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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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wünsche ausrichtete, und der bekannte Bühnenkünstler Hans Albers liefern sich nach dem Schlussvorhang des Theaterstücks Die Rivalen ein Boxgefecht abseits der Textvorlage.168 Rolf Nürnberg notiert in seiner Schmeling-Biografie: Der Fall Albers war durchaus ein Dokument und ein Symptom der Zeit. Durch- gesetzt hatte sich nicht so sehr der Schauspieler Albers wie der Typ Albers. Der Durchbruch dieses Typs war ungemein charakteristisch. Der große Erfolgstyp von 1910 war Alexander Moissi gewesen, der lyrische, dekadente, nervös-problema- tische Schauspieler, der Repräsentant einer ästhetischen, differenzierten, müden Welt, einer alten Kultur. Der Typ der Nachkriegszeit wurde dieser Albers, der Athlet, der Akrobat, der Draufgänger, der Sieger, der Kerl – er war ein Sporttyp, sein Erfolg war erst möglich in einer Epoche, die den Sport als primäres Erlebnis entdeckt hatte, für die das Interesse am Sport entscheidend geworden war. Er war auf der Bühne jener Typ, den im Ring etwa Breitensträter, „der blonde Hans“, und Dempsey repräsentierten – ein Schläger und Fighter, kein Boxer. Derselbe Typ, der gegen Tunney und Schmeling zu unterliegen pflegte, dem aber unweigerlich die Liebe und die Sympathie der Massen gehörten. Albers war die Bühnenüberset- zung jenes populären Sports- und Boxertyps, wie das Volk und das Publikum aller Schichten ihn sich nun einmal erträumt und vorstellt.169 Im Tonfall vorbehaltloser Begeisterung konstatiert der Berliner Dramaturg und Theaterkritiker Herbert Jhering in der Lobschrift Boxen, der Faustkampf sei nicht nur eine Bereicherung für „kühle Sportmenschen“170, sondern er habe auch bereits deutliche Spuren in der Sprache hinterlassen: Das mit Bildung belastete, intellektualisierte Hochdeutsch hat durch die Ingeni- eursprache und durch den Einbruch des Sports an Bildhaftigkeit und Aktivität gewonnen. Ein anderer Menschentyp, eine andere Ausdrucksweise. Kämpfer und Zuschauer werden zu gegenständlichem Sehen gezwungen. Die Art der Vergleiche führt in naivere Zeiten zurück. Paolino[171] gegen Breitensträter, „Baskischer Holz- fäller gegen deutsche Eiche“ – das mag komisch klingen, ist aber schlagkräftig, man behält es, so sprechen die Leute, es ist ihr Jargon. Daß die Sprache vom Boxen beeinflußt wird, ist gut.172 168 Vgl. Müller 2004, S. 42; Schmeling 1928, S. 70f; Berg 1995, S. 139 169 Nürnberg 1932, S. 76f 170 Jhering 1980, S. 68 171 Paolino Uzcudun (1899–1985), spanischer Schwergewichtsboxer, genannt der „baskische Holz- fäller“ (Wondratschek 2005b, S. 61; vgl. Brentano 1981a, S. 47f; Flechtheim 1926, S. 49) 172 Jhering 1980, S. 68 69 Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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