klarheiten und neue Fragen entstehen, in denen man inspirierten Menschen begegnet.

Das hat sich aktuell in einer neuen Leiste ausgedrückt. Martin Krusche: Routen (Mobilitätsgeschichte) ist nun mit den ersten Blättern im Web. Ein frisches Vorhaben, von dem (flame) ein trivialer mythos abgelöst wird. Das erste Blatt von (flame) ging Ende des Jahres 2000 online. Nach fast zwei Jahrzehnten hat sich dieser Modus erledigt, zumal jene Website noch auf Framesets basiert. Die sind für Displays von Mobiltelefonen völlig ungeeignet.

Die Betrachtung der 1950er-, 60er- und 70er-Jahre, in denen sich zwei industrielle Revolutionen ereignet haben. (Foto: Martin Krusche)
Die Betrachtung der 1950er-, 60er- und 70er-Jahre, in denen sich zwei industrielle Revolutionen ereignet haben. (Foto: Martin Krusche)

Mir sagt auch die Komplexität nicht mehr zu, mit der das alte Online-Projekt heute im Web hängt. Ich weiß ja selbst nicht einmal mehr annähernd, was ich da alles zusammengetragen habe. Deshalb wurde die rollende Konferenz mit Norbert Gall zum Anlaß, etwas Neues zu beginnen; zumal wir dabei den „Garagen Liebling“ Gerhard Szamuhely trafen, den ich seit ein paar Jahren nur via Facebook kannte. Und das bei einem Saturday Night Cruising von Micky Tiebers „Alltagsklassikern“. (Also ziemlich eine ziemlich amtliche Community.)

Doch zurück zum Haflinger-Buch, das seinen Anlaß im 60 Jahr-Jubiläum dieses Fahrzeugs hat. Damit sind im Kern die 1950er und 1960er Österreichs erläutert. Das paßt zu einer anderen Publikation: Der kurze Sommer des Automobils. Das basiert auf einer Kooperation mit Kulturwissenschafter Matthias Marschik und hat die 1970er Jahre zum Thema.

Norbert Gall als Konzertmeister im Lexus ES 300h. (Foto: Martin Krusche)
Norbert Gall als Konzertmeister im Lexus ES 300h. (Foto: Martin Krusche)

Kalter Krieg und Massenmotorisierung. Nun wäre noch das Ende dieser Ära zu beschreiben, wie wir es gerade erst erleben. Daß nämlich individuelle Mobilität aufhört, sich auf den massenhaften Privatbesitz von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zu stützen. Wohin das führen wird? Wissen wir noch nicht. Aber der Umbruch hat schon begonnen.

Ich bearbeite diese Themen in einem speziellen Zusammenhang. Mich beschäftigt seit einigen Jahren, was es an Querverbindungen zwischen Volkskunst, Popkultur und Gegenwartskunst gibt. Dabei muß ich derzeit noch klären, welchen Stellenwert ich in diesem Gefüge dem Thema Design geben möchte.

Es ist in meinem Milieu nicht sehr populär, diese Genres miteinander zu verknüpfen. Mir bleibt aber nichts anderes übrigen; bei meinem aktuellen Spleen, diese Dinge in einem sehr großen Zeitfenster zu betrachten. Von der Vorgeschichte zur Neolithischen Revolution. Über die Schönheiten der Bronzezeit in die Antike, in welcher ein Maschinenzeitalter hätte beginnen können, aber nicht kam.

Dann quer durch das Mittelalter mit den Wunderwerken an Mühlen, Wasser- und Windrädern. Die Renaissance. Die Erste Industrielle Revolution. Die Digitale Revolution. Nun Maschinen, die von Maschinen lernen. Ich kann nichts davon außer acht lassen… Es wird dazu noch etliche rollende Konferenzen brauchen.