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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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auch Maskierung und Teil einer Inszenierung – auf eine „Formel verkürzt“14 lässt sich dessen Verhältnis zum Boxsport nicht darstellen. Kai Marcel Sicks hat die Dimensionen von Brechts künstlerischer Selbstverortung durch Boxen detailliert beleuchtet. Als Enthusiast, der sich der ikonografischen Bedeutung eines Objekts, wie es etwa der Punchingball darstellt, mehr als bewusst ist, po- sitioniert sich Brecht im Einflussbereich jenes boxsportlichen Distrikts, der mit „Progressivität“15, „Nüchternheit, Männlichkeit, Vitalität“16 assoziiert wird: Bo- xen erscheint in den Schriften des Autors keineswegs als metaphorische Chiffre, eher als formelhafte Handlungsanleitung, als Ansatzpunkt, von dem aus der Autor „gegen bestimmte ästhetische Positionen und Verfahren“17 anschreibt. Sicks nimmt Brechts Affinität zum Faustkampf historisch in den Blick. Der Schriftsteller, so Sicks, knüpfe in seiner Selbststilisierung als einsiedlerischer Poet und Dramatiker an jenen ästhetischen Diskurs an, der im Geniekult des 18. Jahrhunderts wurzle und im Bild vom „boxenden Dichter“18 eine für die 1920er- Jahre „prägnante Aktualisierung“19 gefunden habe. Jan Knopf dagegen führt Brechts Boxsportbegeisterung biografisch auf dessen Sportlerbekanntschaften zurück20, und für Roland Jost ist die Sportaffinität des Künstlers eine Folge von dessen „Marxismus-Aneignung“21, die in der „Desillusionierung und Negierung des bürgerlichen Individuums ihren Ausgangspunkt“22 habe. Die angeführten Sichtweisen implizieren eine Form der Eindeutigkeit, die sich bei unvoreingenommener Lektüre jedoch nur schwer nachvollziehen lässt; Deutlichkeitspostulate lassen sich nur mit Einschränkungen auf Brechts Box- sportschriften mit ihren weitläufigen diskursiven Verschaltungen anwenden, die – dies vor allem – neue Perspektiven auf den Sport entwickeln. Wie leicht es dem Autor indes fällt, im Schreiben über Boxen grundverschiedene Bildfelder zu verschränken – die Logik des Extrems etwa mit Tendenzen des Ironischen –, zeigen einleitend und beispielhaft die um 1922 entstandenen Gesänge vom V R. Als probates Mittel zu Entspannung und Gefasstheit empfiehlt Brecht darin dem Zigarrenraucher das „Venenbad des Boxkampfes“23. Boxen soll in der chronischen Extremsituation von Wirtschaftskrise und individueller Notlage 14 Extra 2006, S. 194 15 Sicks 2004, S. 390 16 Ebd., S. 391 17 Ebd. (Hervorh. im Orig.) 18 Sicks 2004, S. 391 19 Ebd. 20 Vgl. Knopf 1996b, S. 497 21 Jost 1979, S. 64 22 Ebd. 23 Brecht 1993g, S. 268 239 „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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