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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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tenrecken mit den Muskelpaketen werden angestaunt wie „andere interessante Kuriositäten auch“352. Die Reduktion des Menschen auf Körpertechnisierung und Kraftökonomie, räumt Musil in Als Papa Tennis lernte ein, resultiere aus entfremdetem, von außen programmiertem Körperverhalten: Ich war fast ganz und gar ungeistig, nur um am nächsten Tag geistig frisch zu sein. Es kam mir beim Ringen wenig Seelisches in den Sinn, und wenn ich mich wie ein Tier betrug, so war mir eben gerade das erwünscht. Ich bin heute noch der Meinung, daß Geistesabwesenheit außerordentlich gesund ist, wenn man Geist besitzt, unter anderen Voraussetzungen jedoch auf die Dauer recht gefährlich!353 Musil entlarvt das „Verlangen nach athletischer Vorbereitung des Körpers“354 als manipulativ: Es gebe, konzediert er, „nichts, wo sich der lächerliche Anspruch der Leibesübungen, eine Erneuerung des Menschen zu sein, so naiv, so protzig, so instinktsicher ausdrücken könnte wie in diesem Zusammenhang“355. An sei- ner skeptischen Haltung gegenüber der massenpsychotischen Begeisterung für den Sport hält Musil fest. Man könne, höhnt er in Als Papa Tennis lernte, die dem Sporterlebnis ähnlichen physischen und psychischen Zustände auch beim „Kartoffelgraben“356 erfahren. In der Erzählung Der Riese Agoag will sich ein Mann durch die Etablierung von Muskelmasse und sportlicher Durchschlag- kraft Selbstvergewisserung verschaffen. Zu Beginn des Textes wird der Sportler vorgestellt: Wenn der Held dieser kleinen Erzählung – und wahrhaftig, er war einer! – die Ärmel aufstreifte, kamen zwei Arme zum Vorschein, die so dünn waren wie der Ton einer Spieluhr. Und die Frauen lobten freundlich seine Intelligenz, aber sie „gingen“ mit anderen, von denen sie nicht so gleichmäßig freundlich sprachen.357 Die Abkehr des Athleten von der selbstauferlegten Leistungsdynamisierung er- folgt durch die Einbringung spezifischer Körperimagination in die Erzählung, die sich dem Zusammenhang von Maschinenkult und übertriebenem Techni- zismus verdanken: 352 Müller 2004, S. 130 353 Musil 1978h, S. 690f 354 Musil 1989a, S. 592 355 Musil 1978h, S. 688 356 Ebd., S. 690 357 Musil 1978a, S. 531 345 Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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