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Laut Reders Information durch Josef WeingÀrtner, hatte vormals im Hagen - aufgrund einer
erhaltenen und ihm, Reder, gezeigten bildlich-skizzenhaften Darstellung im Archiv - ein âauf
gebogenen Fischleibern statt FĂŒĂen stehender SekretĂ€râ existiert; WeingĂ€rtner habe an den
bekannten Delphinschreibtisch denkend, darin Delphine gesehen, was er, Reder, persönlich
aufgrund der Form des eher wulstig wirkenden Fischmaules anzweifelte. Sie waren laut sÀuberlich
beigefĂŒgtem Vermerk aus Holz geschnitzt und bemalt gewesen. 319
In diesem Zusammenhang sei auf jenen Delphinschreibtisch verwiesen, der sich im
Schwarzenbergischen Schloss Frauenberg bei Budweis befindet. Nach Ansicht Anton Schlossars
wÀre jener wert, in einem kaiserlichen Gemach zu stehen. Stifters Witwe hatte nach dem Tod des
Gatten, einen solchen der FĂŒrstin Schwarzenberg verkauft. 320
Möglicherweise hatte die von Reder
gesehene Skizze als Vorbild gedient. Die erwÀhnte Skizze könnte aber auch einer der Besitzer als
Geschenk (Johann Heinrich von Starhemberg von Stifter?) erhalten bzw erworben haben.
Der Dichter lieĂ im âNachsommerâ Heinrich Drendorf den Schreibtisch mit den DelphinfĂŒĂen
zeichnen: âNach dem Kleiderschreine nahm ich den Schreibtisch mit den Delphinen vorâ.321
Wieder einmal erscheint es als denkbar, dass Stifter in dichterischer Freiheit, im Hagen Erlebtes
und Gesehenes in diesem Roman eingebracht, dieses Schloss und sein Umfeld gleichsam zum
Schauplatz einer ErzÀhlung gewÀhlt haben könnte, ebenso wie Traunkirchen zuweilen als Vorbild
von Stifters âHagestolzâ angesehen wird.322
Zu den âWulstlippenâ des Delphins ist zu bemerken, dass vielen Menschen zur Zeit Stifters
Delphine noch nicht bekannt waren. Ein Beispiel eines Delphins mit wulstigem Maul findet sich
auch im Schloss Waldenfels der Grafen Grundemann von Falkenberg. 323
Stifter bewunderte ferner im Rosenhof das antike Mobiliar und die Kunstfertigkeit mit welcher es
restauriert oder nachgebaut wurde. Er hatte die Handfertigkeiten zur Restaurierung alter Möbel
selbst gelernt und an seinen eigenen MöbelstĂŒcken oft Hand angelegt, weshalb er dieser
Kunstfertigkeit im âNachsommerâ besonderes Augenmerk zuwandte und die WerkstĂ€tte, GerĂ€te etc
sowie den besonderen Reiz von AntiquitĂ€ten detailliert beschrieb: 324 âHier werden Dinge, welche
lange vor uns, ja oft mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeit verfertigt worden und in Verfall
geraten sind, wiederhergestellt, wenigstens so weit es die Zeit und die UmstÀnde nur immer
erlauben. Es wohnt in alten GerÀten beinahe wie in den alten Bildern ein Reiz des Vergangenen
und AbgeblĂŒhten, der bei dem Menschen, wenn er in die höheren Jahre kömmt, immer stĂ€rker wird.
Darum sucht er das zu erhalten, was der Vergangenheit angehört, âŠ.â325
Auch im Hagen existierte eine TischlerwerkstÀtte, in einem der zum Meierhof gehörigen
WirtschaftsgebĂ€ude. Obwohl angeblich in der Ăra WeingĂ€rtner bereits total veraltet, aber gut
ausgestattet, wurde sie noch im 20. Jahrhundert, von dem als sehr geschickt bezeichneten Mieter
Kunsttischler Leopold Trefflinger benĂŒtzt, welcher zahlreiche Reparaturen und ErgĂ€nzungen aufs
SorgfĂ€ltigste durchfĂŒhrte, so im Empfangszimmer des Schlossherrn. 326
319
Reder, PI 19. MĂ€rz 2001. Reder sprach von âwulstigen Lippenâ im Gegensatz zum schmalen Kiefer eines Delphins.
Er lieĂ sich daraufhin eine Steinskulptur âDer Knabe auf dem Delphinâ anfertigen, die noch heute im Garten seiner
Besitznachfolger steht.
320
GroĂschopf, Stifter, 150,172/73. Stifter, Nachsommer, 77.
321
Stifter, Nachsommer, 77 f, 296.
322
Vgl GroĂschopf, Stifter, 99.
323
Schloss Waldenfels bei Reichenthal im MĂŒhlviertel; SchĂ€ffer, 24. Juni 2013.
324
Stifter, Nachsommer, 84 ff. GroĂschopf, Stifter, 150.
325
Stifter, Nachsommer, 85.
326
Rezac Johann, PI 24. Juli 2001. Dorninger, PI 26. Oktober 2009. Litzlbauer, PI MĂ€rz 2005. Stockhammer, PI 1. Juli
2013. Witwe Elfriede Trefflinger, PI 9. MĂ€rz 2010. Vgl Stifter, Nachsommer, 84.
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Adalbert Stifter und Schloss Hagen
- Titel
- Adalbert Stifter und Schloss Hagen
- Autoren
- Hanna SchÀffer
- Herbert SchÀffer
- Verlag
- Eigenverlag
- Ort
- Linz
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 97
- Schlagwörter
- Oberösterreich, Biedermeier
- Kategorien
- Biographien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit 1
- Kurzinformation zum Landgut/Schloss Hagen 7
- Adalbert Stifters Umzug nach Linz u. sein Kontakt zu Hagen 11
- Parallelen im Hagen zu Stifters "Nachsommer" 29
- Vergleich - identifizierbare Details zu den Ă€uĂeren Gegebenheiten Hagens 36
- Vergleich - identifizierbare Details in Innenbereich des Schlosses Hagen 58
- Anregungen zum historischen Epos "Witiko" 76
- Ausklang 82
- Anhang: Wappenwand d. Johannes-Kapelle d. Schloss Hagen 85
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 88
- Literaturliste 89
- Kurzer Blick auf die Autoren 91