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Romain Rolland als Dank für seine unerschütterliche
Freundschaft in lichten und dunklen Jahren
Obwohl in einem Zeitraum von zehn Jahren entstanden, bindet doch kein
Zufall diese drei Versuche über Balzac, Dickens und Dostojewski zu einem
Buche zusammen. Einheitliche Absicht versucht die drei großen und in
meinem Sinne einzigen Romanschriftsteller des neunzehnten Jahrhunderts als
Typen zu zeigen, die eben durch den Kontrast ihrer Persönlichkeiten einander
ergänzen und vielleicht den Begriff des epischen Weltbildners, des
Romanciers, zu einer deutlichen Form erheben.
Nenne ich Balzac, Dickens und Dostojewski hier die einzigen großen
Romanschriftsteller des neunzehnten Jahrhunderts, so verkenne ich in dieser
Voranstellung keineswegs die Größe einzelner Werke Goethes, Gottfried
Kellers, Stendhals, Flauberts, Tolstois, Victor Hugos und anderer, von denen
mancher einzelne Roman oftmals das abgesonderte Werk insbesondere
Balzacs und Dickens’ weitaus übertrifft. Und ich glaube, meinen innerlichen
und unerschütterlichen Unterschied zwischen dem Verfasser eines Romanes
und dem Romancier darum ausdrücklich feststellen zu müssen.
Romanschriftsteller im letzten, im höchsten Sinne ist nur das enzyklopädische
Genie, der universale Künstler, der – hier wird Breite des Werkes und Fülle
der Figuren zum Argument – einen ganzen Kosmos baut, der eine eigene Welt
mit eigenen Typen, eigenen Gravitationsgesetzen und einem eigenen
Sternenhimmel neben die irdische stellt. Der jede Figur, jedes Geschehnis so
sehr mit seinem Wesen imprägniert, daß sie nicht nur für ihn typisch werden,
sondern auch für uns selbst mit jener Eindringlichkeit bildkräftig, die uns
dann oft verlockt, Geschehnisse und Personen nach ihnen zu benennen, so
daß wir von Menschen im lebendigen Leben etwa sagen: eine
balzacsche 8Figur, eine Dickensgestalt, eine Dostojewskinatur. Jeder dieser
Künstler bildet ein Lebensgesetz, eine Lebensauffassung durch die Fülle
seiner Gestalten so einheitlich hervor, daß es durch ihn eine neue Form der
Welt wird. Und dieses innerste Gesetz, diese Charakterformation in ihrer
verborgenen Einheit darzustellen ist der wesentliche Versuch meines Buches,
dessen ungeschriebener Untertitel lauten könnte: Psychologie des
Romanciers.
Jeder dieser drei Romanschriftsteller hat seine eigene Sphäre. Balzac die
Welt der Gesellschaft, Dickens die Welt der Familie, Dostojewski die Welt
des Einen und des Alls. Vergleiche dieser Sphären zeigen ihre Unterschiede,
niemals aber ist unternommen, diese Unterschiede in Werturteile umzudeuten
oder die nationalen Elemente eines Künstlers in Neigung oder Abwehr zu
betonen. Jeder große Schöpfer ist eine Einheit, die ihre Grenzen und ihr
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Drei Meister
Balzac - Dickens - Dostojewski
- Titel
- Drei Meister
- Untertitel
- Balzac - Dickens - Dostojewski
- Autor
- Stefan Zweig
- Datum
- 1920
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 134
- Schlagwörter
- Literatur, Schriftsteller
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Romain Rolland als Dank für seine unerschütterliche Freundschaft in lichten und dunklen Jahren 5
- Balzac 7
- Dickens 29
- Dostojewski 50
- Einklang 51
- Das Antlitz 54
- Die Tragödie seines Lebens 56
- Sinn seines Schicksals 66
- Die Menschen Dostojewskis 77
- Realismus und Phantastik 90
- Architektur und Leidenschaft 103
- Der Überschreiter der Grenzen 113
- Die Gottesqual 121
- Vita Triumphatrix 131