Seite - 107 - in Der kaiserliche Rat Friedrich Tscherne 1862-1928 - Ein bedeutender Sohn der Stadt Linz
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Die Kapelle befand sich in der ersten Mansardengalerie, mit herrlichem Ausblick auf Linz,
gleichsam im dritten Stockwerk. Besonders Frau Tscherne soll sehr fromm gewesen sein, hatte ihre
Hauskapelle schön und geschmackvoll ausstatten lassen.
Familie Reder, die ab 1932 den oberen Teil der Villa besaß, beschrieb die Kapelle folgendermaßen:
An der Erkerwand war ein verzweigter Stammbaum (ähnlich wie im Winkler´schen Haus in
Innsbruck)aufgemalt, an der Decke ein Sternenhimmel, den tatsächlichen Sternbildern
nachempfunden, an der zweiten Wand ein total verblasstes Bild mit Engeln, die ein Wappen trugen
und darunter die Darstellung einer Stadt (vm Innsbruck). Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um
das Wappen der Familie Winkler handelte, welches Reder nicht kannte und das von der
Sonneneinstrahlung verblasst war. Der junge Walter Reder habe das, als er hierher siedelte, gerne
angeschaut. Da jedoch alles schon sehr farbschwach, mit Sprüngen durchsetzt und zum Teil
abgeblättert war, ließ Franz Reder die Wände abkratzen, verkitten und neu weiß streichen. Auch
war die Kapelle mit 4 Stück reichgeschnitzten eleganten Zweierbänken, roten Samtauflagen mit
gebündelten Fransen an den Ecken ausgestattet. Die Samtknieschemel waren ebenfalls rot tapeziert.
Es gab ferner zwei hölzerne vergoldete Stehleuchter und vier Wandkerzenleuchter aus Messing.
Das Prunkstück der Kapelle aber war der erwähnte Wanderaltar, den man zusammenklappen
konnte und den ehemals die Herrschaften vom Schloß besessen hatten. Friedrich Tscherne hatte
laut Mitteilung Josef Weingärtners gegenüber Reders dieses außergewöhnlich schöne Stück im
Schloss Hagen gesehen und den Schlossbesitzer immer wieder darauf angesprochen, bis
Weingärtner es dem Freunde schließlich überließ. Dieser Tragaltar - der aufgrund der Initialen
„N“ und „C“ an der Außenseite dem Baron Nikolaus von Clam zugeordnet werden konnte (dieser
hatte das Schloss Hagen 1725 bis 1748 inne 530) - war mit der Haushälfte und damit auch der
Hauskapelle an Franz und Rosa Reder gelangt. In einer prekären finanziellen Situation wurde er
gegen gutes Geld veräußert, das sie damals für das Haus dringend benötigten.531
Die Darstellung zeigte laut Schilderung Walter Reders im rechten inneren Altarflügel unten die
Stadt Linz, als das Linzer Schloss noch Türmchen hatte, und es wenige Häuser gab und im oberen
Teil erblickte man eine Gruppe von adelig- steif gekleideten Personen mit Kindern. Im linken
Flügel unten erkannte man das Schloss Hagen mit Türmen und oberhalb eine Reihe aufrecht
stehender Steine. In der oberen linken Hälfte dieses Altarsflügels erblickte man das Gut Hagen
noch als Bauernhof, „hoff zwe den Hakhn“ stand darüber, und rechts vom Hof einen kleinen Turm.
Unterhalb und seitlich des Hofes sah man einzelne kleine Häuschen, Weinpflöcke reichten bis zum
Fluss hinab. Vater Franz Reder wies auf „ihr“ Haus hin, das „Moßserhoeffl“ wie in alter Schrift
darunter stand, es war ebenerdig und länglich, neben der „Taffern“ (ehemalige Hoftaverne) gut
ausmachbar und größer als die anderen Häuschen. Schräg davor stand in nord –östlicher Richtung
die „Altth Mawtth“, ein winziges Häuschen. Vis-a-vis davon erkannte man die Säulen, die noch
heute gegenüber der jetzigen Garage stehen.532
Der gegen Süden gelegene Teil der von Tscherne neu erbauten Mansarde, am Plan noch schlicht
mit „Kammer“ bezeichnet, welche die Hauskapelle beherbergte, fiel dem Bombeneinschlag vom 8.
Jänner 1945 zum Opfer (s. Abb.). Der Druck riss Wände und Böden auf und zerstörte weitgehend
den ehemaligen Kapellenraum.533Der Hausaltar war, aus dieser Sicht „glücklicherweise“, bereits
Jahre vorher verkauft, daher nicht beschädigt oder zerstört worden und befindet sich, vermutlich
unversehrt, in unbekanntem Privatbesitz.534 Der Bombenschaden an der „Villa Tscherne“ wurde
von Hagenbewohnern schlimmer als jener des Schlosses Hagen bezeichnet.535
530Schäffer, GHft Hagen, Bd II, Ms.
531 Reder, PI, PA,April 1997; 22. Oktober 1998. Information teils auch aufgrund von PI durch Frau Tscherne.
532 Reder Walter, PI 24. Jänner 2002 (und 22. Oktober 1998).
533 Bauarchiv StL, Nr. 6, GZ 671/46 und Bericht des Miteigentümers Walter Reder.
534 Bericht des Ex-Besitzers Walter Reder, 22. Oktober 1998.
535Hirschfeld, PI 4. Juni 1999.
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Der kaiserliche Rat Friedrich Tscherne 1862-1928
Ein bedeutender Sohn der Stadt Linz
- Titel
- Der kaiserliche Rat Friedrich Tscherne 1862-1928
- Untertitel
- Ein bedeutender Sohn der Stadt Linz
- Autor
- Hanna und Herbert Schäffer
- Verlag
- Eigenverlag
- Ort
- Linz
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.01 x 29.71 cm
- Seiten
- 170
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit 4
- Herkunft 6
- Friedrich Georg Tscherne und Familie 22
- Berufliche Entwicklung und Erfolge 64
- Ehrenämter, Mitgliedschaften, Titel, Vereinsarbeit 73
- Der Heimatforscher Friedrich Tscherne 79
- Das Wohnhaus Hauptplatz 15 (30) 81
- Die Sommervilla Hagen 91
- Zusammenfassung 114
- Literaturnachweis 116
- Abkürzungsverzeichnis 119
- Anhang (Stammtafel, Bildmaterial, Firmenbuch, Preisliste) 120