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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  52  | Berthold  Viertels  Rückkehr  in  die  österreichische  Moderne wundert nicht allzu sehr : Haushalt, Fürsorge und Kinderbetreuung waren, ob- wohl die Viertels die »bürgerliche« Geschlechterordnung bereits als unangemes- sen erlebten und kritisierten, »natürlich« und »instinktiv« Frauensache  – auch in einer »modernen« Kameradschaftsehe und auch, wenn die Frau berufstätig war.11 Wenn Viertel  – nur sehr vereinzelt  – über seine Söhne schrieb, geschah das mit großem Interesse, aber auch mit einer beobachtenden Distanz :12 Hans läßt sich zu Peper [!] hochheben, der in der Wiege liegt und schläft. Hans ist schon wach. Er steckt die Hand durch die Vorhänge der Wiege und sagt »Tach«. Pe- per antwortet nicht. Wenn Peper aufwacht und zu schreien beginnt, übersetzt Hans das Geschrei ins Erwachsene : […] Er erklärt es uns, aber wir nehmen keine Notiz davon. So bleibt Hans allein mit seiner großen Hilfe.13 Abseits solcher Ausnahme-Passagen kommen Viertels Ehe(n) und Kinder wie auch seine berufliche Hochphase im Deutschland der 1920er im autobiografi- schen Projekt nicht vor und bleiben eine bemerkenswerte Leerstelle. Neben seiner Theaterarbeit schrieb Viertel in den 1920ern hauptsächlich Essays und Rezensionen, Texte über Theater und Politik  – und ständig : Ge- dichte. 1921 erschien sein zweiter Gedichtband Die Bahn. Öfter beinhalteten auch diese Textformen autobiografische Eindrücke oder Erfahrungen. Insge- samt gab es zwar auch in den 1920ern noch keine eindeutige autobiografische Intention, doch in einem grauen Buch mit dem Titel Wir sind alle nette Menschen und in anderen Notizbüchern versammelte Berthold Viertel Geschichten seiner eigenen Jugend und eben sehr vereinzelt Szenen des aktuellen Familienlebens. Bereits 1922 inszenierte Berthold Viertel an den großen Berliner Theatern. Seine Erfolge und guten Kontakte bestärkten ihn, sich selbst als Theaterdirektor zu versuchen, und so begründete er 1923 die Truppe als genossenschaftliches, avantgardistisches Ensembletheater, das das Starwesen ablehnte und sich vor 11 Vgl. Cott, Nancy F., Die moderne Frau. Der amerikanische Stil der zwanziger Jahre, in : Duby, Geor- ges und Perrot, Michelle, Geschichte der Frauen. 20. Jahrhundert (Bd 4), hrsg. von Françoise Thé- baud, Frankfurt am Main 1997, 93–109 ; Gehmacher, Johanna, Die »moderne Frau«. Prekäre Ent- würfe zwischen Anspruch und Anpassung, in : Schwarz, Michael und Zechner, Ingo (Hg.), Die helle und die dunkle Seite der Moderne. Festschrift für Siegfried Mattl, Wien/Berlin 2014, 152–161. 12 Diese Distanz dokumentierte auch Viertels Sohn Peter : »Seiner Liebe für seine drei Söhne hatte er oft Ausdruck gegeben, und umgekehrt respektierten wir ihn für seinen Intellekt und die Unab- hängigkeit seines Urteils. Bei allem war er aber für mich immer irgendwie unnahbar geblieben ; ein großer Mann, der auch zufällig mein Vater war. Er hatte anscheinend schon früh akzeptiert, dass meine Brüder und ich eigenständige Persönlichkeiten waren, deren Leben er nicht beeinflussen konnte.« (Viertel, Peter, Gefährliche Freunde. Unterwegs mit Hemingway, Huston, Welles und an- deren Legenden des 20 Jahrhunderts, Zürich 2005, 187–188). 13 BV, Wir sind alle nette Menschen, o.D., o.S., K11, A : Viertel, DLA.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Title
Berthold Viertel
Subtitle
Eine Biografie der Wiener Moderne
Author
Katharina Prager
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Size
15.5 x 23.2 cm
Pages
368
Category
Biographien

Table of contents

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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