Page - 132 - in FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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„Klotz von Kerl“120; andererseits als „Wundertier“121 und „Muskelmensch“122 mit
„Kriegsgottkörper“123, vor dem man sich „wie vor einem Fürsten“124 verbeugt.
Die Sportler werden abschätzig als Bären, Tiger, Hammel und Terrier125, als Frö-
sche, Hunde und Stiere126, Affen, Schweine127 und Kampfhähne128 charakteri-
siert; allgemein als „Tier“129, „Vieh“130, „Schlachtvieh“131 und „Affe Tarzan“132.
Der Boxer ist ein „Stier, der außer rohen Kräften nur Routine besitzt“133, so groß
und „stark wie ein Gorilla“134; wird ein Sportler hart getroffen, blutet er „wie ein
Schwein“135; unfassbar „wie ein Aal“136 duckt sich der Boxer vor den Schlägen.
In einem ironischen Querschnitt-Beitrag macht die Schriftstellerin Janice Taylor
1932 im Boxring „klobige Dickschädel“ aus, die sich „gegenseitig in Klumpen
schlagen und mit Blut besudeln im Wahn, sich dadurch anziehend zu machen“137.
Die Darstellungsarten des Boxens im Trivialgenre sind weitestgehend durch die
begrenzten Möglichkeiten der strukturellen Metaphern bestimmt – in den Ro-
manen wird zwar ein groĂźes Spektrum an Boxerbildern in Szene gesetzt, die sich
jedoch in bloßen körper- und technikprophetischen Behauptungen erschöpfen:
Der Athlet erscheint als eine kanonische Gestalt, die mit herkömmlichen Attri-
buten von Macht, Kraft und Ausdauer ausgestattet und durch konfektionierte
Metaphern ausgestaltet ist: Der Schritt ĂĽber die diskursive Schranke wird auch
hier, wenn überhaupt, nur zögerlich gewagt. Im Trivialroman referieren die Au-
toren zwar unaufhörlich auf die als Referenz gesetzte außerliterarische Realität
des Boxens (wobei der interessierten Leserschaft der Sport wohl keineswegs ei-
gens näher gebracht werden muss) – seine Protagonisten in den Erzähltexten
lässt das Genre dennoch beharrlich in einer Parade nahezu mystifizierter Figuren
120 Ebd., S. 127
121 Ebd.; vgl. Bork 1921, S. 104
122 Wohl 1927, S. 125
123 Ebd., S. 281
124 Bork 1921, S. 118
125 Vgl. ebd., S. 38, 48 u. 164; Löffler 1939a, S. 110
126 Vgl. Scheff 1929, S. 6, 14, 29
127 Vgl. Gurk 1980, S. 306
128 Vgl. Nohara o. J., S. 12 u. 59
129 Scheff 1929, S. 12
130 Ebd., S. 29
131 Zit. n. Heckmann 1996, S. 120
132 Gurk 1980, S. 305
133 Scheff 1929, S. 29
134 Ebd., S. 5
135 Ebd., S. 30
136 Wohl 1927, S. 51
137 Taylor 1932, S. 402
132 | Teil
II.
Im
Moderne-Labor
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Title
- FAUST UND GEIST
- Subtitle
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Author
- Wolfgang Paterno
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Size
- 16.1 x 25.5 cm
- Pages
- 446
- Keywords
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440