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Bis 28. September 2014#

Wien Museum
Experiment Metropole. 1873: Wien und die Weltausstellung

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1873 wurde für Wien zum entscheidenden Schwellenjahr. Wie der Bau der Ringstraße, symbolisierte die Weltausstellung den Ehrgeiz Wiens, internationale Bedeutung zu erlangen. Die bisher umfangreichste, fünfte, Weltausstellung vereinte 53.000 Aussteller aus 35 Ländern mit 194 Pavillons. Der Industriepalast mit der 85 Meter hohen Rotunde, war der größte Kuppelbau der Welt, die Maschinenhalle maß 800 Meter. Vom 1. Mai bis zum 2. November kamen mehr als sieben Millionen Besucher, doch die Ziele wurden nur zum Teil erreicht. 1873 war auch das Jahr des großen Börsenkrachs, mit dem eine Phase des Wirtschaftsbooms und des Fortschrittsoptimismus jäh zu Ende ging. Die dreiteilige Großausstellung informiert über Bauprojekte, soziale Aufsteiger und Verlierer in der Gründerzeit, Technik, Mobilität, Medizin und Mode, wie auch die Hochblüte der dekorativen Künste. Zu sehen sind u. a. der umfangreiche Bestand des Wien Museums an Bildern der Wiener Photographen-Association und zahlreiche Originalobjekte der Weltausstellung 1873.

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Die Voraussetzungen schienen günstig. Eine „Wunderernte“ eröffnete 1867 Exportchancen. Mit der Staatsreform, aus der die Doppelmonarchie resultierte („Ausgleich“ mit Ungarn), stellte man die Handels-, Zoll- und Steuerpolitik auf eine neue Grundlage. Motoren des Aufschwungs waren Eisenerzeugung, Maschinenindustrie und Baubranche. Wien etablierte sich als Finanzplatz, bis 1873 schossen unzählige, teils dubiose Aktiengesellschaften aus dem Boden. Diese „fetten“ Jahre boten die Gelegenheit, um den von Industriellen, Gewerbetreibenden und Handelspolitikern sowie von Befürwortern einer Kunstgewerbereform lange gehegten Plan einer Weltausstellung in Wien in die Tat umzusetzen. Seit der "Great Exhibition of the Works of Industry of All Nations" in London 1851 hatte es drei weitere Weltausstellungen (1855 und 1867 in Paris, 1862 in London) gegeben. Diese „Feste des Fortschritts“ fungierten als Plattform für den globalen Wissensaustausch zwischen Ingenieuren und Fabrikanten, und sie brachten dem Gastgeberland Imagegewinn. Die Warnung des Bürgermeisters Cajetan Felder wegen der zu hohen Kosten blieb unberücksichtigt.

In den 1870er Jahren wurden auch andere Großprojekte begonnen - neben dem Bau des Rathauses vor allem Verbesserungen der technischen Infrastruktur, wie die Donauregulierung, die Erste Hochquellenwasserleitung, der Zentralfriedhof, Gründerzeit-Bahnhöfe, Brücken über die Donau, den Donaukanal und den Wienfluss. Private Investoren realisierten das Grundnetz der (Pferde-)Tramway. In den neu angelegten Rastervierteln der Vororten entstanden die berüchtigten "Zinskasernen".

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Neben der Weltausstellung ist die Ringstraße ein zentrales Thema der Ausstellung. 1857 hatte der Kaiser den Abbruch der Stadtmauern und die Verbauung des Glacis angeordnet, ein Jahr später brachte ein internationaler Wettbewerb den „Grundplan“ hervor, der als Leitbild die wichtigsten Monumentalbauten, Grünflächen, Sichtbezüge und Plätze festlegte. Die Oberaufsicht lag beim Innenministerium. Die Repräsentationsbauten des Staates wurden mit den Erlösen aus dem Verkauf von Grundstücken finanziert. Am 1.Mai 1865 erfolgte die feierliche Eröffnung des Prachtboulevards, obwohl sich ein Großteil erst im Planungsstaium befand. 1873 waren die wichtigsten öffentliche Bauten in Bau, etwa das neue Rathaus, das Parlament oder die Museen. Führende Architekten wie Heinrich Ferstel, Theophil Hansen und Friedrich Schmidt planten die ersten Hauptwerke im „Wiener Stil“, der international Furore machte.

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Nach dem kaiserlichen Beschluss zur Weltausstellung entstand in kürzester Zeit im Prater eine "Stadt in der Stadt". Unter der Leitung des Architekten Gottfried Hasenauer wurden Industrie-, Maschinen- und Kunsthallen sowie fast 200 Länder- und Firmenpavillons errichtet, dazu eine moderne Infrastruktur mit Kanalisation, Schienentrassen und Bahnhof.Weltausstellungen waren konzipiert als populäre Menschheitsenzyklopädien, die die unterschiedlichsten Aspekte – Industrie, Technik, Wissenschaft, Kunst, Kultur etc. – abdecken sollten. Dem breiten Publikum eröffneten sie als globales Schaufenster neue Erlebnisdimensionen. Eine konsumfreudige Gesellschaft fand eine Überfülle von kunstgewerblichen Objekten und Luxusartikeln vor. Im Prater konnte man eine architektonische Weltreise unternehmen. Die größte Anziehungskraft übten die orientalischen und asiatischen Pavillons aus. Sie wurden zu einem besonderen Charakteristikum der Wiener Ausstellung und lösten Trends in Mode, Kunstgewerbe und Lifestyle aus.

Weitere Themen der Ausstellung sind die Massenvergnügungen der Gründerzeit, Innovationen bei Wohnkultur und Ingenieurskunst , die Rolle der illustrierten Medien, Erfindungen wie die Rohrpost und die zeitgenössischen Kunstdiskurse. Als Musikhauptstadt bot Wien um 1870 die Bühne für einen musikalischen „Titatenkampf“ zwischen Johannes Brahms auf der einen und den Neuerern Anton Bruckner und Richard Wagner auf der anderen Seite. In die frühen 1870er-Jahre fällt Österreichs erste ökologische Kampagne gegen die Abholzung des Wienerwalds, ebenso wie die Nordpolexpedition.

Von der Weltausstellung 1873 ist vor allem das Defizit in das kollektive Gedächtnis eingegangen – 4,2 Millionen Gulden Einnahmen standen Ausgaben in Höhe von 19 Millionen Gulden gegenüber. Kostenexplosion, Börsenkrach und – nicht zuletzt aufgrund der Choleraepidemie – weniger Gäste als erhofft, führten zu einer starken Ernüchterung. Dessen ungeachtet gelang es der k. k. Residenzstadt, sich erstmals seit dem Wiener Kongress wieder ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit zu rücken.