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8.9.1989: Protokoll Botschafterkonferenz (Westeuropa und USA) Dok. 51b
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Dok. 51b: Protokoll der Botschafterkonferenz (Westeuropa und USA), 8.9.1989
Resümeeprotokoll, Gesandter Johann Plattner, Wien, 8. September 1989, ÖStA, AdR, BMAA, II-Pol 1989, GZ. 502.00.00/
12-II.1/891
Botschafterkonferenz 1989; Arbeitsgruppe Westeuropa und USA
Ges. Plattner: Erläuterung der Problematik (Beilage A),2 insbesondere Verhältnis
Österreich – EPZ.3
1 Das Protokoll wurde in der Abteilung II.1 (Sachbearbeiter Gesandter Marius Calligaris) er-
stellt und erging nach Genehmigung durch Abteilungsleiter Johann Plattner am 11. September
1989 an den Bundesminister, den Generalsekretär, die Sektionsleiter, die Sektion III, die Ab-
teilungen II.2, II.6, II.9 und an die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland gemäß
Liste „Omnia“. Für die Biografien der hier nicht mehr separat kommentierten österreichischen
Botschafter siehe Dok. 51 sowie die ausführlicheren Angaben im Personenregister.
2 Beilage A im Originaldokument nicht enthalten. Diskussionspunkte des Gespräches waren:
1) Politische Dimension der Europäischen Integration (EPZ: Stand und künftige Entwick-
lung; Stellung der Neutralen), 2) Sicherheitspolitische Aspekte (NATO, WEU im Lichte der
Ost-Reform), 3) Europa-USA (Probleme: USA-EG; Auswirkung der Ost-Reformen auf das
Verhältnis USA-Europa; Abzug der US-Truppen; US-Zuwendung zum pazifischen Raum und
Lateinamerika).
3 Neutrale Beobachter konnten bei der EEA ab 1987 nicht umhin, erkennbare Fortschritte der
EPZ zu erkennen: so hatte sie sich schon in den 1970er-Jahren im Rahmen der EG-Staaten
in der KSZE bewährt und eine grundlegende Erweiterung des Begriffsinhaltes „europäische
Integration“ ermöglicht. Als Etappen auf dem Wege zur Intensivierung der EPZ wurden die
„Stuttgarter Deklaration“ zur Union 1983 sowie die Initiativen des Europäischen Parlaments
1984 und der EEA 1987 mit ihren Bemühungen wahrgenommen, die Außenpolitik entspre-
chend zu aktivieren. Obwohl die EPZ nicht mit gemeinsamer Außenpolitik gleichzusetzen
war, wurden die laufende außenpolitische Koordination der EG-Staaten bei konkreten Pro-
blemen des internationalen Geschehens und das gemeinsame Auftreten in einem durch die
EEA auch rechtlich abgesicherten Rahmen Teil des Gemeinschaftslebens. Die zunehmende
Beschäftigung der EPZ mit Sicherheitsfragen sowie die Bereitschaft zu einer stärkeren Ko-
ordinierung der Standpunkte bezüglich der politischen und wirtschaftlichen Dimensionen
der Sicherheit bedeutete einen stärkeren Verpflichtungsgrad für zukünftige EG-Mitglieds-
länder und insbesondere für solche, die den Status der Neutralität innehatten. In Verbindung
mit dem Konsens-Prinzip, einer Quasi-Einstimmigkeitsregelung, konnte für einen Neutralen
durch die Vetomöglichkeit rein formal Gewähr gegeben sein, an der EPZ teilzunehmen, ohne
mit seinem eigenen Status in Konflikt zu geraten. Wenngleich bis dato wenig problematisch
Kompromissformulierungen auch von anderen westlich demokratischen Ländern mitgetra-
gen werden konnten, bedeutete die Entwicklung eines solchen Automatismus dennoch eine
Einschränkung des außenpolitischen Handlungsspielraums des teilnehmenden Landes. Es
erschien daher für Österreich fraglich, ob die EPZ mit einer „glaubwürdigen Neutralitäts-
politik wie sie von traditionellen Neutralen praktiziert werde, ohne weiteres kompatibel“
sei, abgesehen von der Frage, ob sich ein dauernd neutraler Staat auf die Koordinierung der
Standpunkte zu den politischen und wirtschaftlichen Aspekten der Sicherheit, wie dies in der
EEA postuliert wurde, einlassen dürfte. Irland gehörte trotz seines neutralen Status nicht der
N+N-Staaten-Gruppe an und war entsprechend im EPZ-Raum eingebunden. Die Grundlage
der EPZ war durch Titel III (Artikel 30) der EEA formal gesehen außerhalb der Römischen
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99