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den Gewerbeschein für Handel mit Waren ohne Beschränkung.334Vom Februar 1917 bis anfangs
April 1918 wurden durch die „Leg“ in OÖ um ca. 8 Millionen Kronen Lebensmittel verteilt. Die
Disponenten der „Leg“ besorgten in Ungarn und Kroatien ua Schafe, Fett, Speck und frisches
Gemüse, die nach OÖ gebracht wurden. Im Winter 1918 versuchte sie auch Holz für Brennzwecke
aus Ungarn, Kroatien und Bosnien nach OÖ zu bringen, was aber nicht kontinuierlich funktionierte.
Am 21. April 1922 trat die Gesellschaft, die nun nach dem Krieg ihren Zweck erfüllt hatte und
nicht mehr notwendig war, schließlich in Liquidation und KR Friedrich Tscherne fungierte als
Liquidator bis zur Auflösung am 24. Februar 1928.335
Es erscheint geradezu unfassbar, dass dieser herausragenden, speziell für die Sparte Handel und
Kaufmannschaft überaus bedeutenden und engagierten Persönlichkeit, welche ua einer der
Hauptakteure, Geschäftsführer und schließlich Liquidator der ua von jenem Autor angeführten
„Leg“ war, sich um die Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung bemühte, in dem Buch
„Der Handel in Oberösterreich, Tradition und Zukunft“ keine einzige Zeile gewidmet wurde.336
Einer glücklichen Fügung ist es zu verdanken, dass wenigstens eine im Handelsmuseum Haslach
aufliegende Rechnung der Firma Cusolle-Tscherne als FotoEingang in jenen Bildband fand und
dem aufmerksamen Betrachter den ansonsten ungenannten Namen nahebrachte.337
Friedrich Tscherne, in dieser schlechten Zeit um Begrenzung des Schadens für die Kaufmannschaft
und für seine Mitbürger bestrebt, fungierte als Gesellschafter und unbesoldeter erster
Geschäftsführer einiger Gesellschaften mbH, setzte klug, umsichtig, korrekt und
verantwortungsbewusst deren Interessen um, so ua jene der am 23. September 1916 gegründeten
„Vog“, der Vereinigung oö Großzuckerhändler. Die „Vog“ war im öffentlichen Interesse zum
Zwecke der Regelung des Zuckerhandels in Oberösterreich ins Leben gerufen worden.338
Als Geschäftsführer der Gesellschaft für Obstverwertung „Delica“ GesmbH erreichte er am 25.
September 1917 den Gewerbeschein für die „Fabriksmäßige Erzeugung von Konserven, gedörrten
und gepressten Beeren, Obst, Nüssen, Gemüse, Schwämmen u. dgl.“ Diese musste, bedingt durch
Kriegs- und daraus resultierende Wirtschaftsprobleme im August 1918 in Liquidation treten und am
Jahresende aufgelöst werden. 339
Während des Krieges war Fritz Tscherne Mitglied des Arbeitskomitees der Abteilung
Kriegsapprovisionierung, und versuchte, großteils erfolgreich, OÖ mit Kaffee zu versorgen, soweit
dieser der Kriegskaffeezentrale zur Verfügung stand.340
Friedrich Tscherne wurde 1919 unter den Spezereigeschäften (Mauhart in der Altstadt, Christ und
Tscherne am Hauptplatz) angeführt, welche Stockfisch verkauften. Am 16. Jänner 1919 soll
Familie Kogler, welche seit 1836341 eine Fischhütte in Linz betrieb, noch 5000 kg getrockneten
334 AStL, Gewerbe Register über Freie Gewerbe Tom V, 1907-1918, Nr. 5, Hs. 1998, fol. 285, Z. 27752, dat. 22. VI.
1917. Vgl Pisecky, Handel/Kaufmannschaft, 190: Er erwähnte zwar die „Leg“, nicht aber Tscherne´s spezielle
Bedeutung und Leistung für diese Lebensmittel- Einkaufsgesellschaft.
335 Linzer Volksblatt, mit der illustrierten Sonntagsbeilage „Heimatland“, Nr. 152, Mittwoch, 4. Juli 1928, 60. Jahrgang,
S. 4. Vgl Pisecky, Handel/Kaufmannschaft, 190.
336 Weder bei Pisecky, Handel/Kaufmannschaft, 190, noch bei Sandgruber, OÖs Handel im 20 Jh., 199 ff, ebd.
Überhaupt zeigte die Wirtschaftskammer keinerlei Interesse am hier vorliegenden Buch über ihren vormaligen
„Mitarbeiter“.[Kein Kostenzuschuss zum Druck dieses Buches (bzgl. Aufarbeitung seines Lebens und Wirkens).]
337Pisecky, Handel/Kaufmannschaft, 184.
338 AStL, Gewerbe Register über Freie Gewerbe Tom V, 1907-1918, Nr. 5, Hs. 1998, fol. 285, Z. 27752, dat. 22. VI.
1917.
339 AStL, Gewerbe Register über Freie Gewerbe Tom. V, 1907-1918, Nr. 5, Hs. 1998, fol. 291, Lf. Z. 2905, Zl. 42234;
und Zl. 52273, dat. 10. XII. 1917.
340 Linzer Volksblatt, mit der illustrierten Sonntagsbeilage „Heimatland“, Nr. 152, Mittwoch, 4. Juli 1928, 60. Jahrgang,
S. 4.
341Bartholomäus und Anna Kogler (1851), dann deren Nachfolger Johann und Therese Kogler. 1938 gehörte Friedrich
Kogler die Fischhütte. Diese Familie hatte vor dem 1. Weltkrieg eine Art Monopolstellung für den Fischverkauf.
Kerschner, Linzer Markt für Süßwasserfische, 147. Zu Kogler siehe OÖLA, A Stbg, Sch. 145.
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Der kaiserliche Rat Friedrich Tscherne 1862-1928
Ein bedeutender Sohn der Stadt Linz
- Titel
- Der kaiserliche Rat Friedrich Tscherne 1862-1928
- Untertitel
- Ein bedeutender Sohn der Stadt Linz
- Autor
- Hanna und Herbert Schäffer
- Verlag
- Eigenverlag
- Ort
- Linz
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.01 x 29.71 cm
- Seiten
- 170
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit 4
- Herkunft 6
- Friedrich Georg Tscherne und Familie 22
- Berufliche Entwicklung und Erfolge 64
- Ehrenämter, Mitgliedschaften, Titel, Vereinsarbeit 73
- Der Heimatforscher Friedrich Tscherne 79
- Das Wohnhaus Hauptplatz 15 (30) 81
- Die Sommervilla Hagen 91
- Zusammenfassung 114
- Literaturnachweis 116
- Abkürzungsverzeichnis 119
- Anhang (Stammtafel, Bildmaterial, Firmenbuch, Preisliste) 120