Page - 19 - in Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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Einleitend
»Das Vergessen hat sein Risiko. Also erinnern wir uns !«
Berthold Viertel
Verortungen  und  Bedeutungen
An Wiens südlicher Stadtgrenze liegt im 10. Gemeindebezirk – ungefähr dort,
wo die Südosttangente auf die Laxenburger Straße stößt – die etwa 300 Meter
lange Berthold-Viertel-Gasse. Sie erhielt diesen Namen 1959, sechs Jahre nach
Berthold Viertels Tod im September 1953. Ziemlich genau an dieser Stelle wäre
Viertel wohl auch im kollektiven Gedächtnis der ÖsterreicherInnen zu veror-
ten – nur jenen bekannt, die die »Gegend« kennen.
Berthold Viertel ist kein unbekannter »Geschichtsloser«, aber ebenso wenig
leistete er einen die Zeit überdauernden Beitrag von solcher »kultureller Bedeu-
tung«, dass er Eingang in den europäischen oder angloamerikanischen Kanon
fand. AuĂźerhalb von Fachkreisen ist sein Name kaum bekannt und doch ist er
in einem Ehrengrab der Stadt Wien begraben und sein umfangreicher Nachlass
wird in einem der wichtigsten Gedächtnisspeicher der deutschsprachigen Welt
aufbewahrt – im Deutschen Literaturarchiv Marbach.
Erst in den späten 1980er-Jahren entdeckte die gerade in ihrer Entstehung
begriffene österreichische Exilforschung1 Berthold Viertel als den »an seiner
Bedeutung gemessen« wohl »am meisten ›vergessenen‹ und vernachlässigten
Repräsentanten der österreichischen Exilliteratur.«2 Vor allem die Historikerin
Siglinde Bolbecher, der Literaturwissenschaftler Konstantin Kaiser und der
Theaterwissenschaftler Peter Roessler widmeten Viertel als Schriftsteller und
Netzwerker des deutschsprachigen Exils Ausstellungen, Sammelbände und
sogar eine (inzwischen vergriffene) Studienausgabe, die unter finanziell und
zeitlich »bedrängenden und beengenden« Umständen entstand.3 Es gelang
1 Adunka, Evelyn und Roessler, Peter (Hg.), Die Rezeption des Exils. Geschichte und Perspektiven
der österreichischen Exilforschung, Wien 2003.
2 Bolbecher, Siglinde, Viertels Welt – der Regisseur, Lyriker, Essayist Berthold Viertel. Katalogbro-
schüre der Ausstellung »Viertels Welt« im Österreichischen Theatermuseum, Wien 1988, 1. Bereits
1968 hatte die Gedenkstätte für die Opfer der Gestapo in der Salztorgasse 6 Viertel als repräsenta-
tiven Dichter in diesem Kontext gesehen, doch dabei war es vorläufig auch geblieben (http://www.
doew.at/erkennen/ausstellung/gedenkstaette-salztorgasse, zuletzt : 20.10.2016).
3 Die Studienausgabe besteht aus drei BändenÂ
– zu einem geplanten vierten Band, der die Viertel’sche
Korrespondenz enthalten sollte, kam es bis heute nicht : Kaiser, Konstantin und Roessler, Peter (Hg.),
Berthold Viertel
Eine Biografie der Wiener Moderne
- Title
- Berthold Viertel
- Subtitle
- Eine Biografie der Wiener Moderne
- Author
- Katharina Prager
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20832-7
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 368
- Category
- Biographien
Table of contents
- Ein chronologischer Ăśberblick 7
- Einleitend 19
- 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
- 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
- Moderne in Wien 99
- Monarchisches GefĂĽhl 118
- Galizien 129
- JĂĽdisches Wien 139
- Katholische Dienstmädchen 150
- Deutsche Kultur 161
- Luegers Wien 173
- MitschĂĽler Hitler 184
- Jugendliche Kulturanarchisten 196
- Familie Adler 209
- Studium 228
- Sexuelle Emancipation 245
- Karl Kraus 268
- Theater 291
- Erster Weltkrieg 310
- Nachsatz 333
- Archivalien 336
- Dank 342
- Literaturverzeichnis 344
- Bildnachweis 358
- Personenregister 359