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Burg wohnenden Bürger und Dieustleute ihre eigene Pfarre hatten, Von ihrer Größe
zeugt das noch heute erhaltene Schiff. Adelige Witwen und Jungfrauen stifteten bei
St. Jakob, und Königin Constantia, Tochter König Belas III., in der Weihenburg Asyle,
in welchen ihre Standesgenossen, zurückgezogen von der Welt, ihr Leben mit Außübungen
und frommen Werken beschließen konnten. Herzog Leopold VI. berief aus Uugaru die
durch ihren Feuereifer gegen die Ungläubigen berühmt gewordenen Prediger (Dominicaner).
Nach feiner Nückkehr von Palästina fchentte er nächst der Burg den minderen Brüdern
zur Pflege des Glaubens und der Wissenschaft ein Haus mit einer Kapelle. Als die
Deutfch-Ordensritter auf ihrem Zuge zur Bekehrung der heidnifchen Prenßen nach
Österreich kaineu, bereitete ihnen Herzog Leopold VI. eine gastliche Aufnahme, woranf
sie das Ordeushaus in der Singerstraße erbauten. Um dieselbe Zeit ließen sich hier auch
die Iohanniter nieder. Außerhalb der Mauern der Stadt entstanden die St. Paulskirchc
auf Babenberg'schcm Boden in Erdbcrg, die Nikolaikirche auf der Landstraße nach Ungarn,
nebenan zwischen Äckern nnd Rcbenhügeln das Kloster der Cistercienser-Nonnen zu
St. Niklas, die Fremdenherberge der Heiligengcist-Ritter jenseits des Wieuflufses nächst
dem Kärntnerthor, die Kirche zu St.Ulrich in Zeismannsbrnnu, das Kloster der Büßerinnen
zu Maria Magdalena nächst der Währingerstraße und das Kirchlein zu St. Johann im
oberen Werd. Sich stark fühlend in seiner Stellung als Reichsfürst wie als Landesherr,
wollte schou Leopold VI., daß sein Stammland Österreich llon der Passaucr Diöcese
losgelöst und Wien der Sitz einer neu gebildeten bischöflichen Diöcese werde.
Aber die Landherren und Bischöfe mit ihren Vasallen und Dicnstleuten, die Klöster
mit ihren Gotteshausteilten, die ritterbürtigeu Familien, die freien Grundeigenthümer
und Hausbesitzer reichten nicht aus, ein blühendes deutsches Gemeinwesen zu begründen.
Deßhalb kräftigten die Babenberger jenen Theil der Bevölkerung, welcher durch Ver-
mittlung des Handels und des Verkehrs und durch den Betrieb von Gewerben das
Hauptelement des jungen städtischen Lebens war. Sie bestimmten deutsche Kaufleute und
Handwerker, daß sie sich hier dauernd niederließen. Wien sollte, begünstigt durch sciue
Lage, ein mächtiges Mittelglied der Haudelsbewegung zwischen dem Osten und Westen
Europas werden. Aus diefem Grunde erhielten zuerst die Regensliurger Kaufleute
Rechte und Freiheiten zum Schutze ihres Handels und ihrer perföulichen Sicherheit und
flandrische Färber die Rechte von Wiener Bürgern, Bald darauf verlieh Herzog Leopold VI.
Wien selbst das Niederlagsrecht, wodurch alle Kaufleute, die seine Läudcr berührten,
gezwungen wurden, hier ihre Waare» niederzulegen und diese nur au Bürger zu verkaufen.
Zur Förderung des Haupterwcrbes der Bürger — des Weinbaues ^ verbot Herzog
Friedrich II. die Einfuhr ungarischer Weine uud gestattete den Klöstern nur iu beschräuktem
Maße den Ausschant ihrer Bauweine. Im Interesse der Förderung der einheimischen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Volume
- 1
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.13 x 22.72 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277