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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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geschrieben von Bert Brecht erweiterte diskursive Zusammenhänge zwischen Sport, Ökonomie und Alltagskultur her. Wirbelnde Körper in einem Schwall farblosen Lichts, gerahmt von Publikum – Anatomie-Arenen: Die Ereignisse im Boxring faszinieren Brecht. Schaucharakter, Authentizitätsanspruch, Körperintensität und die möglichen Formen der Selbsterfahrung bilden für den Autor Beobachtungs- und Erfahrungsfelder, die er zu Kulturkritik und Modernediskurs verdichtet. Brecht hievt Boxen auf die Theaterbühne; er sprengt, wie noch genauer zu entwickeln sein wird, den diskursiven Rahmen des Boxens und testet die Massentauglichkeit dieses Sports aus, die andere Texte der Zeit bloß inspizieren. Körperlichkeit und mentale Disposition bilden in den Überlegungen Ro- bert Musils zum Boxen schließlich kein Gegensatzpaar mehr, sondern Pole eines Spannungsverhältnisses, das sich den Handlungen und Haltungen, den Reflexen und Reflexionen einprägt: Nicht nur Ulrich im Mann ohne Eigen- schaften übt sich in der Boxsportkunst; die Erfahrung boxsportlicher Ekstase zählt auch zum speziellen Erlebnisrepertoire des Boxweltmeisters Faust Ma- genschlag, der bereits 1921 in einem frühen szenischen Entwurf Musils in den Tagebüchern auftaucht.18 Boxen erweist sich in der Erzählung Der Riese Agoag als ein zentraler Referenzrahmen für Musils Kritik modischer Körper-, Sport- und Menschenbilder; in Essays wie Der Praterpreis, Durch die Brille des Sports, Randglossen zu Tennisplätzen, Kunst und Moral des Crawlens und Als Papa Tennis lernte sind die Themenkreise Sport und Boxen ebenfalls zentral geschaltet; der in der Forschung bislang wenig herangezogene Text Psychotechnik und ihre An- wendungsmöglichkeit im Bundesheere veranschaulicht Musils Beschäftigung mit psychophysischen Fragen, die er als einer der ersten Autoren seiner Zeit auf das Boxen überträgt. Kein anderer Autor der Zeit, so wird zu zeigen sein, erprobt die Vielschichtigkeit und Komplexität des Boxens wie Musil. Auf die naheliegende Korrespondenz von Kapitel- und Rundenzahl greift Faust und Geist nicht zurück: Eröffnungskapitel sind keine ersten, Abschlusska- pitel keine finalen Ringrunden. Zugelassen werden soll dagegen ein möglichst breites Spektrum an Lesarten, Moderationen, Interpretationen und Erklärun- gen der Weimarer Boxliteratur. Der Boxsport baut auf eingeschliffene Körper- und Kampfcodes, althergebrachtes Regelwerk und einen von Duell zu Duell nur in äußerlichen Details variierenden dramaturgischen Ablauf; erst die Bei- mischungen des Improvisatorischen, der Variation in dem Vertrauten, erzeugen jedoch den Reiz des Boxens – im Boxring selbst wie in einer kulturgeschichtli- chen Untersuchung zum Boxen. 18 Vgl. Musil 1976a, S. 553ff 117 Ringfeldsichtung: Boxen in der Literatur der zwanziger Jahre |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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