Der größte Drache Chinas#
Dongyang und sein Lichterdrache#
Von
Die Bilder wurden vom Verfasser im Februar 1999 aufgenommen. Sie sind Teil des Archivs Bilderflut Jontes
Dongyang ist eine kreisfreie Stadt in der südchinesischen Provinz Zhejiang und liegt 200 km südlich von Hangzhou, der Provinzhauptstadt. Sie zählt etwa 1 Million Einwohner, ist also eine der kleineren Großstädte Chinas. Der Name bedeutet „Östliche Sonne“, was schon einiges über ihre historische Bedeutung aussagt. Sie tritt 125 n. Chr. während der Östlichen Han-Dynastie in das Licht der Geschichte. Dongyang hat eine besondere Beziehung zum chinesischen Fabelwesen schlechthin, dem Drachen.
In der chinesischen Architektur nimmt die Stadt eine besondere Stellung ein, denn der Baukomplex der Familie Lu ist eine riesige Anlage, die im Spätmittelalter zu bauen angefangen wurde und stilistisch den Übergang von der Ming zur Qing-Dynastie markiert. Die chinesische Dynastie der Ming wurde dann 1644 von der landfremden Qing- oder Mandschu-Kaiserlinie gestürzt, die China bis ins frühe 20. Jahrhundert regierte. Der Lu-Palast wird wegen seiner Größe auch als der Südliche Kaiser-Palast genannt. Ein großer Teil davon wurde bewahrt und ist Ziel vieler Fremder.
Dongyang ist von Alters her auch ein Zentrum verfeinerter Schnitzkunst, deren virtuose Werke man an den historischen Gebäuden bewundern kann.
Das Besondere an den Schnitzereien Dongyangs ist, dass diese nicht wie sonst üblich lackiert werden.
Die Kunst der Kalligraphie steht in China in hohem Ansehen und gleichberechtigt neben Architektur, Malerei und Plastik. Sie drückt nicht nur Zeit- und Personalstil aus, sondern hat selbst bei Aufschriften über Toren und allgemein im Stadtbild Charakter und erweckt auch bei westlichen Ästheten in ihrer abstrakten Auslegung Bewunderung.
Der Großteil der Stadt ist jedoch triste Aneinanderreihung gesichtsloser Fassaden und Häusern, die aber immerhin in der Überschau einen Eindruck von der alten Straßen-und Gassenführung geben, ehe der kulturfeindliche Mao-Kommunismus seine Ideologie vehement umsetzte.
In Dongyang gibt es ein Frühlingsfest, das noch nicht marktschreierisch dem Massentourismus geopfert wurde und die ganze Stadt in einen Freudentaumel wie zu Neujahr versetzt. Es ist das Fest des Lichterdrachens. Die Drachen sind in China ganz im Gegensatz zum Westen den Menschen wohlgesonnen. Sie betreuen jeder für sich Bereiche der Natur, der Bergwelt und anderer für den Menschen wichtigen Zonen. Einer der friedfertigsten und hilfreichsten unter ihnen ist der Lichterdrache. Seine Verehrung geschieht in einem nächtliche Spektakel, das die gesamte Bevölkerung der Stadt zusammenführt. Dabei werden die einzelnen Teile des Drachens von je einer Familie oder einem Clan gestaltet und für die Prozession dergestalt zusammengesetzt, dass ein hunderte Meter langes Gebilde entsteht.
Die Laternen in der Glücksfarbe Rot werden von innen mit einer Kerze erleuchtet, was in der Dunkelheit einen prächtigen Effekt ergibt
Jeweils ein Teil des Drachens wird mit Laternen, Blumen und anderen Garnituren wie Windrädern geschmückt und gelenkig mit den Nachbarn verbunden. Man sieht, mit welcher Freude die Leute an der Arbeit sind und dass dieser prächtige Brauch vor allem durch junge Männer aus der Tradition heraus weitergetragen wird.
Sind längere Teile fertig, so werden sie gehoben und die zuständigen Eigentümer laufen mit ihnen noch vor dem allgemeinen Zusammensetzen zum Ganzen eine Strecke, um zu erproben, ob die Verbindungen wohl standhalten.
Nach Einbruch der Dunkelheit formiert sich dann die Prozession
Das schaulustige Volk ist in Massen zusammengeströmt, Alt und Jung folgen dem Spektakel mit großer Freude. Alle sind mit voller Seele dabei.
Auf einem großen Platz formiert sich nun der nächtliche Tanz des Lichterdrachens. Der lange und schwere Kopf, der Schwanz und die Segmente heben und senken sich in Wellen und die Drachenträger tanzen immer engere Kreise, bilden verschiedene Figuren, die sich ver- und dann wieder entwirren. Es ist ein betörendes nächtliches Schauspiel.
Der Kopf des Drachentanz vorneweg.
So sieht der Schwanz des Drachens aus
Am Nachmittag des nächstens Tages zieht noch einmal ein Zug durch die Stadt. Dabei werden unter musikalischer Begleitung von Gong, Trommel und trillernden Oboen Kopf und Schwanz des Lichterdrachens herumgetragen und dabei auch Spenden gesammelt.