Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Biographien
Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
Page - 205 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 205 - in Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne

Image of the Page - 205 -

Image of the Page - 205 - in Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne

Text of the Page - 205 -

  Jugendliche  Kulturanarchisten |  205 Dort gründete er bald nach der Jahrhundertwende einen ›kleinen, von der Schulord- nung nicht autorisierten Verein für Ethik und Literatur‹ […]  – eine Bezeichnung, die für die Literatur der Generation des Jüngsten Wien sehr charakteristisch ist. In die- sem Verein, dem […] zeitweise auch die späteren Schriftsteller Erhard Breitner, Leo Perutz, Berthold Viertel und Ernst Weiß angehörten, lasen die Mitglieder einander ihre ambitionierten und engagierten Erzeugnisse vor.53 Einen andersartigen »kulturanarchistischen« Ausgleich bot eine neue, aus Eng- land importierte Sportart : Fußball »ohne Aufnehmen« war um 1900 bei den Schülern des Mariahilfer Gymnasiums bereits beliebt, auch wenn Sport immer noch als »eine brutale Angelegenheit« galt, der man mit bildungsbürgerlichem Dünkel misstraute.54 1898/99 fanden »die Ballspiele«  – in Ermangelung einer eigenen Turnhalle  – auf Wiens »größte[r] Gstetten«, dem Schmelzer Exerzier- feld statt.55 Diese weitläufige »verwilderte Heide« im Westen der Stadt war ein Brennpunkt der Populärkultur und zugleich Treffpunkt von Straßenkindern und Kleinkriminellen  – »Strizzis« und »Pülchern«.56 Berthold Viertel war bereits als Fünfjähriger zum Spielen hierhergekommen57  – nun kam er zehn Jahre später zum Fußballspielen : »Als Halbwüchsiger war er ein Pionier des damals nach Wien eben eingeführten Fußballspieles gewesen, aber nur als Half-Back richtig verwendbar, zum Stürmer, als der er sich innerlich fühlte, hatte er es nicht ge- bracht, nur zum Verteidiger.«58 Der Klub, in dem Viertel spielte, nannte sich »Sturm« und bestand nicht nur aus Gymnasiasten des Mariahilfer Gymnasi- ums.59 Auf den damals noch behelfsmäßig eingerichteten Fußballplätzen durch- mischten sich beim Training offenbar Schüler, Arbeiter und spätere Profifußbal- ler.60 Einen der ersten professionellen Fußballer sollte Berthold Viertel um 1916 53 Bermann, Richard A. (alias Arnold Höllriegel), Hollywood  – Wien und zurück. Feuilletons und Reportagen, Wien 1999, 6–7. 54 Zweig, Welt, 1992, 55 ; Stach, Frühe Jahre, 2014, 117 ; die Schule förderte sportliche Betätigung bedingt : Turnen wurde erst 1894 ein obligatorischer Schulgegenstand (Engelbrecht, Bildungswesen, 1986, 179). 55 Jahresberichte Bundesgymnasium Wien 6 : Amerling Gymnasium, 1893–1905, Sign.: 766A, WBR. 56 Maderthaner/Musner, Anarchie, 1999, 129–132 und 146–149. 57 Viertels Erinnerung nach trafen sich »Verliebte […] hier zum Rendezvous, Kinder ließen Papier- drachen steigen« und spielten auf dem »alte[n] Friedhof« der Opfer der Revolution von 1848 »zwi- schen den schiefstehenden, eingesunkenen Kreuzen« fangen (BV, Biographische Notizen, o.D., o.S., K19, A : Viertel, DLA). 58 BV, o.T. [2.], in : Arbeits-/Notizheft 1947, 1947, 69.3142/38, K24, A : Viertel, DLA. 59 BV, o.T. [Eben wollte ich mich äußern], o.D. [um 1949], o.S., NK08, A : Viertel, DLA. 60 So trainierte 1899 bis 1903 der Sportklub Rapid auf dem Schmelzer Exerzierfeld, der aus dem 1898 gegründeten »1. Wiener Arbeiter Fußballklub« hervorgegangen, einer der ältesten Klubs des Landes und erster österreichischer Fußballmeister war (Jakob Rosenberger und Georg Spitaler, Performa-
back to the  book Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne"
Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Title
Berthold Viertel
Subtitle
Eine Biografie der Wiener Moderne
Author
Katharina Prager
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Size
15.5 x 23.2 cm
Pages
368
Category
Biographien

Table of contents

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Berthold Viertel