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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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bewegung vor dem Hintergrund eines lebensreformistischen Gegenprogramms: dem Boxen. Mit der, wie Musil dies nennt, „Separation der Lebensreforme- rei“408 wahrt das Boxen eine unüberbrückbare habituelle Distanz. Boxen erweist sich auch hier als eine so ambivalente wie unzuverlässige Kulturtechnik. Der von Musil ironisch als „Tugut“409 apostrophierte Lindner versucht die Bewe- gungsabläufe des Körpers mit „schönen inneren Aufgaben“410 in einem Junktim zu verknüpfen; er verabscheut die „halsbrecherische Anbetung der Schneidig- keit“411, die er durch systematisierte Trainingspläne abzuwenden sucht: Er ersetzte sie bei diesen mit großer Umsicht durch ein staatsmännischeres Ver- halten im turnerischen Gebrauch seiner Gliedmaßen und verband Anspannung der Willenskraft mit rechtzeitiger Nachgiebigkeit, Schmerzüberwindung mit ver- ständiger Menschlichkeit, und wenn er als abschließende Mutübung etwa über einen umgelegten Stuhl sprang, so geschah es mit ebenso viel Zurückhaltung wie Selbstvertrauen. Eine solche Entfaltung des ganzen Reichtums an menschlichen Anlagen machte ihm seine Leibesübungen, seit er sie vor einigen Jahren aufge- nommen hatte, zu wahren Tugendübungen.412 Sein Morgen- und Tugendtraining sowie die „abschließende Mutübung“413 – das Überspringen eines umgelegten Sitzmöbels414– absolviert Lindner im über- reizten Modus einer körperlichen Strapaze, nämlich, wie dargestellt, „im turne- rischen Gebrauch seiner Gliedmaßen“415, durch „Anspannung der Willenskraft mit rechtzeitiger Nachgiebigkeit“416. Nicht-Training wird hier zum Training. Den „rituellen Ernst solcher Körperkultur“417, von Lindner als „Schönheits- und Gesundheitsdienst“418 in die Tat umgesetzt, lässt Musil im „Zeitalter der Kör- perkultur“419 methodisch ins Leere laufen; die lebensreformistischen Angebote, mit denen Naturheilbewegung, Spiritualismus, Eurhythmie und Nacktkör- 408 Musil 1978q, S. 1197 409 Musil 1989b, S. 1049 410 Ebd., S. 1050 411 Ebd. 412 Vgl. Musil 1989b, S. 1049 413 Ebd., S. 1050 414 Vgl. ebd. 415 Ebd. 416 Ebd. 417 Bernett 1960, S. 152 418 Musil 1989b, S. 1051 419 Musil 1989a, S. 380 353 Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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