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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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scharfes Dreistundentraining von sieben bis zehn Uhr abends und dann ins Bett – ha, da wolle er einmal sehen, ob er dann nicht schlafen werde wie ein gesunder Toter.30 In Die Wandlung der Susanne Dasseldorf wiederum sieht sich der Boxsport anno 1918 noch mit massiven Ressentiments und dem Vorwurf der Rückständigkeit konfrontiert. Susanne und ihr Bruder Louis zeigen Dr. Fischer, einem Chemiker und Geschäftsmann, mit dem die Familie Dasseldorf die Herstellung von Wa- schpulver plant31, die Stadt. Sie waren im Begriff, heimzukehren, als sie auf dem Clemensplatz einen lärmvollen Menschenauflauf bemerkten. „Da veranstalten diese Kerle ihre Boxerei“, sagte Louis voll Verachtung und wollte weitergehen. Das Wort „Boxerei“ elektrisierte Susanne. Sie erklärte sofort, sie wolle sich das an- sehen und ging trotz Louis’ Einwänden, „sie werde sich doch nicht dahin stelllen“, auf die Mitte des Platzes zu, wo sich die Menschen, hauptsächlich Soldaten und Offiziere der Besatzung, um eine nach allen Seiten freie Estrade drängten, auf der gerade ein Kampf stattfand. Louis und Herr Fischer folgten ihr wohl oder übel. Aber als Susanne sich mitten zwischen die Zuschauer drängen wollte, packte Louis sie am Arm. „Das ist doch alles Besatzung“, zischelte er wütend und hielt sie fest. Susanne ließ sich nicht beirren, sie starrte auf den Ring.32 Boxen erscheint 1918, der erzählten Zeit des Romans, als ein nahezu unbekann- tes Phänomen, das ambivalente Reaktionen hervorruft; es bricht mit herrschen- den bürgerlichen Moralvorstellungen und eröffnet neue diskursive Spielräume, die sich in dem Roman in der Faszination für die Zurschaustellung des Kämp- fens und in dem Reizsignal betonter Körperlichkeit zeigen: Obwohl diese Veranstaltung sie nicht mehr fesselte, blieb Susanne stehen. Es war das erstemal, daß sie einen richtigen Boxkampf sah. Die Brutalität der Schläge, die da oben ausgetauscht wurden, entsetzte sie und gefiel ihr gleichzeitig. „Da ge- hört schon Schneid zu“, bemerkte sie zu Fischer. „Stumpfsinn und Sturheit, sonst nichts“, versetzte Louis. Louis war äußerst verstimmt.33 30 Ebd., S. 183 31 Vgl. Breitbach 2006, S. 419ff 32 Ebd., S. 421 33 Ebd. 165 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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