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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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dertunderste und beginnt damit eine neue Reihe: man wird in dieser Art beim Training von seinem Körper gleichsam an der Nase weitergeführt.392 Dem Kult um die Möglichkeiten systematischer Trainingsarbeit erteilt Musil in Der Riese Agoag und im Mann ohne Eigenschaften eine klare Absage; nicht nur Ulrichs übertriebener Trainingsfleiß – er betrachtet seine Studien als eine „Abhärtung und Art von Training“393 sowie „geistige Entbehrung“394 – reizt den Autor zu Kritik, Karikatur und Klarstellung. In Der Riese Agoag strebt der Held einen Identitätsgewinn durch verschärftes Training an, das aus Spazieren auf Zehenspitzen, waghalsigen Verrenkungsübungen und kraftökonomisch for- ciertem Kleiderwechsel besteht; der Abusus der Droge Training ist, wie bereits oben zitiert, offensichtlich.395 Musil geht aber noch einen Schritt weiter. Das Ausgeliefertsein an Tempo, Technik und – unerlässlich in einem als krisenhaft empfundenen Alltag – Taktik verzerrt der Autor zu einem grotesken Bild von durch Training dressierter Körperlichkeit: Das An- und Auskleiden beschäftigte seinen Geist als die Aufgabe, es auf die weitaus anstrengendste Weise zu tun. Und weil der menschliche Körper zu jedem Muskel einen Gegenmuskel hat, so daß der eine streckt, wenn der andere beugt, oder beugt, wenn jener streckt, gelang es ihm, sich bei jeder Bewegung die unsag- barsten Schwierigkeiten zu schaffen.396 Die Bemühungen des Kraftmenschen, mit unerbittlichem Training den Alltag zu meistern, werden von Musil durch ein Bild aus dem Bereich des Boxens, das Kombattante per se illustrierend, auf die Spitze getrieben: Man kann wohl behaupten, daß er an guten Tagen aus zwei völlig fremden Men- schen bestand, die einander unaufhörlich bekämpften.397 Nach Durchlaufen des Muskelstählungsparcours liegt der Sportsmann, der das „Talent eines Leibes“398 über den „Triumph der Moral und des Geistes“399 stellt, abendlich 392 Musil 1978h, S. 689 393 Musil 1989a, S. 46 394 Ebd. 395 Vgl. Musil 1978a, S. 531 396 Vgl. ebd. 397 Ebd. 398 Ebd. 399 Ebd. 351 Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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