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Der Möbelwettbewerb, an dem sich amm und die Studierenden des Instituts für Raumgestaltung 2018/19
mit einer ganzen Reihe von engagierten Projekten beteiligt haben, erinnerte an eine der bedeutendsten
Architektinnen in Österreich. Möbelwettbewerbe gab es in Graz auch schon um 1930, also genau zu der
Zeit, als Anna Lülja Praun (damals: Simidoff) hier Architektur studierte und im Atelier von Herbert Eichholzer
ihre ersten wichtigen Erfahrungen machte. Später entwickelte sie einen Ansatz, der sich durch die Verwen-
dung einer Vielfalt an mitunter auch unkonventionellen Materialien und durch eine auf die Bedürfnisse der
AuftraggeberInnen individuell zugeschnittene, funktionelle Herangehensweise auszeichnete. Vieles davon
hat die Projekte von amm inspiriert.
Aus der Zusammenarbeit von Anna Lülja Simidoff mit Eichholzer ging 1936 ein Wettbewerbsbeitrag für
erschwingliche Serienmöbel für den einfachen Haushalt hervor: Bett, Tisch, Geschirrschrank, Nachtkastel etc.
aus Weichholz, zum Teil mit Lederelementen.
In der Regel waren die Möbel, die ArchitektInnen der Zwischenkriegszeit in Graz entwickelten, jedoch Einzel-
entwürfe, entstanden im Rahmen von Wohnungsumbauten oder Einfamilienhausprojekten und wurden
ausgeführt von spezialisierten Handwerksbetrieben. Immer wieder finden sich multifunktionale Möbel wie
Tagbetten mit Radioeinbauten oder Regale mit aufklappbaren Schreibtischen.
Besonderes Merkmal dieser Zeit war eine große formale Bandbreite. Je nach Auftraggebervorlieben griffen
die ArchitektInnen in ein Reservoir verschiedener Möbelstile: neben Kombinationen von furnierten Holztei-
len mit Stahlrohr gab es Anklänge an Möbel der Architekten Josef Frank oder Heinrich Tessenow oder auch
ganz ‚bodenständige‘ Formen, die dann mitunter recht bieder daher kamen. Oft wurden die Interieurs auch
ergänzt mit heute zu Ikonen gewordenen Stahlrohrmöbeln aus dem Bestand der Firma Thonet-Mundus.
Der Bezug zu Anna Lülja Praun verweist nicht nur auf die vorbildhafte Qualität ihrer Entwürfe, sondern auch
auf den Umstand, dass die junge Architektin in den 1930er-Jahren Teil eines Freundeskreises von Künstle-
rInnen und Intellektuellen war, die kritisch und engagiert auf die heraufziehenden politischen Ereignisse des
österreichischen ‚Ständestaates‘ und des Nationalsozialismus reagiert haben. Der Möbelbaupreis erinnert
uns deshalb alle daran, dass Architektur immer auch gesellschaftliches Handeln ist.
Antje Senarclens de Grancy
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Buch AMM ArchitektInnen machen Möbel"
AMM ArchitektInnen machen Möbel
- Titel
- AMM ArchitektInnen machen Möbel
- Autor
- Judith Augustinovic
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-681-9
- Abmessungen
- 14.8 x 25.0 cm
- Seiten
- 104
- Schlagwörter
- Architektur, Möbel, Sessel, Tische, Stühle, Holz, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort | Irmgard Frank 7
- amm ist gestalterische Haltung und Bekenntnis zu Qualität | Judith Augustinovic 8
- Lilli Hollein 11
- Eva Guttmann 12
- Eberhard Schrempf 13
- Gebhart Blazek 14
- Marion Kuzmany 15
- Thomas Benz 16
- Marina Hämmerle 17
- Ursula Diefenbach und Christoph Adametz 19
- Die Wahrnehmung Möbel | Irmgard Frank 20
- Entwurf und Werkstück 27
- ‚Der Baum wächst nach oben.‘ 31
- Wintersemester 2018|19 . Anna-Lülja Praun Möbelwettbewerb 32
- Eugen Gross 33
- Antje Senarclens de Grancy 34
- Markus Bogensberger 35
- KARLI und Eugen Gross 37
- amm Möbel 38
- Austrian Interior Design Award 2018 57
- Präsentationen – Ausstellungen – Messen 58
- Positionen der Studierenden 64
- An den Hobelbänken 68
- Sommersemester 2019 . Handwerk trifft Design 72
- Paul Streit 76
- Margret Rausch 78
- Johannes Wohofsky 79
- TeilnehmerInnen seit 2017 91
- Chronologie 101
- Impressum 102