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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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einem erweiterten Fragehorizont verpflichtet ist, gerade was Publikumswirk- samkeit, mentale und mediale Sportbegeisterung, Brutalität und Körper-See- le-Geist-Problematik des Boxens anbelangt: Der Modernist Musil hebt das boxliterarische Planspiel der diskursiven Einzelkomponenten gewissermaßen in den Rang des Dreidimensionalen. Musil wertet Sportdiskurs und Sportpraxis als Spannungszustände, denen er sich mit ambivalenter Faszination annimmt; von den modischen Implikationen des Boxens lässt er sich ebenso wenig täuschen wie er den Schriftenbergen über den Sport ein weiteres pastoses Bild vom Boxen hinzufügt. Jenes Sportpathos dagegen, mit dem Boxen belegt wird, erschließt Musil minutiös – die ideologischen Besetzungsversuche werden gebrochen, dis- kursive und praktische Formationen neu austariert: Performanz und Motorik; Physiologie und Psychotechnik; Medialität und Kulturkritik; Trainingslehre und Körpertechnisierung; Ästhetik und Ästhetizismus; Emotionspsychologie und Ausdrucksgebärde; Ratio und Sinnlichkeit. Boxen rückt zu einem glei- chermaßen theoretischen wie praktischen Vehikel auf. Die epochenspezifischen Diskurse, die als Kampf, Kraft und Konkurrenz in machtstrategischer Funk- tion in den Lebensalltag eingreifen, erweisen sich als wesentliche Bezugsgrö- ßen für Musils Sportreflexion, die stets auch kritische Auseinandersetzung mit Ausdrucksreservoir und Anziehungskraft der kulturellen Moderne bleibt. Mu- sil spannt einen weiten Bogen: Boxen untersucht er als eine körperkulturelle Versuchsanordnung, im Umfeld des Sports, auf den Feldern technokratischer Trainings- und Lebensplanung, ermittelt er Bereiche diskursiver Komplexität. Musil nähert sich dem Kampfsport dabei nicht als Arrangeur des Dokumenta- rischen, er platziert ihn gewissermaßen in der Trainingskammer des Denkens: Der analytische Anspruch des Autors eröffnet dem literarisierten Sport neue Artikulationsräume. Boxen formiert sich zu einem Reflexionsschwerpunkt auf den diskursiven Spannungsfeldern von Affirmation und Differenzierung, Indi- vidualisierung und Normierung, Körperlichkeit und leibseelischer Verschmol- zenheit. Boxen und seine zwingenden Schemata von Klimax und Knock-out, Sieger und Verlierer, Aufstieg und Abstieg gestaltet Musil, indem er als einer der ersten zeitgenössischen Autoren den menschlichen Körper in die Verfah- rensweisen der Psychotechnik einbindet, zum Erlebnisraum diskursiver Wirk- mechanismen um, in dem neue Körpervorstellungen und Wissensformationen Platz greifen. Die grundsätzliche Gegensätzlichkeit von Körper und Geist stellt Musil infrage – mit Hilfe der in der Figur des Boxers demonstrierten Kör- perdominanz, die nach Auffassung des Autors das Ideal der Superiorität des Körperlichen über das Geistige ins Wanken bringt. Die Status von Körper-Ent- fesselung und Nicht-Nachdenken, die unter anderem Musils Sportfaszination illustrieren und seine körperkulturellen Reflexionen grundieren, lassen sich mit Hilfe des Boxens exemplarisch veranschaulichen: Boxen bildet im Kern schwer 400 | Zusammenfassung
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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