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Netz und Netzwerk, so Emden weiter, gehörten „als Ordnungsmetaphern zum
Grundbestand philosophischen Wissens“63. Die Metaphern „erfassen komplexe
Abhängigkeit“64; als philosophische Metaphern seien Netz und Vernetzung
„von jeher Kulturtechniken“65. Das Denken in Dispositiven dient, wie schon
angedeutet, auch Foucault als ein ergebnisoffenes Instrument zur Analyse von
gesellschaftlichen und komplexen kulturellen Konstellationen. Das Disposi-
tiv-Modell ist für dessen Denkstrategie sogar von „entscheidender Bedeutung“66
und geht über die Diskursanalyse hinaus67; als Sexualitäts-, Allianz-, Inhaftie-
rungs-, Geständnis- oder Machtdispositiv findet es sich verstreut in Foucaults
Schriften.68 Ab Mitte der 1970er-Jahre, in den genealogischen Untersuchungen
zur Gouvernementalität, hat Foucault den Begriff ebenfalls häufig verwendet,
um das zu durchleuchtende Feld zu umreiĂźen.69 Ein Diskurs, so Foucault in der
Archäologie des Wissens, sei keine „reine und einfache Verschränkung der Dinge
und der Wörter“70. Diskurse seien als „Praktiken“71 zu behandeln, die
systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen. Zwar bestehen diese
Diskurse aus Zeichen; aber sie benutzen diese Zeichen fĂĽr mehr als nur zur Be-
zeichnung der Sachen. Dieses mehr [sic] macht sie irreduzibel auf das Sprechen
und die Sprache. Dieses mehr [sic] muss man ans Licht bringen und beschreiben.72
Die Diskursanalyse, die ihren Schwerpunkt in praxi weitestgehend auf die Un-
tersuchung diskursiv vermittelter, differenzierter Wissensbestände legt, wird in
dispositiver Ausrichtung um wechselnde Dimensionen erweitert: „Wirklich-
keitskonstruktionen (Wissen), institutionelle Handlungsfelder (Praxis) und
individuelle Handlungspräferenzen (Subjektivitäten)“73. Dispositiv und Dis-
kurs unterscheiden sich dabei in drei wesentlichen Punkten: Dispositive sind
begrenzte Gefüge, denen jede „kulturelle Dimension mit systemartiger Ausdeh-
nung“74 abgeht; die diskursiven Elemente von Dispositiven sind „interdiskur-
63 Ebd., S. 250
64 Ebd.
65 Ebd., S. 254
66 Agamben 2008, S. 7
67 Vgl. Foucault 2003, S. 395
68 Vgl. BĂĽhrmann, Schneider 2008, S. 11
69 Vgl. Vogl 2008, S. 255–258; Lemke 2008, S. 260–263; Agamben 2008, S. 7
70 Foucault 1981, S. 74
71 Ebd.
72 Ebd. (Hervorh. im Orig.)
73 BĂĽhrmann, Schneider 2008, S. 68
74 Link 2008, S. 239 39
Vorstellung
der
Methode:
Dispositiver
Gefechtsraum |
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Title
- FAUST UND GEIST
- Subtitle
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Author
- Wolfgang Paterno
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Size
- 16.1 x 25.5 cm
- Pages
- 446
- Keywords
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440