Heimisches Obst#
Äpfel, Birnen, Kirschen aber auch Marillen, Trauben und Zwetschken werden allgemein als heimisches Obst im Gegensatz zu den südländischen Früchten wie Orangen, Zitronen oder Bananen bezeichnet. Der Begriff heimisch ist aber nur dann richtig, wenn man darunter Früchte versteht, die bei uns im Freien wachsen und nicht nach ihrer ursprünglichen Herkunft.
Die meisten unserer Obstsorten stammen aus anderen Regionen. Man sieht es auch an den Namen. Sie sind fast alle aus einer anderen Sprache entlehnt. Nur das Wort Apfel hat einen germanischen Ursprung, ein Hinweis, dass Äpfel schon sehr lange Zeit in unserem Kulturkreis bekannt sind und genutzt werden.
Für die Sammlerkulturen waren die Wildäpfel begehrte Früchte, auch wenn diese damals wesentlich kleiner und weit nicht so süß waren wie die heutigen Äpfel. Erst über eine Jahrhunderte lange Auslese und Züchtung sind unsere Apfelsorten entstanden. Der in Mitteleuropa heimische Holzapfel dürfte dabei kaum eine Bedeutung gehabt haben. Die wichtigsten Ahnen des Kulturapfels sind der Kaukasus Apfel (Malus orientalis) und der Altai Apfel (M.sieversii).
Aus der Römerzeit sind uns schon viele Sorten bekannt. Plinius beschreibt 23 Apfelsorten, 39 Birnen-, 9 Pflaumen-, 7 Kirschen-, 6 Walnuss- und 71 Weinreben-. Aus der Zeit Karls des Großen kennen wir vier Sortennamen: Geroldinger, Gosmaringer, Krevedellen und Speieräpfel. Wir wissen bis auf den Speierling aber nicht wie diese Sorten ausgesehen haben.
Im 19. Jahrhundert erlebte die Obstsortenzüchtung in Europa einen enormen Aufschwung. Tausende neue Sorten entstanden und wurden in ganz Europa verbreitet. Daher gibt es bei uns sehr viele Sorten mit ausländischen Namen , wie Reinetten und Ramboure . Die fremden Namen wurden oft falsch ausgesprochen , verändert oder eingedeutscht, wodurch es zu einer Vielzahl an Synonymen gekommen ist. Ähnlich aussehende Sorten wurden zu einem Übergriff zusammengefasst, auch wenn es sich um verschiedene Sorten gehandelt hat. So wurden rotschalige Äpfel in manchen Gebieten als Zigeuner, gelbschalige als Semmeläpfel oder rauschalige als Lederapfel bezeichnet.
Waren die offiziellen Namen schwer zu merken, wie beim französischen Jakob Lebel, wurde die fette Schale namensgebend. Man bezeichnete ihn in einigen Teilen Oberösterreichs als Schmierling.
In den letzten 50 Jahren kam es zu einer starken Sortenreduzierung. Der bäuerliche Obstgarten hatte bisher eine sehr große Bedeutung für die Produktion des Speiseobstes und des Mostes, er gehörte genauso zum Hof wie das Vieh oder der Brunnen.
Mit der Mechanisierung der Landwirtschaft veränderte sich die Einstellung zum bäuerlichen Obstbau in zweifacher Weise. Die Mechanisierung erforderte größere, möglichst produktive Agrarflächen, also konträr zu der bisherigen kleinteiligen Agrarstruktur mit ihren Hecken , Rainen und Obstreihen entlang der Grundstücke und sie verringerte auch drastisch die Zahl der Landarbeiter. Bauernhöfe wurden zu Familienbetrieben ohne Gesinde vielfach sogar zum Nebenerwerbsbetrieb. Damit sank der Eigenbedarf an Obst ohne gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, das Obst im Markt absetzen zu können. Der Markt verlangte wenige Sorten, gleicher Qualität und zu günstigen Preisen. Bedingungen , die nur vom Plantagenobstbau erfüllbar waren. So hatte die Motorsäge ein leichtes Spiel. Im Mittelalter galt es als eine der schlimmsten Strafen, wenn in Kriegswirren die Obstgärten gerodet wurden. Nun legte der Bauer selbst Hand an. Es hätte gar nicht der Förderung der Kammer bedurft, die es leider auch gegeben hat.
Inzwischen ist ein Umdenken eingetreten. Doch die Mehrheit des einstigen Bestandes ist längst verschwunden und damit die Vielfalt an Sorten. Unglaublich rasch ist auch das Wissen um die Namen der Sorten verschwunden. Das Anpflanzen alter Sorten wird zwar gefördert, doch sind nur mehr wenige in den Baumschulen zu beziehen, da diese nur das produzieren, was gekauft wird. Nachgefragt werden leider nur jene Sorten, die aus dem Supermarkt bekannt sind. Also Sorten, die für die Produktion in den Obstplantagen in günstigem Klima gezüchtet wurden. Diese wunderschön aussehenden Äpfel brauchen neben einem guten Klima auch fachliches Wissen für die Pflege und meistens chemischen Einsatz in der Kultur.
Das heißt aber nicht, das alle Plantagenäpfeln junge Sorten wären. Einige dieser Sorten, wie der Golden Delicious , sind älter als sogenannte alte, heute gepriesene Sorten, wie der Rote Boskoop.
Entscheidend ist nicht, wie alt eine Sorte ist, sondern ob sie für das jeweilige Gebiet geeignet ist. Bei in einem Gebiet altbewährten Sorten hat man natürlich die Gewähr, dass diese an das jeweilige Lokalklima angepasst ist, sonst wäre sie schon längst verschwunden, etwa durch Frost vernichtet oder wegen schlechter Fruchtqualität nicht mehr vermehrt.
Zurzeit gibt es Beiträge über alte Obstsorten im Heimatlexikon, die dort über die Arche Noah hineingestellt wurden, siehe z.B. Apfelsorten, Birnensorten, Kirschensorten, Marillensorten. Es handelt sich dabei vor allem um in NÖ verbreitete Sorten. Wir hoffen, im Austria-Forum noch mehr über heimisches Obst und alte Sorten bereichten zu könne.
Ich freue mich über jeden Bericht über eine andere Obstsorte und bitte solche Berichte als Email mit Bildanhängen an mich zu sendne, also wolfgang.danninger@gmail.com. Danke!
P.S.: Wenn sich genügend ergibt ist an die Einführung einer eigenen Kategorie gedacht. Im Augenblick bleibt es bei einem Essay, der aber mehr und mehr erweitert (und geändert) werden soll.
Weiterführendes: >