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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Außerhalb  Österreichs  –  Die  Entstehung  des  autobiografischen  Projekts |  53 allem (neuer) Literatur verpflichtet fühlte. Es gelang Viertel, Theater- und Film- stars wie Fritz Kortner, Rudolf Forster und Sybille Binder für dieses Experiment zu gewinnen.14 Aufgrund seiner durch Kraus anerzogenen Skepsis gegenüber der Unterhaltungskultur war Viertel allerdings schon immer ein Regisseur gewesen, der es sich und anderen nicht leicht machte. Auch in seinen Filmarbeiten, die seit 1921 entstanden, belastete ihn sein Anspruch, nicht nur der Notwendigkeit zu unterhalten nachzukommen, sondern vor allem Anregungen zum kritischen Denken zu schaffen. In der avantgardistischen Szene war er dafür anerkannt. So feierte seine Truppe zwar künstlerische Erfolge und gilt bis heute als hochinno- vatives Theaterexperiment der Weimarer Republik, doch sie konnte mit ihrem gesellschaftskritischen, literarischen Fokus kein breites Publikum gewinnen und sich institutionell in Berlin nicht etablieren. Bereits im März 1924  – nur wenige Monate nach ihrer Gründung  – löste sie sich wieder auf. Interne Auseinander- setzungen und Finanzierungsprobleme, verstärkt durch die Inflation, die in die- sem Jahr ihren Höhepunkt erreichte, führten zum Scheitern des Projekts, das den 40-jährigen Berthold Viertel persönlich und finanziell traf  – er hatte die Schul- den zu tragen, die das Unternehmen hinterlassen hatte. Salka Viertel fasste ihre Erinnerung an die Jahre 1924/25 folgendermaßen zusammen : Für uns begann eine sehr schwierige Zeit. Bertholds Gesundheitszustand hatte gelit- ten, er fand keinen Schlaf, war nervös und zeigte Symptome, die auf Diabetes hindeu- teten. Obendrein erschienen regelmäßig unangenehme Männer bei uns und versuch- ten, Möbel, Silber und andere Dinge zu pfänden, die nicht uns, sondern unserer Wirtin […] gehörten. […] Eine mir angebotene Rolle mußte ich trotz aller Not ab- lehnen. ich war wieder schwanger.15 Im August 1925 kam Thomas Viertel in Wien zur Welt, obwohl die Familie noch immer in Berlin lebte und arbeitete. Für seine Eltern ging es nun darum, rasch wieder zu Geld zu kommen. Berthold Viertel stürzte sich in eine hekti- sche Inszenierungstätigkeit am Theater, drehte zwei Filme und publizierte in den folgenden Jahren zwei Komödien und eine Novelle, die allerdings auch kein breites Publikum erreichten.16 Die Erfahrung des Scheiterns hatte nun offenbar intensiver das Bedürfnis geweckt, Rückschau zu halten. Berthold Viertel plante, 14 Zur Geschichte der »Truppe« : Völker, Klaus, Berthold Viertels dramatische Opposition und sein Bemühen um ein Theater der Ensemblekunst im Berlin der Zwanziger Jahre, in : Theodor-Kramer- Gesellschaft (Hg.), Traum von der Realität. Berthold Viertel, Zwischenwelt 5, Wien 1998, 99–120 ; Prager, Salka Viertel, Wien 2007, 67–78. 15 Viertel, Das unbelehrbare Herz, 1970, 177. 16 BV, Die Bacchantinnen des Euripides. Frei übertragen, Hellerau 1925 ; BV, Die schöne Seele, Hel- lerau 1925 ; BV, Das Gnadenbrot, Hellerau 1927.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Title
Berthold Viertel
Subtitle
Eine Biografie der Wiener Moderne
Author
Katharina Prager
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Size
15.5 x 23.2 cm
Pages
368
Category
Biographien

Table of contents

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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