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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  244  | Erinnerungsorte  der  Wiener  Moderne über das Café als »Zuflucht der impotenten Lumpen« ging er in die Literatur über das Wiener Kaffeehaus ein.76 Tatsächlich beleuchtete dieser Ausbruch aber nur eine Seite und Einflusssphäre seiner »Studienzeit«. Er hatte in den Jahren 1904 bis 1910/11 zwischen Universität, Kaffeehaus und Militär die ihm eigene Art, die Welt zu beobachten und zu analysieren gelernt. Diese Milieus, die Gegensätzen den Charakter eines (geistigen) Duells geben konnten,77 formten Viertel in ihren Ambivalenzen als Kulturkritiker der Moderne : Während sein niemals abgeschlossenes Universitätsstudium begreif- lich macht, dass er selten wissenschaftlich-analytisch argumentierte, verstärkte das »Normalisierungsprojekt« Militär einen maskulinen Habitus, der ansonsten schwer nachzuvollziehen ist. Einen Gegenpol dazu boten wiederum die Kreise und Kaffeehäuser, in denen sich seine (maskuline) Identität ganz anders ausge- staltete. Obwohl Frauen gerade zu den Kaffeehäusern und Universitäten zuneh- mend freien Zutritt hatten, ja, manche Kreise sogar initiierten oder organisier- ten, ist auch für Viertels »Studium« im Wien um 1900 festzuhalten, dass es eigentlich nur für Männer als typisch angesehen werden kann, denen allein alle institutionellen und nicht-institutionellen Studienorte offenstanden. Im April 1911 machte Berthold Viertel in einem weiteren Brief an Hermann Wlach eine Art Bestandsaufnahme seiner »Studienzeit« und zeigte sich einge- sponnen in zwei neue Gegensätze : Alfred Polgar und vor allem Karl Kraus, der der mächtigste Einfluss der Jahre 1911 bis 1914 wurde : Mit K. K. [Karl Kraus] dauernd gute Beziehungen. A. P. [Alfred Polgar] liebe ich immer noch, und er ist mir, glaube ich, gut bis zur Aufrichtigkeit. K. K. arbeitet ziel- bewusst auf die Nachwelt hin, A. P. lebt weniger sinnvoll. Von K. K. kann man mäch- tig lernen, für A. P. habe ich eine, wie ich glaube, durch seine Freiheit berechtigte Schwäche. Es waren allerhand Krisen. Stehe aber jetzt in gutem Verhältnis zu den Meisten. […] Manche ganz drollige Situation ergab sich, manches Erbitternde und manches Versöhnende.78 76 Heering (Hg.), Wiener Kaffeehaus, 1993, 148. Der Brief wurde meist falsch auf 1906 datiert. 77 Leidinger, SelbstAuslöschung, 2012, 170–171. 78 BV an Hermann Wlach, April 1911, H.I.N. 227983, Sammlung BV, HS, WBR ; BV, Die Lehrer, in : Kaiser (Hg.), Viertel, Das graue Tuch, 1994, 133.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Title
Berthold Viertel
Subtitle
Eine Biografie der Wiener Moderne
Author
Katharina Prager
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Size
15.5 x 23.2 cm
Pages
368
Category
Biographien

Table of contents

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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