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„Die schräge Idee allein ist es nicht“ #

Martin Teichmann, Eisenbahn- Drehgestell-Entwickler und Erfinder des Jahres, kritisiert die Tendenz in Europa, Ideen in der Schublade verschimmeln zu lassen.#


Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der Kleinen Zeitung (Mittwoch, 24. August 2016)

Von

Norbert Swoboda


Martin Teichmann
Martin Teichmann
Quelle: Kleine Zeitung

Es gibt einen Satz, den Martin Teichmann immer und immer wieder verwendet: „Es muss einen Mehrwert geben.“ Für den Techniker bei Siemens Mobility (Fahrzeugtechnik) in Graz, der auch Siemens-Erfinder des Jahres 2007 war, ist dies der Schlüssel zu allem: „Es muss einen Mehrwert geben. Wenn man nur rein an Kostenreduktionen denkt, kommt einfach zu wenig heraus. Die Anforderungen so billig wie möglich zu erfüllen – damit ist es unmöglich, ein Produkt abzuleiten, das in zehn Jahren erfolgreich sein wird. Man muss durch alle Geschäftsstrukturen und durch alle Ausschreibungstexte hindurch auf das Produkt selbst schauen: Es gibt dort einen Mehrwert, und den muss man mit allen technischen Mitteln anstreben.“

Teichmann – er ist bei vielen Patenten von Siemens Mobility als Erfinder benannt – denkt beim Thema Entwickeln und Verbessern in größeren Dimensionen. Wie kann man erreichen, dass ein Zug nur halb so viel Energie benötigt und dabei aber ein Drittel mehr Fahrgäste befördern kann?

Kommunikation beim Essen #

„Die schräge Idee allein ist es nicht. Es steckt immer extreme Knochenarbeit dahinter“, sagt Teichmann. Und ganz allein kommt man erst recht nicht weit. „Bei uns im Haus gibt es schon lange eine Kultur, die Innovationen fördert. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht, und das führt zu einem breiten Rückhalt. Wir sind hier am Standort in Graz beinahe 950 Leute, davon 180 im Engineering. Man kennt sich, die Kommunikation beim Mittagessen läuft. Je besser man sich kennt, umso besser funktioniert es. Ich bin da nicht allein, es ist oft wie ein Puzzlespiel, das man gemeinsam löst.“ Ist das Patentwesen noch zeitgemäß? „Ein Patent hat immer eine Idee, einen Bedarf und eine Lösung. Das ist sehr hardware- oder verfahrensorientiert. Aber eigentlich geht es ja um einen gesellschaftlichen Mehrwert, wenn wir einen Zug hinstellen, der Energie spart und Arbeitsplätze sichert. Das bildet ein Patent nicht ab.“

Teichmann wünscht sich für europäische Firmen mehr Mut zum unternehmerischen Risiko: „Bei uns in Europa geht man immer von den höchsten Kosten und dem geringsten potenziellen Mehrwert aus. Das ist oft übervorsichtig und besser wäre es, auch in die andere Richtung zu denken. Ich möchte gar nicht wissen, was deshalb in Europa alles in den Schubladen verschwindet.“

Kleinen Zeitung, Mittwoch, 24. August 2016

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